Duisburg-Hamborn. . An Markttagen kochen auf den Parkstreifen am Altmarkt in Duisburg-Hamborn die Emotionen vieler Autofahrer hoch. Da Stellplätze Mangelware sind, sind selbst Behindertenparkplätze bei dreisten Nicht-Behinderten beliebt. Ein Besuch im Krisengebiet.
„Straßenverkehrsordnung, hä? Sagt dir nix, du Vogel, was?“ keift der Fußgänger Mitte 50 mit hochrotem Kopf durch das geöffnete Fenster des silbergrauen Astra, den Hals so dick, dass es ihm fast den Krawattenknoten sprengt.
„Leck mich doch kreuzweise im A . . .! Und pack mein Auto nich’ an, Penner doo!“, schallt es verbiestert aus dem Fahrzeuginneren zurück – hier haben sich zwei gefunden, die wohl keine Freunde fürs Leben werden. „Pass bloß auf, du A . . . loch, sonst ziehe ich dich aus der Karre raus!“ schimpft der Krawattenträger im schicken blauen Anzug aufs Äußerste erregt zurück.
Außer sich vor Zorn, weil er auf dem Zebrastreifen, der von der Jägerstraße auf den Altmarkt führt, eben fast überfahren wurde, reckt er die Faust ins Wageninnere. „Nicht überfahren: abknallen muss man dich“, schreit der Fahrer und gibt Gas. Schuldbewusstsein hält sich hier ebenso in Grenzen wie das Gefühl der Streithähne für Kinderstube.
Ein ganz normaler Markttag in Hamborn - und Großkampftag für Händler und Autofahrer. Leider fast im wörtlichen Sinne.
"Wenn sie wüssten, was sich hier für Szenen abspielen..."
Für Gastronomin Andrea Neul, die an einem der Gästetische vor ihrem Café am Altmarkt sitzt, sind solche Szenen an Markttagen Standardprogramm. Die Frau nippt am frischen Kaffee und schaut kopfschüttelnd dem regen, quirligen Treiben auf dem Marktplatz zu: „Wenn sie wüssten, was sich hier für Szenen abspielen – sie würden es nicht glauben“, sagt die Inhaberin des Marktcafés und lächelt bitter. Sie zeigt auf die Behindertenparkplätze, die rechts neben den Pollern beginnen, die den Außenbereich ihrer Gaststätte sichern. Besser: sichern sollen.
„Es klingt zu verrückt, um wahr zu sein: An Markttagen kamen schon Autofahrer, die haben die Poller abgeschraubt und ihre Autos dann dort geparkt, wo eigentlich unsere Tische und Stühle hin gehören“, sagt Neul, eine Kundin stimmt ihr zu: „Irre, was hier ab geht.“
Das Ordnungsamt zeige durchaus Präsenz am Marktplatz und in den Nebenstraßen. „Aber es ist wie verhext“, sagt eine Passantin, „wenn da einer besonders unverschämt falsch parkt, ist der garantiert wieder da, bevor er abgeschleppt wird.“
Von Beschimpfungen bis zu Drohungen
Die sechs Behindertenparkplätze, sagt Neul, seien in der Tat auch bei dreisten Nicht-Behinderten sehr beliebt: „Es kommt regelmäßig vor, dass sich dort Leute ohne Behindertenausweis hinstellen.“ Die Strafe von 35 Euro schrecke offensichtlich kaum ab. Wenn man die Leute dann sachlich auf die Verfehlung anspräche, sagt Andrea Neul, würden die oft ausfallend: „Das reicht von Beschimpfungen bis zu Drohungen.“
Damit hat auch Hans-Georg Podwalski seine Erfahrungen gemacht, und nicht zu knapp: „Es stehen hier regelmäßig Leute ohne Behindertenausweis“, sagt der Hamborner, der nach schwerer Zuckerkrankheit ein Bein verlor. Er wünsche sich härtere Strafen für diese Unsitte und Einsicht bei den Tätern. Die seien sich gar nicht klar darüber, was für ein Privileg es sei, schmerzfrei laufen zu können: „Wir sind ja leider darauf angewiesen, hier parken zu können.“
Die Idee, an Markttagen nur Händler, Taxen und behinderte Autofahrer auf die Straßen links und rechts des Altmarktes zu lassen, finden Podwalski und Neul klasse. „Als hier an der Schreckerstraße der verkehrsberuhigte Bereich gebaut wurde und die Zufahrten zum Altmarkt geschlossen waren“, sagt die Geschäftsfrau, „war die Lage sofort entspannt und das ganze Gezänk war auch vorbei.“