Duisburg-Huckingen. Eine Duisburger Sekundarschule setzt ab sofort auch wieder auf Distanzunterricht. Warum das ungewöhnliche Projekt Schüler und Lehrer motiviert.

Einmal im Monat geht an der Sekundarschule Am Biegerpark der Lockdown weiter: Auf dem Stundenplan steht dann Distanzunterricht. Einen Tag lang wenden Schüler und Lehrer an, was sie während der Corona-Pandemie über das Lernen und Unterrichten von Bildschirm zu Bildschirm gelernt haben.

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Von Annette Kalscheur und Martin Schroers

Auf dem Handy von Dominik Posern gehen Sprachnachrichten ein. Englisch, Will-Future: „Where will I live in ten years?“ Wo werde ich in zehn Jahren leben? Die Antworten schicken ihm seine Schüler und Schülerinnen von zu Hause ins Homeoffice. Wie werden wir zukunftsgerecht unterrichten, nicht in zehn Jahren, sondern jetzt? Die Antwort darauf liefert an der Sekundarschule das gesamte Kollegium.

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Der letzte Corona-Lockdown war gefühlt kaum vorbei, da hatten sie an der Sekundarschule im Süden Duisburgs schon die Genehmigung von der Bezirksregierung Düsseldorf: Ein Jahr lang dürfen sie einen Tag pro Monat fortsetzen, was alle Schulen in Deutschland während der Pandemie notgedrungen erproben mussten: Distanzunterricht. Das soll weniger auf einen etwaigen weiteren Lockdown vorbereiten als die Schüler auf das Leben nach der Schule.

Videokonferenz und Co.: Distanzunterricht bereitet Schüler in Duisburg aufs Berufsleben vor

„Im beruflichen Alltag sind das die Skills, die sie drauf haben müssen“, sagt Dominik Posern. „Wir wollen, dass sie das können.“ Einfach an den Computer setzen, damit ist es nicht getan. Allerdings fängt es damit an: Die Schüler mögen Digital Natives sein, mit dem Smartphone in der Hand quasi geboren – doch im Umgang mit der Technik haben sie Defizite.

An der Sekundarschule Am Biegerpark gibt es ab sofort einmal pro Monat einen Tag Distanzunterricht. Schüler und Lehrer behalten so die Kompetenzen im digitalen Lehren und Lernen, die sie während der Corona-Lockdowns erworben haben.
An der Sekundarschule Am Biegerpark gibt es ab sofort einmal pro Monat einen Tag Distanzunterricht. Schüler und Lehrer behalten so die Kompetenzen im digitalen Lehren und Lernen, die sie während der Corona-Lockdowns erworben haben. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Kurznachrichten schreiben via WhatsApp, auf TikTok oder YouTube ein angesagtes Video ansehen: Das sind Kernkompetenzen für Zehn- bis 18-Jährige.

Videokonferenzen beitreten, online mit Mitschülern und Lehrern zusammen arbeiten? Eine ganz andere Herausforderung.

Digitalisierung, das Schlagwort der deutschen Bildungslandschaft, wird im Distanzunterricht auf einmal konkret. Mit dem Austeilen von iPads ist es nicht getan, damit fängt die Arbeit erst an. Die Fachschaften an der Schule wurden gefragt: Welche Programme wollt Ihr haben, welche Apps sind sinnvoll für Mathematik, für Kunst? 50 Apps sind inzwischen auf den Tablets installiert, vom Zeichenprogramm über virtuelle Museumsrundgänge bis hin zu Coding-Anwendungen. Alle kostenlos.

Digitalisierung der Schule muss nicht teuer sein – Duisburger Sekundarschule beweist es

Digitalisierung, das beweist die Sekundarschule Am Biegerpark nebenbei, muss nicht teuer sein. Was es braucht, ist ein engagiertes Kollegium: An der Sekundarschule beteiligen sich alle 80 Lehrer und Lehrerinnen am Projekt der monatlichen Distanzunterricht-Tage, von Sport bis Mathe unterrichten sie jedes Fach in den Klassen fünf bis zehn, 750 Schülerinnen und Schüler. Die Schulkonferenz aus Eltern, Lehrern und Schülern hat die Projekttage „einstimmig beschlossen“, betont der stellvertretende Schulleiter Peter Stante.

Wie beim Unterricht im Klassenraum kommt es auf die Kreativität derer an, die statt an der Tafel jetzt vor dem Monitor sitzen: Einfach nur Arbeitsblätter einscannen und hochladen ist das eine; ein Programm wie Classcraft das andere.

Gamification: Schüler lernen den Unterrichtsstoff in einem digitalen Spiel

Nicht nur vom Namen her erinnert das – in der Grundversion kostenlose – Programm an den Online-Rollenspiel-Klassiker World of Warcraft. Hier wie dort gestalten die Spieler und Spielerinnen Avatare, mit denen sie sich durch eine Fantasiewelt bewegen, „Quests“ (Aufgaben) erfüllen, aufsteigen und neue Inhalte freischalten; Bosskämpfe inklusive. Gamification nennt sich das Prinzip: Die Kinder und Jugendlichen lernen spielend, der Unterrichtsstoff ist Teil des Spiels.

Beim Programm Classcraft erschaffen die Schülerinnen und Schüler sich Charaktere, mit denen sie eine Fantasiewelt online erkunden und spielend Unterrichtsstoff lernen.
Beim Programm Classcraft erschaffen die Schülerinnen und Schüler sich Charaktere, mit denen sie eine Fantasiewelt online erkunden und spielend Unterrichtsstoff lernen. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Dazu macht ihn der jeweilige Lehrer: Setting und Optik stellt Classcraft; die Inhalte liefern die Pädagogen. Englischlehrer Dominik Posern macht das genau so viel Spaß wie seinen Schülern: „Wenn ich sowas finde, kann ich mich im Distanzunterricht daran austoben.“

Dazu wird er noch länger Gelegenheit haben. Nach einem Halbjahr wird das Projekt evaluiert, fest steht schon: Weitergehen soll das Distanzlernen an der Sekundarschule am Biegerpark auf jeden Fall. Peter Stante sagt es mit einem Schmunzeln: „Wir packen Apps drauf, bis die Tablets voll sind.“

>> DISTANZUNTERRICHT AN DER SEKUNDARSCHULE IST EIN ERFOLG

  • Verführt Distanzunterricht nicht zum Blaumachen? Lehrer Dominik Posern findet: Nein. „Wenn ich in der Schule keine Lust habe mitzuarbeiten, kann ich mich auch zurücklehnen“, sagt er. Vorteil digitaler Unterricht, auch auf die Entfernung: „Sobald man ein elektronisches Gadget rausgibt, sind die Schüler motiviert.“
  • Die Teilnahme am Distanzunterricht während der Corona-Lockdowns sei bis auf „Einzelfälle“ vollständig gewesen, berichtet der stellvertretende Schulleiter Peter Stante. „Da ist dann die Schulsozialarbeit vorbeigefahren und hat geguckt, woran es liegt.“
  • Die iPads für das Projekt werden von der Stadt Duisburg gestellt; das Geld dafür kommt aus dem Digitalpakt. Knapp 12.000 digitale Endgeräte für Schüler und mehr als 5100 für Lehrer hat die Stadt für die 7,85 Millionen Euro aus dem Digitalpakt gekauft.