Duisburg-Dellviertel. Der Duisburger Stahlhändler Ralf Müller betreibt die Galerie Gruenart 30 im Dellviertel. Für die erste Vernissage verzichtet er auf den Blaumann.

Der Bürgersteig vor dem Haus Grünstraße 30 steht pünktlich voller Leute, die auf die offizielle Eröffnung der frisch und eigenwillig renovierten Zweiraum-Galerie „Gruenart 30“ warten. Sie unterhalten sich angeregt. Früher hat in dem Ladenlokal im Dellviertel Eigentümer Erich Bidinger mit Unterhaltungselektronik gehandelt. Als Nachnutzer wünschte er sich ein eher ruhiges Unternehmen, keinen lautstarken Kiosk oder so etwas – schon der Nachbarn wegen. Nun reden alle durcheinander. Nur einer fehlt: Ralf Müller, der Galerist.

Als er zur Erleichterung seiner Lebensgefährtin, der Künstlerin Brigitte Hottenroth, mit der noch rasch besorgten Dosenmilch um die Ecke biegt, erkennen ihn nicht alle Anwesenden auf Anhieb. „Ich glaube, ich sehe dich heute zum ersten Mal ohne deine blaue Arbeitsjacke“, wundert sich ein Gast. Müller grinst und drückt Erich Bidinger eine Kanne in die Hand. „Hol mal Wasser für Kaffee“, weist er seinen Vermieter knapp an.

Duisburger Stahlhändler eröffnet neue Kunstgalerie für seine Lebensgefährtin und die Szene

Ralf Müller verdient sein Geld im Stahlhandel. Das soll auch so bleiben, die Galerie ist ein Hobby. Damit will er seiner Lebensgefährtin und weiteren Künstlerkreisen die Chance geben, ihre Werke auszustellen. „Das ist gut für den Stadtteil und es macht mir überraschend viel Spaß, mich unter die Kreativen zu mischen“, sagt er.

Ausstellungswillige Künstlerinnen und Künstler können eine Wand in der neuen Galerie im Dellviertel mieten.
Ausstellungswillige Künstlerinnen und Künstler können eine Wand in der neuen Galerie im Dellviertel mieten. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Auch interessant

Zeit zu renovieren hatte er während der Corona-Lockdowns genug. Viele Scheiben des gläsernen Windfangs hat er durch rostige Stahlplatten ersetzt, die alten Bodenfliesen im Schachbrettmuster ergänzt. Zum Glück kennt er wen, der alte Kirchen restauriert, der konnte die fehlenden Kacheln besorgen. Und er hat auch Kontakt zu einem Graffiti-Künstler, der ihm sein Galerieschild gemacht hat.

Fassadenmaler Lukasz Pethe leitet gerade gegenüber von Müllers Stahlbaubetrieb das Projekt Heimatgraffiti der Bürgerstiftung, da kommt man sich näher. Müllers Kontakte reichen auch bis Düsseldorf, von dort haben sich vier Mitglieder der Künstlergruppe „Egal V“ per Wandmiete in die Galerie eingekauft und stellen ihre Werke aus. Die Vier von Egal V fühlen sich Joseph Beuys verpflichtet und verzichten daher auf künstlerische Vorgaben für ihre Werke. Sie bewegen sich nach eigenen Angaben im Spannungsfeld zwischen Malerei und Fotografie.

Ausstellungswillige Künstler können bei „Gruenart 30“ eine Wand mieten

Müllers Konzept sieht zwar keinen Gewinn vor, aber selber tragen soll sich sein Galerie-Projekt schon. Ausstellungswillige Künstler können sich deshalb eine Wand mieten, an der dann die eigenen Werke hoffentlich eine größere Öffentlichkeit finden. Finanziell eingeschränkte Künstler können auch über eine Provisionsbasis verhandeln. Da zeigt sich Müller durchaus kompromissbereit.

Bei der ersten Vernissage präsentierten die ausstellenden Künstler ganz verschiedene Stilrichtungen.
Bei der ersten Vernissage präsentierten die ausstellenden Künstler ganz verschiedene Stilrichtungen. © FUNKE Foto Services | anja Pickartz

Keine Kompromisse machte er dagegen beim Vintage-Kronleuchter in der Galerie. Der passte nicht an die bestehende Aufhängung, aber zwei eingeschobene Stahlbänder und etwas Tüddeldraht schafften eine ebenso eigenwillige wie kreative Verbindung.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Ludger Heid hält jetzt die Eröffnungsrede, seine Ehefrau gehört zu den ausstellenden Künstlerinnen. Sie zeigt an ihrer Wand zarte Strukturbilder aus Sand, Asche, Acryl und Lack, die in Kontrast zu den schweren Stahlrahmen stehen. Die Rahmen hat Müllers Firma angefertigt. „In jedem Künstler liegt ein Keim von Verwegenheit“, zitiert der Duisburger Historiker Heid bei seiner kleinen Ansprache einen Goethe-Ausspruch.

„Ich habe die Wände voll. Was will ich mehr?“ freut sich Ralf Müller über den Andrang. „Ich kenne halt wirklich viele Leute“, schickt er noch hinterher.

>> DAS BIETET DIE KLEINE GALERIE IM DELLVIERTEL

● Die kleine Galerie Gruenart 30 im Dellviertel an der Grünstraße 30 ist schon seit Juli in Betrieb.

● Sie öffnet (meistens) montags, mittwochs und freitags ab 17 Uhr. Wer vorbeischaut, kann Kunst ansehen und erwerben. Oder ein nettes Gespräch mit anwesenden Künstlern genießen.