Duisburg. . Auf einem Acker in Duisburg-Serm haben Archäologen Überreste einer 2000 Jahre alten Siedlung ausgegraben. Jetzt haben sie Angst vor Grabungsräubern.

Ein Acker als Ausgrabungsstätte? Ja: Nahe der St.-Dionysius-Kapelle haben in den vergangenen anderthalb Wochen Archäologen des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) gegraben, gesucht – und gefunden.

Jahrhundertelang haben Menschen dort gewohnt, wo heute Ackerland ist; von Christi Geburt bis zur Zeit Karls des Großen. „Im frühen Mittelalter muss hier eine bedeutende Siedlung existiert haben. Das war nicht nur ein einzelnes, kleines Dörfchen“, sagt Grabungsleiter Klaus Frank vom LVR. Zerbrochene Keramikgefäße, die die Archäologen bei den Grabungen zutage gefördert haben, lassen sich auf das 6., 7. Jahrhundert datieren.

Funde: Bronzeblech, Keramikscherben, Tierknochen, Reste von Nutzpflanzen

Scherben wie diese haben die Forscher in Serm viele gefunden.
Scherben wie diese haben die Forscher in Serm viele gefunden. © WAZ

Gelbe Zettel markieren dunkelbraune Flecken im Erdreich, in das die Archäologen eine gut einen Meter breite Schneise gegraben haben, gerade gezogen, als wollten sie hier bauen und nicht buddeln. An der Kante ist deutlich zu sehen, bis zu welcher Tiefe der Bauer das Gelände beackert. „Direkt darunter fängt die Archäologie an.“ Die dunklen Flecken finden sich in verdächtig regelmäßigen Abständen. Nicht zufällig: „Das waren Pfostengruben“, erläutert Frank. Die Pfosten dienten einst als Befestigung für die Wohnhäuser der Siedlung. Als das Holz vermoderte, ließ es stark humushaltigen Boden zurück – und der ist dunkler als die Erde drum herum. Für die Archäologen ein sichtbarer Hinweis.

Greifbarer sind die Fundstücke, die Frank und seine Mitarbeiter in einer weißen Plastiktüte gesammelt haben: Bronzeblech, Keramikscherben, Tierknochen, Reste von Nutzpflanzen. Oft stammen sie aus Gruben, in denen mittelalterliche Bewohner ihren Abfall entsorgten. Der Müll des Mittelalters ist eine Fundgrube für die Archäologen: „Das ist wertlos für den Handel, aber für uns das Wertvollste, was wir kriegen können.“ Was haben die Menschen damals gegessen? Wie haben sie gelebt? Antworten werden ihnen die Fundstücke liefern. Allerdings erst nach weiteren Untersuchungen.

Archäologen haben Angst vor Grabungsräubern

Ausgrabungsleiter Klaus Frank (links) und der Entdecker der Fundstätte, Thomas van Lohuizen, sorgen sich um Grabungsräuber.
Ausgrabungsleiter Klaus Frank (links) und der Entdecker der Fundstätte, Thomas van Lohuizen, sorgen sich um Grabungsräuber. © WAZ

Am Mittwochnachmittag haben die Archäologen ihre Forschungsschneise wieder zugeschüttet. Was mehr als 1000 Jahre lang unter Erde begraben war, ruht dort auch weiterhin gut. Und: Die Erdschicht schützt – hoffentlich – vor selbsternannten Hobby-Archäologen, die mit Detektoren und teilweise sogar Baggern anrücken. „Wir haben hier in der Region immense Probleme mit Grabungsräubern“, sagt Frank. Erst vor wenigen Tagen traf Thomas van Lohuizen, selbst studierter Archäologe und Entdecker des Fundorts, auf einen Sondengänger. Was sie aus dem Boden klau(b)en, ist für die Archäologen unter Umständen ein unschätzbar wertvoller Hinweis – auf Ebay bringt eine Keramikscherbe vielleicht ein paar Euro ein. Van Lohuizen ärgert das verbotene Sondengehen sehr: „Da wird unsere Kultur verkauft.“

Für die Forscher steht fest: Das, was sich nahe der Kapelle im Boden befindet, ist schützenswert. Eine flächendeckende Ausgrabung planen die Archäologen nicht. Aber sie wollen bewahren, was unter der Ackeroberfläche von der Geschichte dieses Teils von Serm geblieben ist. In ihren Händen liegt die Entscheidung darüber nicht: Das Bodendenkmal, das ihr Ziel wäre, müsste die Stadt ausweisen.