Duisburg-Baerl. . Eva Weber bringt Flüchtlingskindern im Asylbewerberheim Voßbuschstraße in Baerl deutsche Wörter und Sätze bei, spielerisch, musikalisch, malerisch, erfolgreich. Frauen leisten ehrenamtlich Hausaufgabenhilfe.
Aller Anfang ist leicht. „Schön, dass Ihr da seid, dibsi, dabsi, dub!“ Das Lied ist richtig eingängig, kindgerecht. Die fünf Mädchen und Jungen singen, klatschen im Rhythmus des Liedes erst in ihre kleinen Hände, dann auf ihre Knie. „Ich ruf` den Alexander!“ singt Frau Weber nun. Der Roma-Junge aus Serbien antwortet langsam: „Ich...bin.. schon... da!“ Dann ist wieder Frau Weber an der Reihe: „Ich rufe die Tamara!“ Das Roma-Mädchen aus Serbien erwidert rasch: „Ich bin schon da!“ Besonders blitzschnell reagiert ihre kleine Nachbarin mit den Zöpfen: „Ich bin schon da!“ gibt Makkha, das kleine, aufgeweckte Mädchen zurück. „Wir sind alle da, dibsi, dabsi, dub!“Die Kinder lächeln, Frau Weber auch. Sie ist sehr zufrieden, die Kinder auch.
30 Minuten Ablenkung vom Alltag
Denn für die allererste Stunde war das schon sehr gut. Zumal Eva Weber weiß: „Die Kinder konnten bis heute kaum ein deutsches Wort“ Jetzt sind es schon elf, nach fünf Minuten. Alle Schüler sind erst vor kurzem nach Deutschland gekommen. Doch jetzt ist der Anfang gemacht. So geht es weiter, in kleinen Schritten...: „Alexander ist ein...?“ - ,,...Junge!“ Tamara ist ein ..?“ „...Mädchen!“ Das Treffen wirkt wie ein Spielkreis im Kindergarten. Keine Frage, die Kinder haben ihren Spaß. Auch wenn nur eine grelle Neonröhre dieses kleine, enge Zimmer an diesem Abend beleuchtet, wenn hier nur ein paar alte Tische und Stühle stehen - und die abgenutzten Wände einen großen Eimer Farbe vertragen könnten. Aber die Kinder kennen es gar nicht anders hier, im Asylbewerberheim an der Voßbuschstraße im Süden Baerls. Der Alltag hier ist oft recht grau und eintönig. Kein Wunder, dass sich die Jungen und Mädchen seit Tagen auf die Sprachförderung mit Frau Weber gefreut haben: „All diese Kinder lernen freiwillig, sind dankbar, bescheiden, noch nicht so verwöhnt. Das ist eine Abwechslung, sonst haben sie hier ganz viel Langweile.“ So wirken alle Kinder lieb, ruhig und konzentriert, auch etwas müde, sie haben einen langen Tag hinter sich. Und dennoch: Alle machen eifrig mit.
Jetzt soll jedes Kind sagen, wo es herkommt. Und Frau Weber gibt wieder vor: „Der Rohan kommt aus ...?“-“... Afghanistan“, vervollständigt der Junge mit den kurzen, schwarzen Haaren. „Die Sahar kommt aus ...?“ - „Afghanistan“, antwortet seine Schwester. Die Mutter der Geschwister aus Kabul kommt dazu, setzt sich neben Sahar. Anfangs wirkt die Frau mit dem schwarzen Kopftuch noch etwas verunsichert, was und wie ihre Kinder hier lernen. Doch bald lächelt auch die Mutter, denn sie merkt, dass Sahar und Rohan hier in guten Händen sind. Denn Eva Weber gibt sich sichtlich Mühe, spricht laut und deutlich, holt die Flüchtlingskinder da ab, wo sie stehen, auf spielerisch-musikalische Art und Weise. Sie bezeichnet ihre Pädagogik als „handlungsorientierten Unterricht“, anders gesagt als „learning by doing“. Lehrer kennen das Konzept: Es gehört an jeder Schule zur Routine. Eva Weber lässt sich auch nicht aus der Ruhe bringen, wenn schon die nächste Gruppe vor der Tür drängelt. Und für jedes Kind hat sie ein Lob, ein gutes Wort oder ein Lächeln, wenn es mal wieder etwas gut gemacht.
Sprachförderung seit 20 Jahren
Motivation ist wichtig, weiß die erfahrene Pädagogin. Seit zwanzig Jahren arbeitet die 59jährige Baerlerin schon mit Flüchtlingskindern, seit vier Jahren im Asylbewerberheim Voßbuschstraße. Im Auftrag des Duisburger Schulamtes gibt die Mutter von zwei Kindern mittwochs abends Sprachunterricht für Jungen und Mädchen aus Krisenländern, die hier eine neue Heimat suchen. Ursprünglich war Eva Weber medizinisch-technische Angestellte. aber: „Ich wollte gerne etwas mit Kindern machen.“ Da besuchte sie pädagogische Kurse.
Jetzt legt Eva Weber den Kindern Malsachen auf den Tisch: „Das ist eine Mappe mit Papier. Und das sind Buntstifte. Jetzt könnt ihr euch gegenseitig malen!“ Die Lehrerin nimmt sich ein Stück Kreide und zeichnet einen Kopf an die Tafel: „Das ist ein Kopf mit einem Mund, einer Nase, zwei Augen und zwei Ohren.“ Punkt, Punkt, Komma, Strich - fertig ist das Mondgesicht. Die Kinder haben verstanden, legen los, malen ihr Gegenüber. „Sollen wir auch die Zähne und Haare malen?“ fragt sie. - „Jaaa!!“Später kommen dann noch Hals, Bauch, Arme , Beine, Hände und Füße dazu. Und die Wörter dafür haben die Kleinen gleich nebenbei gelernt. Bunte, lustige Bilder entstehen da in wenigen Minuten.
Zum Schluss singen alle: „Wir sagen Euch auf Wiedersehen - und tschüss!“ Nach 30 Minuten geht die Tür auf, die fünf Kinder strömen hinaus, sechs weitere Kinder drängeln herein. Diese Jungen und Mädchen besuchen seit Monaten die Baerler Waldschule. Sie sind die Fortgeschrittenen.
Nach einer kurzer Pause heißt es wieder. „Einsatz für Frau Weber!“
Lagerraum für gespendete Kleidung und Spielsachen gesucht
Drei Lehrerinnen aus Baerl leisten dreimal in der Woche im Flüchtlingsheim nachmittags Hausaufgabenhilfe, für die bereits eingeschulten Jungen und Mädchen. Auch einen Spielenachmittag plant diese Gruppe. Die ehrenamtlich tätigen Frauen sind Mitglieder einer besonderen Arbeitsgruppe für die Asylbewerberunterkunft, die aus der Baerler Open-Space-Konferenz im evangelischen Gemeindehaus im März 2014 (wir berichteten) hervorging.
Die AG sucht nach einem Lagerraum für die vielen Textilien und Spielsachen, die Bürger für das Asylbewerberheim spendeten. Baerler, die so einen Raum zur Verfügung stellen können, werden gebeten , sich an Edeltraud Klabuhn, 02841/80204, zu wenden. Der Lagerraum sollte sich nahe des Flüchtlingsheims befinden. Heimleiterin Christine Smarzgl: „Bis dahin sollten Sachspenden bei der Caritas oder den Kirchengemeinden in Baerl abgegeben werden.“