Bei der Schrankendemonstration geraten Bürger und Lokführer aneinander
Am Samstagmittag, 11.45 Uhr, kam es zur Begegnung mitdemFeind. Rund 200 Bürger waren dem Aufruf der Bürgergruppe „Besser-lebenin- Wanheim“ gefolgt, um gegen die Verkehrssituation, die Schrankenproblematik und die Atommüll-Konditionierungsanlage zu demonstrieren. Als der Demonstrationszug auf seinem Weg durch Wanheim von der Ehinger- in die Atroper Straße einbiegt und damit die Bahntrasse überquert, passiert es: die Bahnschranken schließen sich über den Köpfen der Demonstranten und teilen die Menschenmenge in zwei Teile. Von den Schranken eingeschlossen, bleiben etliche Bürger auf dem Bahnübergang stehen. Sie nutzen die Gelegenheit, dem heran rollenden Zug den Weg zu versperren. Die Polizei muss den Güterzug stoppen, Demonstranten breiten ihre Banner und Plakate in Richtung des Zuges aus. „Es ist toll, dass endlich einmal der Zug auf uns warten muss, und nicht andersherum“, freut sich eine Demonstrantin. Der Lokführer steigt aus, er ist wütend und droht mit juristischen Konsequenzen. Doch auch einige der Demonstranten sind wütend. So etwas dürfe es nicht geben, schimpft ein aufgebrachter Mann. „Dass sich die Schranken einfach schließen, obwohl hier Leute entlanglaufen.“
Der Lokführer fährt unterdessen weiter auf den Bahnübergang zu. Die Polizei muss ihn erneut stoppen und den Übergang räumen. Langsam bewegen sich die Demonstranten weiter. Die Begegnung mit dem Güterzug kam den Demonstranten nicht ungelegen. Schließlich sind der Bahnverkehr und die damit verbundenen langen Wartezeiten vor den Schranken seit langem Reizthema Nummer eins in Wanheim. Bereits vor einem Jahr gingen die Bürger auf die Straße, um für mehr Lebensqualität in ihrem Stadtteil und weniger Einschränkungen durch den Eisenbahnverkehr zu demonstrieren. Geändert habe sich seit dem nichts, berichtet Henrike Meybohm, Sprecherin der Bürgergruppe enttäuscht. „Wanheim droht der Verkehrsinfarkt“, sagt sie. Über 500 Unterschriften wurden dem Oberbürgermeister nach der letzten Demonstration vorgelegt. DieWanheimer fühlten sich vergessen und mit
Zwischenlösungen abgespeist, so Meybohm. Die Forderungen der Bürgergruppe sind daher klar: „Wir wollen ein vernünftiges Verkehrskonzept fürWanheim. Dazu gehört ein barrierefreier Zugang ohne Schienen und Schranken.“ Die langen Wartezeiten von teilweise mehr als 15 Minuten seien nicht länger hinnehmbar. Wegen der Atommüll-Transporte, die künftig von der GNS-AnlagezumZwischenlager nach Ahaus fahren sollen, befürchten die Wanheimer neben steigenden Sicherheitsrisiken auch, dass die Schranken noch öfter geschlossen werden. Wanheim werde damit zunehmend von den anderen Stadtteilen abgetrennt.
„Das ist wie mit der DDR“, so Paul Moses vom Duisburger Umweltforum während der Kundgebung. Die Bürger fürchten nun um das Geschäftsleben im Stadtteil. „Die Bäckerei hat sich schon zurückgezogen“, sagt Meybohm. Auch Apotheker Hadi Rezai berichtet von sinkenden Kundenzahlen durch die immer längeren Schließzeiten der Bahnübergänge. „OftkommenWaren und dringende Medikamente nicht pünktlich an, weil der Lieferant vor der geschlossenen Schranke warten muss“, sagt er.
Im nächsten Jahr hofft Henrike Meybohm, endlich das Ende der Schrankenproblematik feiern zu können. „Sonst gibt es die dritte Schrankendemo.“