Duisburg-Homberg. Das multikulturelle Seniorenzentrum „Haus am Sandberg“ profitiert von einem Förderprogramm für Digitalisierung. Wo das Geld investiert wird.

Hiltraud Zelmar konnte bei dem super Wetter eigentlich an einem attraktiven Ausflug teilnehmen. Aber sie hat sich dagegen entschieden. „Nein, dann mach’ ich lieber den Digitalunterricht weiter“, erklärt sie und strahlt. Genau wie Fritz Kremer ist sie absolut fasziniert vom Tablet, das sie ihr Leben lang nicht brauchte. Und ihr Leben ist wirklich lang. 103 Jahre alt ist die Seniorin, die im multikulturellen Seniorenzentrum „Haus am Sandberg“ lebt. Genau wie Fritz Kremer, der allerdings „erst“ 101 Jahre alt wird.

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Die Seniorin weiß, was sie will. Schließlich ist sie längst erwachsen. Geistig fit wie der berühmte Turnschuh hat sie sich der Digitalgruppe angeschlossen, ist völlig begeistert von der Technik, die ihr bis vor einigen Monaten fremd war. Aber genau die eröffnet ihr so viele Möglichkeiten, die sie faszinieren. Feuer und Flamme ist auch Fritz Kremer. Die beiden sitzen mit anderen Senioren an einem Tisch und haben absoluten Spaß beim Lernen.

Corona-Pandemie: Pflege- und Seniorenheime mussten besonders leiden

Gerade die Menschen in den Senioren- und Pflegeheimen haben in den vergangenen zwei Pandemiejahren ganz besonders gelitten. Einrichtungsleiter Ralf Krause weiß, wovon er spricht. Kein persönlicher Kontakt zu Kindern und Enkeln, das war eine wirklich harte Zeit. So eine Isolation in Zukunft zu vermeiden, auch dazu soll die Digitalisierung einen wichtigen Beitrag leisten. Die Kinder fast neben sich auf der Couch sitzen zu sehen, obwohl sie Kilometer weit weg wohnen, den Enkeln beim Spielen zuzugucken, beobachten, wenn der Hund wieder einmal Flausen im Kopf hat – das macht die Digitalisierung möglich.

Und sie kommt bei vielen, geistig gesunden Menschen gut an. „Es ist nicht die Regel, dass Bewohner dermaßen fit sind. Aber es gibt sie, die Betagten, die interessiert sind an Neuem“, sagt der Einrichtungsleiter. Er sprudelt ständig über vor neuen Ideen für seine Einrichtung, ist seit 25 Jahren bestens vernetzt im Stadtteil und kennt „Jan und Pit“. Diese baulich sehr attraktive Einrichtung hat der Endfünfziger selbst mit geplant. Hohe Räume, viel Glas und von allen Seiten einen Blick ins Grüne. „Ich glaube, das trägt zu einem längeren Leben bei“, sagt Ralf Krause überzeugt.

Seniorenzentrum in Duisburg: Regelmäßige Tablet-Schulungen

Andere brauchen das „Waldbaden“, um zu entspannen. „Das hab’ ich hier jeden Tag bei meiner Arbeit“, sagt er. Er braucht nur aus dem Fenster zu schauen, Grün und Bäume, wohin er sieht. Dieses kostbare Umfeld trage natürlich auch zur Lebensqualität der Bewohner bei, ist er überzeugt. Krause hat eine Kooperation für die Schulungen in Sachen Digitalisierung mit der VHS gemacht. „Denn wir sind schon lange in dem Bereich unterwegs“, erklärt der Leiter Volker Heckner. Seit einem halben Jahr gibt es einmal in der Woche eine circa zweieinhalbstündige Schulung für die Mitarbeiter und eine für die Bewohner, die Lust haben, mit dem Tablet umzugehen.

Das multikulturelle Seniorenzentrum „Haus am Sandberg“ in Duisburg.
Das multikulturelle Seniorenzentrum „Haus am Sandberg“ in Duisburg. © Funke Foto-Services | Rüdiger Bechhaus

Über das Förderprogramm „Zugänge erhalten – Digitalisierung stärken“ der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW ist der Leiter der Einrichtung an den größten Teil des benötigten Geldes gekommen. Denn der Vorschlag, ein interaktives Home-TV zu schaffen, hat die Fördergeber überzeugt. Die Mittel flossen in digitale Geräte und Anwendungen sowie in die Schulung der Betroffenen des Seniorenzentrums.

Duisburger Senioren sollen am Leben teilhaben können

Das Projekt soll den Bewohnern die Möglichkeit schaffen, nicht nur in Zeiten einer Pandemie besser am sozialen Leben teilzunehmen. Die Seniorinnen und Senioren können sich auch untereinander besser vernetzen, an Gottesdiensten oder Bingo-Abenden teilnehmen, Spiele oder Lernprogramme anklicken oder selbstgedrehte Dokumentationen anschauen. Mit ihren digitalen Geräten können sie das hauseigene TV-Programm empfangen, Einrichtungsleiter Ralf Krause und VHS-Direktor Volker Heckner talken für das Publikum im Haus. Und Bewohner wie Fritz Kremer und Hiltraud Zelmar sind vollkommen begeistert.

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Krause hat jede Menge Ideen, wie man das Programm weiter ausbauen kann. Denn durch seine hervorragende Vernetzung im Stadtteil möchte er zum Beispiel Nachbarn einbeziehen, die vielleicht mal über ihre Blumen im Garten viel zu erzählen haben. Man kann per Tablet an Krimi-Lesungen teilnehmen, bei Sommerfesten mir dabeisein, auch wenn man körperlich nicht mehr ganz so fit ist. „Da eröffnen sich riesige Möglichkeiten, wieder viel mehr als bisher am Leben teilzunehmen“, sagt der Einrichtungsleiter begeistert. Auch Ehrenamtliche werden mit einbezogen. Ein Gymnasiast bedient beispielsweise für kleine Bezahlung die Technik, weil er das kann und gerne macht. Bei der Digitalisierung steht jung und alt die Welt offen.

>>> DAS HAUS AM SANDBERG IN DUISBURG

  • Das „Haus am Sandberg“ vom DRK ist eine multikulturelle Einrichtung. 88 Menschen leben in der dort zurzeit, 15 Personen haben eine ausländische Identität. Die 120 Pflegekräfte kommen aus zwölf Nationen und Heimleiter Ralf Krause ist ganz besonders stolz darauf, dass „die Verweildauer hier 4,5 Jahre beträgt.“ Sie liegt in deutschen Senioreneinrichtungen normalerweise deutlich darunter.
  • Rechtlich begründet sich die Entwicklung zur Digitalisierung durch das Heimgesetz. Mehr digitale Helfer für Pflegebedürftige, mehr Telemedizin und eine gute digitalie Infrastruktur – das sind die Zeile des Gesetzes zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege.