Duisburg-Homberg. Silke Richter wurde Rektorin der Erich-Kästner-Gesamtschule in Homberg. Dann kam Corona. Ein Gespräch über Herausforderungen und Zuversicht.
Silke Richter wurde im Dezember 2019 offiziell neue Schulleiterin der Erich-Kästner-Gesamtschule. Nur rund vier Monate später musste sie eine der größten Krisen bewältigen, die die Schulen im ganzen Land seit dem Krieg erlebt haben dürften. Das Corona-Virus hat auch die Homberger Lehranstalt mit Standorten an der Feld- und Ehrenstraße kräftig durchgeschüttelt. Allerdings habe man schnell auf die bereits vorhandenen IT- und Homeschooling-Möglichkeiten zurückgreifen und diese ausbauen können. „Innerhalb eines Wochenendes waren alle Lehrer bhttps://www.nrz.de/region/niederrhein/so-wirkt-sich-homeschooling-auf-die-zeugnisnote-aus-id229333266.htmlei Iserv, dem Server für das Internet-Schulportal, angemeldet“, freut sich Richter. Kurz danach folgten fast alle Schüler.
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Es gibt für solche Fragen ein eigenes IT-Team, bestehend aus vier computer-affinen Pädagogen. In der Krise war Richter vor allem die Kommunikation mit allen Beteiligten der Schule, also Schülern, Lehrer und Eltern, wichtig. „Wir wollen mit der Schülerschaft ins Gespräch kommen.“
Ein transparenter Mund-Nasen-Schutz für die Schüler
So stand etwa die Frage im Raum, welcher Mund-Nasen-Schutz an der Schule getragen wird. Es ist ein transparenter geworden, damit trotz Bedeckung das ganze Gesicht zu sehen ist. Da das Tragen dieser Masken allerdings inzwischen nicht mehr zwingend im Unterricht vorgeschrieben ist, passiert es am EKG auf freiwilliger Basis.
„Die meisten tragen die Masken aber auch. Das Thema Corona ist bei uns gut geregelt“, sagt die Schülersprecherin Rüya Özcagi. Auch sie lobt, dass die Meinungen der Schüler von den Lehrern gehört und dann auch umgesetzt werden. „Das schafft ein angenehmes Lernklima“, sagt auch Ann-Christin Schupritt, Lehrerin und Sprecherin der Schulentwicklungsgruppe.
Baupfusch am Gebäude
Am Standort Ehrenstraße hat Silke Richter, die bereits seit dem Jahr 2000 an der Schule als Lehrerin tätig ist und zuletzt didaktische Leiterin war, aber noch mit anderen Herausforderungen zu tun. Eine der drängendsten Fragen ist die des Schulgebäudes. In dem Gebäude sind durch Baupfusch schon früh Risse entstanden. Inzwischen ist klar, dass der Bau auf Dauer nicht zu retten ist. Ein Neubau muss in absehbarer Zeit her.
„Das wichtigste ist mir, dass alle hier in der Schule sicher sind. Inzwischen sind wir in Sachen Gebäude wohl auch die bestbehütete und bewache Schule“, sagt Richter. Denn neben regelmäßigen Besuchen durch die Statiker des städtischen IMD sind überall in der Schule Überwachungsmonitore eingebaut, die einem Ingenieur-Büro ermöglichen, die Rissbildungen zu begutachten. „Das war natürlich für uns als Eltern auch sehr beunruhigend. Aber Gott sei dank sind wir nun auf einem guten Weg“, sagt die Schulpflegschaftsvorsitzende Jessica Kieler-Frommeyer.
Auch im Namen der Eltern sagt sie, dass sie sich als Teil der Schule fühlen und nicht als ungewollter Part. Gemeinsam hoffen alle Beteiligten auf ein neues funktionales Schulgebäude. Dann könnte auch dem gestiegenen Platzbedarf Rechnung getragen werden. Schon jetzt fehlen so genannte Differenzierungsräume, um den unterschiedlichen Lernbedürfnissen, die Kinder an einer Gesamtschule haben, Rechnung zu tragen. Ein möglicher Standort, wie die Stadt bestätigt, ist die Baumstraße.
Die Schülervertretung und ihr Projekt „Schule ohne Gewalt“
Vielleicht gibt es sogar eine Zusammenlegung der beiden Standorte an der Feldstraße, an welcher die Jahrgangsstufen 5 bis 7 untergebracht sind, und der Ehrenstraße, an welcher die restlichen Jahrgangsstufen bis zur 13 sind. Insgesamt hat das EKG rund 1000 Schüler. Was aber wo genau hinkommt, ist noch nicht sicher. Neben Corona und maroden Schulgebäuden müssen Silke Richter und ihr Kollegium natürlich noch den ganz normalen Schulalltag stemmen.
Die 49-Jährige freut sich besonders darüber, dass sie dafür auf ein „multiprofessionelles Team“ zurückgreifen kann. Denn dazu gehören nicht nur Lehrer, sondern auch Schulsozialarbeiter und Sonderpädagogen. „Die Schulsozialarbeiter sind absolut wichtig. Denn bei ihnen geht es einfach darum ‚wie geht es dir‘ – ganz ohne, dass es um Noten und Leistung geht.“ Die Schüler würden das intensiv annehmen. Der so genannte „Time-Out“-Raum werde mit der Verstärkung der Schulsozialarbeit immer seltener gebraucht. Dazu trägt auch das Projekt der Schülervertretung „Schule ohne Gewalt“ bei. „Schule ist wie unser zweites Zuhause, hier soll ich mich auch wohlfühlen und Unruhestiftern soll direkt gezeigt werden, dass sie das so nicht machen können“, sagt Schülersprecherin Özcagi. Solche Projekte freuen auch Silke Richter, der das Motto des EKG besonders wichtig ist: „Teamschule – Hand in Hand.“
>>> PROBLEME MIT GEWALT: 2019 WAR EIN SCHWIERIGES JAHR AN DER HOMBERGER ERICH-KÄSTNER-GESAMTSCHULE
Dass die Schülervertretung der Erich-Kästner-Schule das Projekt „Schule ohne Gewalt“ (siehe oben) eingeführt hat, hat eine Vorgeschichte. Im vergangenen Jahr hatte die Schule mit Gewalt-Problemen zu kämpfen. Das hatte unter anderem der damalige Schulleiter Günter Terjung im Gespräch mit unserer Zeitung berichtet, nachdem die Schule im Juni 2019 nachts von Unbekannten so schwer verwüstet worden war, dass der Unterricht ausfallen musste.
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„So etwas habe ich in 25 Jahren an dieser Schule noch nicht erlebt“, hatte Terjung damals gesagt und gemutmaßt, „dass die Täter aus der Schülerschaft stammen könnten.“ Hassparolen, Drohungen gegen Lehrer und Nazisymbole hatten die Unbekannten an die Wände in Klassenräumen geschmiert. Ein Polizeisprecher hatte den Vorfall damals so eingeordnet: „Wir reden hier nicht von einem Kavaliersdelikt, der Fall wird vom Staatsschutz bearbeitet.“ Terjung ist inzwischen im Ruhestand und wurde von Silke Richter beerbt.
Drei Monate nach der Verwüstung ermittelte die Polizei 2019 erneut im Umfeld der Erich-Kästner-Schule. Vor dem Schulgebäude hatte es in der Mittagspause eine Massenschlägerei gegeben, an der Schüler der achten und neunten Klasse beteiligt gewesen sein sollen. Die Bezirksregierung hatte damals bestätigt, dass es im Anschluss an die Sommerferien 2019 zu einer Häufung von Vorfällen und Auseinandersetzungen gekommen sei. Der Haupttäter der Schlägerei wurde damals von der Schule entlassen. Die Schule, so die Bezirksregierung damals, werde die Vorfälle mit Hilfe von Sozialarbeitern aufarbeiten.
Das ist jetzt offenbar geschehen. Probleme mit Gewalt gebe es an der Schule zum Glück nicht mehr, bestätigt die Schülersprecherin Rüya Özcagi. Denn die Schüler würden auch gegenseitig noch mehr auf sich achten.
Der Vandalismus-Fall scheint kurz vor der Aufklärung zu stehen. Laut Staatsanwaltschaft wurde bereits Anklage erhoben. Details sind noch keine bekannt.