Duisburg-Rheinhausen. Flutweg und Jägerstraße sollen frei für Lkw bleiben. Ulrich Scharfenort von der BI Saubere Luft sieht da rechtliche Probleme. Ein Ortstermin.

Es ist eng, viel zu eng. Autos, Busse, Radfahrer - dahinter ein Schwertransporter mit Anhänger, der auf den Seitenstreifen ausweichen muss. Alle wollen voran, alle müssen vorbei, alle haben es eilig - das Tempo 30-Schild: für viele nicht mehr als ein Vorschlag. Im Grunde, könnte man denken, braucht man an dieser Stelle keine Messgeräte - das Auge reicht. Auch außerhalb des Berufsverkehrs kann man live und in Farbe erleben: Der Flutweg hat ein Verkehrsproblem. Wir stehen vor der Bushaltestelle an der Kreuzung Höschenstraße, ein normaler Donnerstagmittag, statistischen Erhebungen zufolge auch wegen Corona eher ruhig. Der Eindruck vor Ort ist ein anderer.

Laut Verkehrszählung reicht die Belastung nicht aus

Wie die parallel verlaufende Jägerstraße hat der Flutweg in Sachen Verkehrsberuhigung gerade eine Abfuhr kassiert. Die Verwaltung mag nicht für Lkw sperren. Das ergibt sich aus ihrer Stellungnahme zu einem Antrag der Bezirkspolitik. Es gebe, so heißt es, keine zwingenden rechtlichen Grundlagen. Insgesamt wurden auf dem Flutweg 9.200 (170 Lkw) Fahrzeuge pro Tag gezählt, 10.700 (250 Lkw) sind es auf der Jägerstraße. Der Lärmpegel, heißt es weiter, hielte sich im Großen und Ganzen im Rahmen. Zwar werde aus „stadtplanerischer Sicht“ eine Reduzierung des Lkw-Verkehrs zur Stärkung des Wohnstandortes empfohlen, umsetzbar sei dies aber nicht, ohne dass andere Bereiche über Gebühr belastet würden. Das Problem bleibt also bei denen, die hier in Bergheim leben.

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Am Flutweg haben auch die Schüler ein Problem. Das sagt Ulrich Scharfenort, Vorsitzender der BI Saubere Luft. Den Umweltaktivisten bringt die städtische Haltung auf die Barrikaden. „Sehr oberflächlich“ sei gearbeitet worden, schimpft er, „und es wurde nicht vernünftig argumentiert.“ Aspekte wie etwa die durch Lkw verursachten Erschütterungen und Feinstaub-Belastungen seien gar nicht erst berücksichtigt worden, auch der Radverkehr spiele keine Rolle. Sperrungen für Lkw seien politisch nicht gewollt, weil seitens der Stadt eine zu große Nähe zum Logport bestünde, davon ist Scharfenort überzeugt: „Oder man will unbedingt die neue Straße, die Osttangente, durchbringen.“

Schwertransporter gehören auf die Autobahn, nicht in Wohngebiete

Er sieht die Lösung woanders. Der Schwerlastverkehr müsse grundsätzlich raus aus den Wohngebieten und außen herum, sprich über die Autobahnen, argumentiert Scharfenort. Ein Maut-System hat er bereits vorgeschlagen. Und: Mit der L473n bestehe schon jetzt eine ausreichende Verbindung zum Logport. „Die Straße ist dafür extra gebaut worden. Es gibt keinen Grund, durch Bergheim zu fahren.“

Ein Lkw auf der Jägerstraße in Duisburg-Bergheim. Hier kommen die dicken Laster Fußgängern und Radfahrern an einigen Stellen sehr nah.
Ein Lkw auf der Jägerstraße in Duisburg-Bergheim. Hier kommen die dicken Laster Fußgängern und Radfahrern an einigen Stellen sehr nah. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Scharfenort hat einige Tage vor Ort verbracht und wendet sich jetzt mit einem Bürgerantrag an die Verwaltung. Den Parteien hat er diesen auch zukommen lassen. Er fordert abermals eine Sperrung für Lkw - für Flutweg und Jägerstraße, aber auch für Lindenallee und Kreuzacker, da der LKW-Durchgangsverkehr schädliche Emissionen verursache und „eine erhebliche Verkehrsgefährdung“ bestehe. Mit Argumenten wie Verdrängung kann man ihm nicht kommen. Dann müsse man die betroffenen Straßen eben auch zumachen und Lkw-Verbotszonen schaffen; andere Städte bewältigten das Problem ja auch.

Der Mindestabstand zu Radfahrern wird nicht eingehalten

34 Seiten stark ist sein Antrag und listet Problem- und Gefahrenstellen detailliert auf. Beispiel Flutweg, Bushaltestelle Ecke Höschenstraße. Hier etwa haut die Sache mit den Lkw rechnerisch nicht hin. Von der gestrichelten Linie des Fahrradweges, eigentlich ein Schutzstreifen, bis zur Fußgängerinsel sind es knapp drei Meter. Ein beladener Lkw messe aber mit Außenspiegeln rund 3,05 - die Linie des Schutzstreifens darf er nicht überfahren. Das klappt nicht, vor allem, wenn man sichgesetzliche Mindestabstände vor Augen führe. Diese betragen 1,50 Meter zu Radfahrern. Heißt: zuviel Fahrzeug für zuwenig Straße.

Für Kinder gelten laut Rechtssprechung noch einmal strengere Regeln, führt Scharfenort aus. Umso wichtiger, da sich am Flutweg Schulen befinden, die viele junge Leute mit dem Rad anfahren.

Notfalls fahren die Lkw auch ein Stück über den Radweg

Die Situation auf der Jägerstraße ist oft beschrieben worden: die beengten Verkehrsverhältnisse. Der schmale Bürgersteig, der an einer Stelle grade mal 60 Zentimeter misst - Radwege, die im leeren Raum enden oder vor einer Kurve. Wie auf Stichwort fährt ein Lkw ein Stück über den Radweg. Sieht spektakulär aus. Für die Menschen, die hier leben, sind Szenen wie diese alltäglich.

Die Verwaltung muss sich zu einem Bürgerantrag äußern und Scharfenort ist gespannt. Seiner Ansicht nach ist das letzte Wort noch lange nicht gesprochen.