Duisburg/Rheinberg. Die Rheinfähre transportiert 400 Autos am Tag, im Sommer unzählige Radler. Viele setzen also aufs Schiff. Warum der Fährmann trotzdem Sorgen hat.
Mit der Fähre zur Arbeit fahren? Da geraten selbst Pendler ins Schwärmen, die diesen Weg seit Jahren wählen. So wie Feuerwehrmann Ben Knecht. Er setzt täglich mit der Rheinfähre „Glück auf“ von Rheinberg-Orsoy nach Duisburg-Walsum über. Nach der Schicht bei der Feuerwehr in Walsum geht’s wieder zurück. „Das ist jedes Mal wie eine kleine Kreuzfahrt“, sagt er.
Christian Bours stimmt zu: „Die Fahrt wird nie zur Routine. Das Wasser sieht immer anders aus. Und ich steige aus dem Auto und finde jemanden zum Quatschen“, erzählt der Baerler, der bei der Caritas in Dinslaken eine Tageseinrichtung für psychisch Kranke leitet. Seit 1999 setzt er auf die Fähre.
Duisburgs Fährmann Dirk Nowakowski hat mit vielen Problemen zu kämpfen
Fährmann Dirk Nowakowski genießt die Naturschauspiele natürlich auch. Aber ganz so romantisch ist seine Sicht auf die Dinge nicht. Dafür hat er mit zu vielen Problemen zu kämpfen und schon die eine oder andere Nacht wach gelegen. Zum Beispiel, als es mit Corona losging: „Da ist von einem auf den anderen Tag kein Auto mehr mit uns gefahren.“
Klar, plötzlich machten alle Homeoffice. Nowakowski hat zwar auch Corona-Hilfen bekommen, musste sie aber wie viele andere Selbstständige wieder zurückzahlen. „Dann war es für alle Pflicht, auf der Fähre Maske zu tragen. Wir wurden wie der öffentliche Nahverkehr behandelt. Aber von öffentlichen Zuschüssen, wie der ÖPNV sie bekommt, kann ich nur träumen. Ich fühle mich oft allein gelassen“, sagt der Fährmann.
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Da wäre zum Beispiel der Anleger auf Rheinberger Seite. „Das Wasserschifffahrtsamt will, dass ich den saniere. Das würde mich 80.000 Euro kosten. Woher soll die nehmen? Also bessere ich aus.“ Auch die gesperrte Hubbrücke in Walsum hat für ihn einen großen Nervfaktor.
„Manche Kunden müssen einen Umweg von vier Kilometern fahren, das nehmen viele aber nicht in Kauf und kommen deswegen nicht zur Fähre.“ Also hat Dirk Nowakowski Einbußen. Er versteht einfach nicht, warum das Projekt so hakt. „Vor der Landtagswahl wurde so viel versprochen und passiert ist nichts.“ Nowakowski hat angeboten, mit der Fähre und einem Hubwagen unter die Brücke zu fahren, damit Experten sie von unten untersuchen können. „Da hieß es nur: So einfach ist das nicht.“
Natürlich kämpft Dirk Nowakowski auch mit den gestiegenen Energiekosten. „Der Kraftstoff allein kostet mich momentan pro Woche 800 Euro mehr. Das kann ich gar nicht auf die Kunden umlegen.“ Also hat er die Tickets nur um 20 Cent pro Fahrt erhöht. Und er spart, wo er nur kann: Viele Reparaturen erledigt das Team selbst und die Fährzeiten wurden abends um eine Stunde gekappt. „Wir fahren nur noch bis 20 Uhr. So kann ich Personalkosten und Kraftstoff sparen.“
Andere Fähren bekommen öffentliche Zuschüsse
Der Fährmann weiß von Fähren, die unterstützt werden. Zum Beispiel die in Rüdesheim; die bekommt 25 Euro pro Betriebsstunde Zuschuss vom Land Rheinland-Pfalz. Oder die Loreley-Fähre. Sie bekommt Geld, weil sie abends länger fährt. „Ich fühle mich alleine gelassen“, wiederholt Dirk Nowakowski.
Neulich häuften sich die Reparaturen. „Als dann auch noch ein Motor kaputt ging, habe ich gedacht, ich will nicht mehr“, berichtet der 52-Jährige. Doch das nur für einen kurzen Moment. „Das macht mir einfach zu viel Spaß.“ Seine Rheinfähre für immer an die Kette zu legen, ist also keine Option.
Im Winter transportiert die „Glück auf“ etwa 400 Autos am Tag. „Davon können wir nicht leben“, erklärt Dirk Nowakowski. „Übers Jahr gesehen würde ich mehr verdienen, wenn ich den Fährdienst im Winter einstelle. Aber das will ich meinen Stammkunden nicht antun.“ Der Fährmann verdient sein Geld mit den vielen Radfahrern im Sommer.
Wenn es Probleme auf der A 42 gibt, wird es voll auf der Rheinfähre „Glück auf“
„Letztlich war der Bau der A 42 tödlich für uns. Wir hatten von heute auf morgen 600 Autos weniger auf der Fähre“, bilanziert Dirk Nowakowski. Auch wenn sie einen Umweg von vielen Kilometern fahren müssen, nehmen viele ehemalige Kunden lieber die Autobahn. „Ist die Brücke mal wieder gesperrt oder ein dicker Unfall, dann habe ich plötzlich 600 bis 700 Autos auf der Fähre und die Leute stehen bis zu einer Stunde an, um übersetzen zu können.“
Die Überfahrt dauert je nach Wetter und Hochwasser-Lage drei bis sieben Minuten. „Das ist vielen zu lange und sie sagen, die Fähre sei ihnen zu teuer. Dabei kosten die einfache Fahrt für Autos nur 3,50 Euro, die Wochenkarte 24 Euro und die Monatskarte 70 Euro“, so der Fährmann.
Stammkunde Michael von Minden kann Pendler, die die Fähre links liegenlassen, nicht verstehen: „Wenn ich über die A 42 zur Arbeit fahren würde, würde ich zwei Tankfüllungen im Monat mehr verbrauchen. Mit der Fähre geht es schneller und ist günstiger“, rechnet der Mediengestalter vor. Und gerät auch ins Schwärmen: „Außerdem ist es ganz großes Kino, wenn die Sicht klar ist und die Sonne aufgeht.“
>> Unternehmen unterstützen die Rheinfähre Walsum mit Werbung
- Die Fähre ist ein beliebter Werbeträger. Firmen wie Hövelmann oder Restaurants wie die Walsumer Pizzeria Da Gigi buchen Werbebanner auf der „Glück auf“. „Das machen sie, um die Fähre zu unterstützen. Mit den Einnahmen kann ich ein bis zwei Wintermonate überbrücken“, sagt Nowakowski.
- Abfahrtszeiten, Preise und mehr sind auf der Webseite www.rheinfaehre-walsum.de zu finden.
- Ganz selten kommt es vor, dass die Fähre nicht fahren kann, zum Beispiel bei starkem Nebel. Dann informiert der Fährmann seine Stammkunden per Whatsapp. Wer möchte, kann sich in die Gruppe aufnehmen lassen.