Duisburg-Bissingheim. . Als Kind suchte Wilfried Schütte Schutz in Bunkern, die Kriegsgefangene bauten. Eine Erinnerung an die Begegnung mit ihnen rührt ihn noch heute.

Die Bissingheimer leben seit mehr als 70 Jahren mit den Deckungsgräben, wie die früher mit Erde bedeckten Bunkeranlagen offiziell bezeichnet werden. Manche dieser Anlagen wie im Buchenwäldchen liegen eher versteckt, andere sind, wie in der Nähe des Spielplatzes am Blauen See, noch gut sichtbar. Auch wenn die Bissingheimer mit diesen Zeitzeugen aus Beton seit langer Zeit leben, für Außenstehende wirken die Relikte des Zweiten Weltkrieges wie geheimnisvolle Orte – lost places sagt man dazu heute. Die unterirdischen – nach Kriegsende zugemauerten – Schutzanlagen für die Zivilbevölkerung findet man noch an fünf Stellen in dem 3000-Seelen-Dorf.

Der heutige Rentner war sechs, als die Bomben fielen

Wilfried Schütte hat als Kind mit seiner Mutter und seinen Geschwistern in einem der Bunker oft Zuflucht suchen müssen. Er wohnt bis heute in dem Haus am Südgraben, in dem er auch aufgewachsen ist. Von da ist es nur ein Katzensprung zum Buchenwäldchen, in dem heute noch drei der insgesamt acht Bissingheimer Schutzbunker zu finden sind. Der heutige Rentner war damals ein kleiner Junge von sechs Jahren, als die Bombenangriffe über Duisburg einsetzten. Zuerst versuchte die Familie, die Bombenangriffe im heimischen Keller zu überstehen, nach Fertigstellung der Bunker im Jahr 1942 hatte sie die Schutzräume praktisch vor der Haustür.

Kriegsgefangene errichteten die Bunker

„Hier gab es oft Fliegeralarm, wir bekamen bei den Angriffen eine Menge ab“, erinnert sich der 81-Jährige, der ergänzt: „Bissingheim lag ja unmittelbar zwischen Autobahn und dem Rangierbahnhof, zwei strategisch wichtige Ziele für die alliierten Bomber.“ Auch wenn sich Schütte nicht mehr an alle Einzelheiten erinnern kann, die Zeit des Bunkerbaus ist haften geblieben. „Beim Bau wurden wohl Kriegsgefangene eingesetzt, der Sprache nach waren das vermutlich Russen, Polen oder Tschechen“, erinnert er sich. „Die müssen aus dem Lager herangebracht worden sein, das sich damals in der Nähe des heutigen Kinderdorfs Maria in der Drucht befand“, vermutet er.

Wilfried Schütte hat als Kind oft in einem der Bunker Schutz vor den Weltkriegs-Angriffen gesucht.
Wilfried Schütte hat als Kind oft in einem der Bunker Schutz vor den Weltkriegs-Angriffen gesucht. © Mara Tröger

Für die im Krieg aufgewachsenen Kinder waren die Fremden spannend, Berührungsängste waren schnell überwunden. „Wir haben den Arbeitern ab und zu etwas zu Essen vorbeigebracht“, erinnert sich Schütte. Das bereitete nicht nur seine Mutter zu, die auch noch einige Geschwister zu versorgen hatte, sondern auch andere Frauen aus der Nachbarschaft: „Wir hatten jeden Tag einen großen Topf auf dem Herd stehen. Da blieb auch immer etwas für die Gefangenen übrig.“

Die Kriegsgefangenen schenkten den Kindern selbst geschnitzte Spielzeugfiguren

Schüttes Eltern – der Vater war als Zugführer bei der Reichsbahn im Dauereinsatz – waren christlich geprägt und sahen in den Gefangenen keine Feinde, sondern „immer nur den Menschen“. Dabei war es ein glücklicher Zufall, dass das Aufsichtspersonal diese kleinen menschlichen Gesten offensichtlich duldete. Gerührt ist der spätere Mannesmann-Mitarbeiter heute noch, wenn er daran denkt, dass die Gefangenen aus Dankbarkeit kleine geschnitzte Spielzeugfiguren an die Kinder verschenkten.

„Die Bunker wurden von uns allerdings nicht lange genutzt“, sagt der Ur-Bissingheimer. Denn als die Bombardierungen heftiger wurden, ging es mit Mutter und Geschwistern 1943 im Rahmen der Evakuierungen zu Verwandten ins Sauerland. Als die Familie nach Ende des Krieges zurückkam, war ein Teil des Elternhauses zerstört. Mittlerweile ist das Häuschen wieder ein kleines Schmuckstück. Nur die Bunker vor der Haustür erinnern noch an vergangene schlimme Zeiten.

<<< HIER GIBT ES NOCH BUNKER

  • Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg findet man in Bissingheim noch an folgenden Orten:
  • Am Nordgraben in der Nähe der Hermann-Grothe Straße (zwei Bunker); am Spielplatz am Blauen See; in der Nähe des Hochhauses an der Straße „Am Brunnen“; am Ende des Finkenschlags und im Buchenwäldchen (drei Bunker).
  • Zusätzlich gab es zu Kriegszeiten in Bissingheim einige kleine Schutzbunker auf Privatgrundstücken.