Duisburg-Rheinhausen. Helmut Richter, Leiter am Willy-Brandt-Berufskolleg, geht in den Ruhestand. Als erstes will er seinen dritten Roman endlich zu Ende schreiben.

Mit 65 Jahren und neun Monaten hat Helmut Richter sich seinen Ruhestand redlich verdient. Allerdings wird seine Zukunft wahrscheinlich alles andere als ruhig werden, denn der seit Freitag pensionierte Schulleiter des Willy-Brandt-Berufskollegs in Rheinhausen hat nicht vor, sich entspannt aufs Sofa zurückzuziehen. Oder zumindest nicht nur. Viele Jahre hat Richter Maschinenbau, Metalltechnik und Physik unterrichtet. Nun verabschiedet er sich von Schülern und Kollegen.

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„Ich habe neben Maschinenbau und Physik an der Uni Duisburg Essen auch klassische Konzertgitarre am Robert-Schumann-Institut in Düsseldorf studiert. Und auf diesen Bereich möchte ich mich nun konzentrieren und bestenfalls ganz bald vor Publikum spielen“, erzählt Richter und erläutert sofort weiter, dass Physik und Musik gar nicht so große Gegensätze sind, wie der Laie spontan vermutet. „Mich emotionalisiert eine schöne Maschinenzeichnung genauso wie ein tolles Musikstück.“ Fasziniert hat ihn also beides - und er hat auch beides konsequent zu Ende gebracht.

Er studierte Maschinenbau, Physik und in Düsseldorf klassische Konzertgitarre

Dabei sah der Karrierestart zuerst einmal alles andere als rosig aus: Helmut Richter machte 1971 seinen Realschulabschluss als „Klassenletzter“ mit der Mathenote mangelhaft. Damals war er der Einzige seines Jahrgangs, der im Blaumann eine Lehre als Schlosser gemacht hat. Um so beeindruckender, heute einen promovierten Sozialpädagogen, Fachbuchautor, Krimiautor sowie professionellen Musiker und Gitarrenlehrer mit mehr als 30 CD Veröffentlichungen in den Ruhestand zu versetzen. „Schuld“ an diesem beeindruckenden Wandel waren der ehemalige Berufsschullehrer und der Ausbilder, die ihm beide Mut gemacht und wohl auch ein wenig Trotz geweckt haben, allen zu beweisen, dass man trotz anfänglich mieser Noten dennoch Erfolg haben kann, wenn man denn will. Und Richter wollte.

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Erst in der Ausbildung, die er im Übrigen nach nur eineinhalb Jahren mit Bestnoten abschloss, hat er sich autodidaktisch Gitarrespielen beigebracht. Und das offensichtlich so gründlich, dass ihm auf einmal auch der Weg in die Welt der Musik offenstand. Das klingt tatsächlich wenig nach Ruhe und Müßiggang: „Ich freue mich natürlich auf die Zeit und habe mir zuallererst vorgenommen, meinen dritten Roman zu beenden. Das kam etwas zu kurz.“

Auch in seinem dritten Buch gibt es jede Menge tote Lehrer und Schulleiter

Bei BoD (Books on Demand) finden sich die Werke von Richter, die besonders im Kollegenkreis heiß diskutiert werden. Im dritten Buch wird es jede Menge tote Lehrer und Schulleiter geben, verrät er den Plot, kann aber noch nicht genau sagen, wann es fertig sein wird. Schließlich war der Mann bis gestern noch vollbeschäftigter Rektor und Lehrer.

Auch diesen Job hat er weit über das geforderte Maß hinaus ausgefüllt. Zu Anfang seiner Amtszeit sollte das Berufskolleg mit heute mehr als 1.400 Schülern wegen Qualitätsmängeln geschlossen werden. „Der damalige Oberbürgermeister Sauerland war fest entschlossen, die Schule zu schließen. Da mussten wir schon gewaltige Kraftanstrengungen unternehmen, um das Ruder herumzureißen“, erinnert er sich. Doch auch hier hat es geklappt.

Teamgeist und Freiräume waren die neuen Schlagwörter

Richter erinnert sich heute, dass damals die Schlagwörter „Teamgeist fördern“ und „Freiräume geben“ im Kollegium zu einem massiven Umdenken geführt haben. So, dass das Willy-Brandt-Berufskolleg heute eine renommierte Schule geworden ist. Nicht sein Verdienst, sondern ein Kraftakt des gesamten Teams, wie er erklärt. Freude und Leidenschaft stecken dennoch ganz viel in seinem Broterwerb und, mal wieder, weit mehr als durchschnittliches Engagement. Es gibt wahrscheinlich nicht viele Lehrer, die mit ihren Schülern mehrwöchige Klassenfahrten nach New York oder Las Vegas machen.

„Wir haben uns acht große Wohnmobile gemietet und sind damit zwei Wochen lang durch die Sierra Nevada gefahren, haben abends am Lagerfeuer gesessen, das war schon toll. Bei den USA-Fahrten waren wir bei der UNO, in Washington, im Weißen Haus und im Pentagon“, erinnert er sich ein wenig wehmütig an seine Zerspanungstechnikerklassen, mit denen er diese Trips gemacht hat.

Die letzte geplante Fahrt musste die Schule leider pandemiebedingt wegen Corona absagen, was den Schulleiter mindestens genauso frustriert hat wie seine Schüler. Nun muss er eben privat reisen und hat dabei Unterstützung von seiner Ehefrau, mit der er glücklichst verheiratet ist und zwei Töchter hat. Seit einem halben Jahr gibt es dann auch noch ein bepelztes Familienmitglied, das ebenfalls dafür sorgen wird, dass Helmut Richter nach seiner Pensionierung nicht langweilig wird. Katze Lilou fordert Aufmerksamkeit - und das ist ganz im Sinne des Herrchens.