Duisburg. Eingeschränkte Beweglichkeit, nachlassendes Augenlicht und schlechtes Gehör: Wie ein Anzug Verständnis für pflegebedürftige Menschen weckt.

Sich körperlich zu fühlen wie ein pflegebedürftiger Mensch – das ist für Junge und Gesunde schwer vorstellbar. Ein Alterssimulationsanzug macht genau das möglich. In den Sana Kliniken in Duisburg wird er genutzt, um Verständnis für ältere und pflegebedürftige Menschen zu wecken. Besucher der Gesundheitsmesse im CityPalais konnten ihn am Wochenende ausprobieren.

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Der „Anzug“ besteht eigentlich aus verschiedenen Einzelteilen. Einmal angebracht, lassen sie den eigenen Körper 20 bis 30 Jahre älter wirken. „Manchmal muss man erst selbst älter werden, um andere zu verstehen. Genau das erreichen wir mit diesem Anzug“, erklärt Pflegetrainer Vitalij Volovyk den Zweck der Alterssimulation. „Wir zeigen damit unseren Schülern, wie sich die Personen fühlen, die wir pflegen. So können sie sich in deren Lage hineinversetzen und verstehen sie besser.“ Auch Angehörige lernen mit dem Anzug, wie sich die Pflegebedürftigen fühlen.

Insgesamt 35 Kilogramm zusätzliches Gewicht bringt Pflegetrainer Vitalij Volovyk mit einer Körperweste und Manschetten an Fuß- und Handgelenken am Körper des Testers an.
Insgesamt 35 Kilogramm zusätzliches Gewicht bringt Pflegetrainer Vitalij Volovyk mit einer Körperweste und Manschetten an Fuß- und Handgelenken am Körper des Testers an. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

35 Kilogramm zusätzliches Gewicht und Gelenkbandagen

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Es beginnt mit speziellen Schuhen über den eigenen. „Sie lassen einen den Kontakt mit dem Boden verlieren. Bei Diabetikern sind häufig die Nerven in den Füßen betroffen und sie verlieren das Gefühl darin“, erklärt Volovyk. Knapp darüber werden Gewichte an die Knöchel geschnallt: „Worüber klagen alte Menschen oft? Schwere Beine.“ Das Extra-Gewicht zieht die Beine nach unten. Die Beweglichkeit der Knie und Ellenbogen wird zusätzlich mit Bandagen eingeschränkt.

Eine Gewichtsweste wird mit Klettverschlüssen fest um den Körper gebunden. Die so erzeugte Enge simuliert, wie sich die Fähigkeit zu atmen im Alter reduziert. Die Hände stecken in Handschuhen, auch an die Handgelenke kommen Gewichte. Insgesamt 35 Kilogramm lasten nun am Körper. Eine Halskrause schränkt die Kopfbeweglichkeit ein, eine Brille lässt die Sicht leicht verschwimmen.

Warum alte Menschen oft leicht erhöht oder im Sitzen schlafen

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Unter Kopfhörern wird die Welt leiser. Um Volovyks Anweisungen folgen zu können, muss der Kopf gedreht, und die Konzentration hochgeschraubt werden. Beim Gehversuch fällt schon das Aufstehen schwer, ohne Bodenkontakt sind die Schritte unsicher. „Weil das Gewicht anders verteilt ist, laufen ältere Leute oft leicht nach vorne gebeugt“, erläutert Volovyk. „Viele Schüler sind nach zehn Minuten in voller Montur froh, wenn ich ihnen einen Rollator als Unterstützung gebe.“

Auch Liegen gehört zur Simulation. Mit der Fernbedienung fährt der Pflegetrainer das Bett in die Waagerechte. Das Gewicht lastet nun auf der Brust, schränkt die Atmung ein. „Viele alte Menschen schlafen deshalb leicht erhöht oder im Sitzen, das ist für sie einfach angenehmer.“

Unterwegs in einer leiseren Welt: Mit Kopfhörer und Brille wird den Testern des Altersanzugs das eingeschränkte Seh- und Hörvermögen von Senioren anschaulich simuliert.
Unterwegs in einer leiseren Welt: Mit Kopfhörer und Brille wird den Testern des Altersanzugs das eingeschränkte Seh- und Hörvermögen von Senioren anschaulich simuliert. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Anzug veranschaulicht Profis und Angehörigen Einschränkungen im Alter

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Mit dem Anzug zeigt Vitalij Volovyk auch, wie Pflegebedürftige am besten vom Bett in den Rollstuhl bewegt werden. Zunächst ohne Hilfsgerät, dann mit einem Gürtel, an dem sich die Person festhalten kann: Das ist sehr viel angenehmer und für die Pflegekraft rückenschonend. „Auch wir tun uns mit solchen Hilfsmitteln etwas Gutes.“

Der „Anzug“ mache Einschränkungen des Alters anschaulich, sagt der Trainer. „Das ist sehr wichtig, um sie zu verstehen und richtig zu reagieren.“ Auch Angehörige können von dem „Anzug“ profitieren: Im Umgang mit zu pflegenden Familienmitgliedern bekommen sie mehr Sicherheit.

>> SANA: PFLEGEKURSE AUCH FÜR ANGEHÖRIGE

  • Kurse mit dem „Anzug“ bieten die Sana Kliniken Duisburg nicht nur für ihre Patienten, sondern auch für pflegende Angehörige in Pflegekursen regelmäßig und kostenlos an.
  • Info und Termine auf der Internetseite des Klinikums am Kalkweg unter: sana.de/duisburg/gut-zu-wissen