Duisburg-West. . Chefs der DLRG-Ortsvereine Rheinhausen und Homberg sowie die Vorsitzendedes Vereins „Aqua und mehr“ reden Klartext: Das Niveau in dieser Stadt muss wenigstens gehalten werden.
Jeder Fall ist tragisch,ist immer einer zu viel. Und die Zahlen sind erschreckend hoch: 2014 ertranken in Deutschland 392 Menschen, meistens Männer jeden Alters, seltener Frauen, fast immer an ungesicherten Stellen: 150 davon in Flüssen, 137 in Baggerseen, 20 in Kanälen, 34 in den Wellen von Nord- und Ostsee - und 14 in Schwimmbädern. Die meisten Opfer verloren in den Bademonaten Juni, Juli und August ihr Leben. Die Zahlen ermittelt die gemeinnützige Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) Jahr für Jahr.
Zwar konnten die rund 50.000 ehrenamtlichen Kräfte des DLRG 2014 bundesweit ein Vielfaches an Menschenleben retten. Doch das Problem bleibt: Es gibt in Deutschland noch immer zu viele Nichtschwimmer, sagen die Verbände. Auch in Duisburg, auch im Westen.
Meist 60 Kinder auf der Warteliste
Genaue Zahlen, wie viele Menschen in Duisburg nicht schwimmen können, liegen nicht vor, räumten Martin Flasbarth und Werner Wienholdt, Vorsitzende der Ortsgruppen Rheinhausen und Homberg ein. Aber es sind definitiv zu viele, betonten die Experten beim gemeinsamen Reaktionsgespräch, an der auch Elke Burmeister, Vorsitzende des 2014 gegründeten Schwimmvereins „Aqua und mehr“ aus Homberg teilnahm.
Da drängte sich die Frage auf, woran es liegt, ob es genug Schwimmunterricht im Westen gibt, ob das Angebot wirklich flächendeckend und ausreichend ist. Flasbarth, Wienholdt und Burmeister, deren drei Verbände und Vereine insgesamt rund 800 Mitglieder aus Rheinhausen, Baerl, Homberg und Rumeln-Kaldenhausen haben, antworten unisono, klar und uneingeschränkt: „Nein!“ und schütteln die Köpfe. „Es gibt nicht genug Schwimmunterricht. Es wird zu wenig angeboten. Das sieht man ja an unseren Wartelisten“, so Werner Wienholdt. „Meist haben wir für unsere Kurse 60 Kinder auf der Warteliste. Das kann dauern. Viele Kinder warten ein Jahr.“
Viele Standorte wurden geschlossen
Das Thema ist komplex und vielfältig. So gibt es 2015 im Westen weniger Schwimm-Standorte als zum Beispiel 1985. Flasbarth: „Wir haben in vielen Stadtteilen wie Rumeln-Kaldenhausen, Bergheim, Schwarzenberg, Hochemmerich weiße Flecken, weil dort die Wasserflächen nicht oder nicht mehr sind. So fahren alle zum Toepper.“
Im Frühjahr 2010 gingen nacheinander die Hallenbäder in Hochemmerich und Rumeln „vom Netz“, schon Jahre zuvor wurde das in der Bevölkerung beliebte Freibad am Toeppersee dicht gemacht. Und jetzt im August folgte das Leerschwimmbecken in Homberg. Dafür kam noch 2010 das Hallenbad am Toepper, für viele noch heute kein vollwertiger Ersatz. Das Ergebnis, so Elke Burmeister: „Es gibt heute zu wenig Schwimmbäder, im Westen,wie in ganz Duisburg. Flasbarth: „Den Bürgern wurde jahrzehntelang nicht ehrlich gesagt, dass umbauter Wasserraum die teuerste Art aller Sportstätten ist.“ Einerseits sei die Instandhaltung teuer, anderseits „kommt nicht soviel Geld herein wie im Fußballstadion.“ Theoretisch bestehe die Möglichkeit, allen Kindern in Homberg Schwimmunterricht zu geben, „wenn es die Eltern denn wollen. Es gibt dort ja verschiedene Vereine mit solchen Angeboten. Angebot und Nachfrage sind auf jeden Fall da.“
Und in Rheinhausen? Der DLRG bietet fünf Anfängerschwimmkurse in der Marktschule in Friemersheim, dazu einen Erwachsenen-Schwimmkurs im Toeppersee-Bad. Außerdem bieten DuisburgSport und der Rumelner Turnverein (RTV) je einen Anfänger-Schwimmkurs. Die Auslastung ist immer gut, so Flasbarth. Ob aber alle Kinder in Rheinhausen Schwimmen lernen können, mag ich bezweifeln. Viele Anfänger lernen nicht immer richtig schwimmen.“ Kritischer sieht Elke Burmeister die Lage: „Vor zehn Jahren konnten laut DLRG 33 Prozent nach der Grundschulzeit nicht schwimmen, heute sind es rund 50 Prozent der Zehnjährigen.“ Von der Qualität und der Stundenzahl können Vereine den besten Schwimmunterricht geben. Da sind sich alle einig: Denn Eltern hätten wegen ihrer Berufe, die Kinder wegen der Ganztagsschulen heutzutage kaum noch Zeit für genügend Schwimmstunden. Und in der Grundschule gebe es nur ein Schulhalbjahr lang Schwimmunterricht, in Klasse drei oder vier „Die Schulen können es nicht in der Qualität leisten“, meinen Martin Flasbarth und Elke Burmeister übereinstimmend. Flasbarth spricht Klartext: „Es geht darum, den jetzigen Standard wenigstens zu halten. Dafür muss die Politik sorgen. Sie muss genügend Raum für Schwimmunterricht schaffen! Das ist ihre oberste Pflicht.“