Duisburg. Dustin Hartmann, Medienscout an der Duisburger Heinrich-Heinrich-Gesamtschule, nahm an der landesweiten Medienscout-Convention teil.

Es sind eindringliche Worte, die da durch die Lautsprecher im Medienraum der Rheinhauser Heinrich-Heine-Gesamtschule (HHG) dringen. Um kurz nach elf Uhr bittet Schulleiter Günter Derksen um eine Schweigeminute für den kürzlich in Frankreich ermordeten Geschichtslehrer Samuel Paty. „Ich habe sowas in meiner Schullaufbahn noch nicht erlebt“, so Derksen in seiner unkonventionellen Ansprache, „in einem Gemeinschaftsprojekt mit französischen Schulen wollen wir solidarisch ein Zeichen für die Meinungsfreiheit im öffentlichen Raum setzen. Denn es kann nicht sein, dass auf Meinungen, die anderen nicht passen, mit Gewalt reagiert wird.“

„Wir wirken präventiv und intervenieren bei Fällen von Cybermobbing“

Seine Zuhörer hier im Raum schweigen für die Minute. Sie beschäftigen sich genau mit diesem Thema im öffentlichen Diskurs. Der 16-jährige Medienscout Dustin Hartmann, sein Betreuungslehrer Daniel Weidner und Susanne Böcker von Teach-First Deutschland widmen sich in ihrer Arbeit dem konfliktfreien Umgang mit digitalen Medien. „Wir wirken präventiv und intervenieren bei Fällen von Cybermobbing gegen Mitschüler über Whatsapp oder andere Plattformen“, erklärt Informatiklehrer Daniel Weidner.

Erst kürzlich waren die drei Teilnehmer bei einer vom nordrhein-westfälischen Ministerium für Schule und Bildung veranstalteten Talkrunde, der sogenannten „Medienscout-Convention.“ Sie wurden online zugeschaltet, während etwa 300 andere Medienscouts aus ganz NRW diesen Stream verfolgten und später die Möglichkeit zu weiteren Fragen im Internet-Chat hatten. „Unsere Medienscouts waren ausgewählt, drei Fragen zu stellen“, erzählt Lehrer Daniel Weidner.

„Die Antworten waren uns zu unkonkret“

Ursprünglich sollte die NRW-Ministerin für Schule und Bildung, Yvonne Gebauer, antworten, jedoch wurde sie vertreten von Monika Pieper vom NRW-Schulministerium. Die Fragen, die Dustin Hartmann und die danach leider erkrankte Andrea Althoff stellten, bezogen sich auf die Digitalisierung generell: Inwieweit Schüler aus sozial schwächeren Elternhäusern bei der Anschaffung von Endgeräten unterstützt werden können oder wie man gerade ältere Lehrer zu häufigerem Gebrauch von Computern im Unterricht bewegen könne, wollten sie wissen.

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Etwa 15 Minuten Zeit nahm sich Monika Pieper für die Antworten. Dustin Hartmann fasst jedoch etwas enttäuscht seine Eindrücke zusammen: „Die Antworten waren uns etwas zu unkonkret, man merkte, dass die Politikerin mehr um den heißen Brei herumgeredet hat.“ Und dennoch war der Rheinhauser Elftklässler stolz am Ende: „Ich habe einmal mit einer richtigen Mitarbeiterin aus einem Ministerium sprechen dürfen“, so der HHG-Schüler. Er wird sich zusammen mit Andrea Althoff künftig wieder den Aufgaben als Medienscout widmen und eine Anlaufstelle für Schüler sein, die im Internet beleidigt wurden.

„Viele Gemobbte trauen sich nicht, ihre Probleme mit anderen zu besprechen“

„Viele Gemobbte trauen sich ja nicht, ihre Probleme mit anderen zu besprechen“, sagt Dustin Hartmann. Zusammen mit dem Informatikteam, bestehend aus Lehrer Daniel Weidner und Susanne Böcker, werden dann Strategien entwickelt, dem Erlebten zu begegnen. „Ich bin vier Mal angesprochen worden von gemobbten Schülern im letzten Halbjahr“, berichtet Dustin Hartmann. Tatsächlich aber seien mehr Fälle von Cybermobbing aufgetreten, ergänzt Daniel Weidner.

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„Strafrechtlich verfolgt wurden aber keine bisher“, sagt der Experte. Erst versuche man das Problem so aus der Welt zu schaffen, indem man die Opfer und Täter einbestellt und die Betroffenen es selbst klären lässt. „Es kann sein, dass der Täter einen Bericht über sein Fehlverhalten schreiben muss“, sagt der Informatiklehrer. In anderen Fällen soll die Klasse eine Präsentation mit anschließender Diskussionsrunde erarbeiten. Das geht los vom selbst gemachten Video zum Thema über Begriffsklärungen, was Mobbing eigentlich bedeutet, bis zur gemeinsamen Lösungsstrategie.

„Die Täter sollen in der Gruppe ihre Fehler aufarbeiten“

„Die Täter werden dabei nicht genannt, sondern sollen in der Gruppe ihre Fehler aufarbeiten“, erklärt Weidner das pädagogische Konzept dahinter. Wie überhaupt kommt es aber zu Cybermobbing, obwohl an der Schule Handyverbot für die Schüler herrscht? „Es ist oft so, dass manch einer in der Freizeit ein bloßstellendes Video auf Plattformen online schaltet oder Fake-News verbreitet.“

Dabei betreibt die Heinrich-Heine-Gesamtschule schon früh Mobbing-Prophylaxe, vorrangig in der Schwerpunktklasse Informatik für Schüler der fünften und sechsten Klasse. An drei Stunden in der Woche werden sie dabei über Begriffe wie Fake-News und Cyber-Mobbing in Internet-Foren oder über ihre Rechte am eigenen Bild aufgeklärt. Der Medienscout als vermittelnde Instanz ist an Rheinhauser Schulen einmalig.