Duisburg. Für die Sanierung der Wedauer Straße will die Stadt Duisburg 26 Bäume fällen. Protest ignorierte sie. Nun liegt der Fall beim Petitionsausschuss.

Noch stehen sie, die Bäume an der Wedauer Straße, doch ihre Fällung ist längst vom Duisburger Rat beschlossen: 26 Platanen und andere Bäume sollen weichen für die Sanierung der Straße. Die Stadt hält das für unumgänglich, die Wedauer wehren sich. Jetzt greifen zwei von ihnen zu einem letzten Mittel: Sie haben den Petitionsausschuss des Landtags NRW angerufen.

Duisburg beschließt Baumfällung trotz mehrerer tausend Unterschriften aus Wedau

Eine Unterschriftenliste, dem Rat vorgelegt, hat nichts genützt; eine Online-Petition blieb ebenfalls ohne Erfolg – trotz jeweils vierstelliger Unterschriftenzahlen. Jetzt versuchen es Myriam und Leonard Herzer beim Petitionsausschuss des Landes NRW. „Dort wird der Vorgang nun rechtlich geprüft und wir erwarten, dass eine Empfehlung zum weiteren Umgang mit der strittigen Thematik an die Verwaltungsspitze ausgesprochen wird“, schreiben sie in einem begleitenden Offenen Brief.

Flyer und Unterschriften tausender Duisburger änderten die Haltung von Oberbürgermeister Sören Link (SPD, rechts) nicht: Die Verwaltung argumentiert, die Wedauer Straße kann nur saniert werden, wenn die Bäume gefällt werden.
Flyer und Unterschriften tausender Duisburger änderten die Haltung von Oberbürgermeister Sören Link (SPD, rechts) nicht: Die Verwaltung argumentiert, die Wedauer Straße kann nur saniert werden, wenn die Bäume gefällt werden. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Die Fällung der Bäume, Ersatzpflanzungen zum Trotz, hätte „problematische und für Jahrzehnte endgültige Folgen“, kritisieren die Herzers. Denn: Die Bäume, die abgesägt werden sollen, sind zum Teil um die hundert Jahre alt, mit entsprechend großen Kronen. Deshalb ist den Baumrettern aus Wedau das Vorhaben der Verwaltung zu „mickrig“, wie es die Grünen-Politikerin Heide Apel aus der Bezirksvertretung Süd formuliert – 30 neue, junge Bäume, so das Argument, würden eine entsprechende Wirkung erst in Jahrzehnten entfalten.

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Duisburg hat eine Klimarelevanzprüfung beschlossen – aber sie wird nicht umgesetzt

Petenten und Grüne berufen sich in ihrer Petition auf dasselbe Schlüsselargument: Im November 2021 hat der Duisburger Rat eine sogenannte Klimarelevanzprüfung beschlossen. Und damit unter anderem, bei Verwaltungsvorlagen die Auswirkung im Hinblick auf das Klima in CO2-Äquivalenten zu bemessen. Das ist bei der Vorlage, anhand der die Sanierung der Wedauer Straße beschlossen wurde, allerdings nicht erfolgt. In ihrem Offenen Brief fragen Myriam und Leonard Herzer: „Wie kann es sein, dass sich die damit beauftragten Stellen der Stadtverwaltung nicht an den Beschluss des eigenen Stadtrats halten?“

Leonard Herzer (rechts) fordert stellvertretend für viele Wedauer: Die Bäume an der Wedauer Straße sollen stehen bleiben.
Leonard Herzer (rechts) fordert stellvertretend für viele Wedauer: Die Bäume an der Wedauer Straße sollen stehen bleiben. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Kein Einzelfall, kritisieren die Grünen. „De facto wird die Klimarelevanzprüfung in Duisburg kaum eingesetzt.“ Mit der Vorlage ohne diese Prüfung habe der Rat „eine alternative, baumerhaltende Planung abgelehnt, ohne die genauen Auswirkungen auf das Stadtklima zu kennen.“ Heide Apel sagt: Wäre eine Klimarelevanzprüfung erfolgt, „würden sich die Kolleg*innen aus der GroKo den Fakten nicht mehr verschließen können.“

Petitionsausschuss des Landtags NRW prüft Duisburgs Entscheidung zur Baumfällung

Viele Wedauer, die Herzers und die Grünen hoffen nun auf den NRW-Petitionsausschuss. Die Eingabe der Herzers dort bedeutet, dass der Ausschuss sich mit der Entscheidung des Duisburger Rats befassen wird. Auf diese Prüfung haben die Petenten einen Rechtsanspruch. Das gilt auch für die Überprüfung von Entscheidungen, die Städte getroffen haben.

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Allerdings: Eine aufschiebende Wirkung hat eine solche Petition nicht. Trotzdem hat „sich die Stadt Duisburg entschlossen, die Vorbereitung der Fällungen zunächst für zwei Wochen auszusetzen, damit es dem Ausschuss möglich ist, sich ein Bild von der Thematik zu machen“, sagt Stadtsprecher Jörn Esser.

Bis der Petitionsausschuss seine Entscheidung verkündet, werden die Bäume gefällt sein. „Grundsätzlich plant die Stadt Duisburg jedoch noch im Februar, und somit außerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Vogelschutzzeit, die Fällungen vorzunehmen.“ Die Sanierung soll im zweiten Halbjahr 2023 beginnen.

>> SANIERUNG WEDAUER STRASSE: SO ARGUMENTIERT DIE STADT DUISBURG

  • Die Stadt verweist darauf, dass die Sanierung der Wedauer Straße politisch beschlossen wurde, die Entscheidung sei somit „das Ergebnis eines umfangreichen demokratischen Entscheidungsprozesses“, sagt Sprecher Jörn Esser.
  • Stadtentwicklungsdezernent Martin Linne äußert sich so: „Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht, denn der Erhalt alten Baumbestandes hat für uns in Zeiten des Klimawandels eine große Bedeutung. Bei der Baumaßnahme an der Wedauer Straße lassen die konkreten Rahmenbedingungen einen Erhalt der Platanen zu unserem großen Bedauern jedoch nicht zu.“
  • Die anstehenden Bauarbeiten würden laut Jörn Esser zu „massiven Wurzelverlusten“ führen, die „die Bäume in ihrer Vitalität und Statik stark beeinträchtigen würde. Dies wäre insbesondere vor dem Hintergrund der Verkehrssicherungspflicht nicht vertretbar.“ Außerdem hätten viele Bäume aufgrund von Alter, Standort, Krankheit oder Sturmschäden „ohne den Straßenumbau in absehbarer Zeit entfernt werden müssen“.

>> DER PETITIONSAUSSCHUSS DES LANDTAGS: JEDER KANN IHN ANRUFEN

  • Den Petitionsausschuss des Landtags NRW kann jeder Bürger anrufen. Dieses Petitionsrecht ist im Grundgesetz festgeschrieben.
  • Zuständig ist der Petitionsausschuss NRW für alle Eingaben, die sich auf Entscheidungen von Behörden beziehen, die der Aufsicht des Landes NRW unterstehen. Dazu gehören neben Ministerien oder Bezirksregierungen auch Kreise, Städte und Gemeinden, aber auch Polizei oder Schulen.