Duisburg-Hüttenheim. Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker besuchten das TKS-Werk in Duisburg. Der Standort sei „ein Bauernopfer, um an der Börse besser dazustehen“.

Seit Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff das Grobblechwerk in Hüttenheim öffentlich auf den Prüfstand stellte, brennt innerhalb der Belegschaft der Baum: Die 1200 Mitarbeiter fürchten um ihre Arbeitsplätze. Nachdem der Betriebsrat um seinen Vorsitzenden Mehmet Göktas zu Beginn der Woche bereits den Vorstand kritisiert hatte, lud er nun Vertreterinnen der SPD in das Werk ein.

An die Bezirksbürgermeisterin Beate Lieske, Landtagsabgeordnete Sarah Philipp und Bundestagsabgeordnete Bärbel Bas gewandt, nennt Göktas am Donnerstag seine Forderungen. „Wir freuen uns über die Unterstützung aus der Politik und erwarten, dass man auch im Wirtschafts- und Arbeitsministerium Position bezieht. Unsere Arbeitsplätze müssen geschützt und bewahrt werden“, sagt er.

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Investitionen in modernere Anlagen seien wichtig, so Göktas: „Es gibt über 2000 Sorten Stahl. Die muss man immer weiterentwickeln, damit man der Konkurrenz voraus ist. Und mit modernen Anlagen kann man diese auch schneller herstellen. Jährlich werden 20 Millionen Tonnen Stahl importiert. Der ist oft günstiger, weil nicht auf die Umwelt geachtet wird. Aber der Markt muss fair sein: Deswegen müssen für alle Produktionsländer die gleichen Umweltstandards gelten.“ Hier sei Brüssel gefragt. „In anderen Werken, wie in Salzgitter, ist das Land Miteigentümer“, wirft Göktas ein.

Philipp: Duisburg ist Stahlstadt Nummer 1

Eine Teilverstaatlichung als Lösung? „Es ist nicht so, dass es in unserer Fraktion nicht schon Überlegungen dazu gab“, antwortet Landespolitikerin Sarah Philipp. Als einzige Fraktion habe die SPD das Thema im Landtag zur Sprache gebracht. „Klar ist: Der Standort muss geschützt sein, denn Duisburg ist weiterhin Stahlstadt Nummer eins und hat Zukunft“, bekennt die 36-Jährige. „Die Probleme liegen weder bei dem Produkt noch bei der Belegschaft. Wir fordern daher den Konzern auf, klare Zusagen über die Zukunft zu treffen. Denn die Leute so hängen zu lassen, ist unzumutbar.“ Am Ende sei die Entscheidung über den Standort zwar eine unternehmenspolitische, „als Konzern trägt man aber auch Verantwortung“, meint Philipp. Sie will auch Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) auffordern, eine Strategie zu erarbeiten.

Viel ausrichten kann die Stadt Duisburg in dieser Angelegenheit nicht – das weiß auch Bezirksbürgermeisterin Beate Lieske. „Aber mit den Arbeitern solidarisch zu sein, ist dreimal wichtiger als manche andere Dinge“, bekräftigt sie. „Thyssenkrupp ist für den gesamten Süden von Bedeutung: Wenn 1200 Menschen ihre Arbeit verlieren, geht die Kaufkraft zurück. Dann schließen die Läden, und die Infrastruktur geht verloren“, sagt Lieske. „Da muss die Stadt Duisburg Position beziehen, aber das tut sie auch“, versichert sie. Für das Lamentieren des Vorstands hat sie wenig Verständnis: „Wenn der Vorstand sagt, zu investieren sei nicht nötig, dann zeugt das für mich nur von mangelndem Willen.“

Bas: Bauernopfer für die Börsenkurse

Das sieht auch Bärbel Bas so: „Ich bin ehrlich gesagt ziemlich sauer: Da wird nichts kommuniziert. Die Belegschaft hinzuhalten, das ist das übliche Spiel, das Konzerne spielen“, sagt sie. „Ich habe den Eindruck, dass hier ein Bauernopfer gebracht wird, um an der Börse besser dazustehen“, kritisiert Bas. „Dabei gibt es ein Gutachten, das besagt, dass der Standort Geld verdienen kann, wenn man in ihn investieren würde. Da frage ich mich, was das für ein Vorstand ist, wenn er kein Geld verdienen will.“

Auf das Gutachten von Unternehmensberater Roland Berger geht auch Göktas ein: „Das haben wir als Betriebsrat immer wieder vorgebracht, es wurde ignoriert.“ Enttäuscht zeigt er sich auch, das kein Mitglied der Geschäftsführung des Standorts vorbeigekommen ist, um die Politikerinnen zu begrüßen. „Reden kann man nur, wenn man gemeinsam an einen Tisch kommt“, sagt Bas.