Duisburg-Duissern. Der 23 Jahre alte Saxofonist Matt Carmichael spielte im Rahmen der Intermezzo-Konzerte in der Lutherkirche in Duissern. So war der Abend.
Aus Schottland kommen Whisky, landwirtschaftliche Produkte und auch Erdöl. Soweit das Klischee. Jazz kommt in dieser Vorstellung nicht vor. Und doch scheint es dort eine kreative und eigenständige Szene zu geben. Das Konzert des 23-jährigen Saxofonisten Matt Carmichael in der Duisserner Lutherkirche ließ aufhorchen. Mit seinem jungen Quintett eröffnete er die Herbstsaison der Intermezzo-Konzerte.
Schon nach ein paar Takten war klar: Da steht ein Musiker auf der Bühne, der eine klare Vorstellung von den Tönen und Klangfarben hat, die er aus seinem Tenorsaxofon herausholen will und der über all die Fähigkeiten verfügt, seine Ideen zu verwirklichen. Er bezieht sich auf unterschiedliche Formen des Jazz ebenso wie auf traditionelle schottische Musik. Einen großen Teil seiner Inspiration bezieht Carmichael aus der herben Schönheit der schottischen Natur. Das alles wächst zu einer unverkennbar eigenen Handschrift zusammen. Sein Können als Komponist und Solist ist auch der WDR Big Band aufgefallen. Sie hat seine Stücke für die Großformation arrangiert und mit ihm aufgeführt.
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Musik von Matt Carmichael kennt Reiz von Ecken und Kanten
In der Lutherkirche stellte er sich mit seinem Quintett aus Musikern vor, mit denen er schon sechs Jahre spielt. Den Bezug zur schottischen Musik unterstrich Fiddler Charlie Stewart nicht allein durch seine Soli, sondern auch mit manchmal bewusst rauen, kratzigen Sounds. Gleichermaßen geniale wie subtile Höhenflüge steuerte Pianist Fergus McCreadie bei und auch das Rhythmus-Gespann mit Ali Watson (Bass) und Tom Potter (Drums) sprühte vor Ideen. Da waren fünf Musiker am Werk, denen jugendliche Kraftmeierei fremd ist und die sich stattdessen auf den Gesamt-Sound der Band konzentrierten.
Matt Carmichaels Spiel strahlt eine Wärme und einen Sinn für Schönheit aus. Doch zugleich kennt seine Musik auch den Reiz von Ecken und Kanten oder den Charme des Spröden und Fragilen. Bei aller Verbundenheit mit Heimat und Tradition ist seine Musik immer auch global und zeitgenössisch.
Kraft und Energie auf der Bühne
In „Cononbridge“, einer federnden Hymne an seinen Heimatort, verband er mühelos schottische Einflüsse mit einem Spaziergang durch die Jazzgeschichte bis hin zu Hardbop- und Cool-Einflüssen. Wie in diesem Stück ist sein Grundton lyrisch und auf wunderbare Melodien orientiert, aber es gibt zugleich Kraft und Energie. Da konnte man minutenlang glauben, durch die Lutherkirche donnere ein Expresszug mit all seinen Rhythmen.
In der großartigen Zugabe „The Spey“, eine Auseinandersetzung mit Schottlands längstem Fluss, bündelten die fünf Musiker noch einmal alle ihre Stärken. Die Kraft eines eiskalten Sturzbaches, das quirlige Kreiseln und Strömen und zum Schluss eine leicht melancholische Auflösung kennzeichneten das Stück. Danach gab es nur noch stehende Ovationen.