Duisburg. Jamil Maamo kocht im Lokal Sham in Duisburg. Der Syrier liebt Weihnachten. Wie sein Festtagsmenü aussieht, zeigt er beim gemeinsamen Brutzeln.
Der syrische Koch Jamil Maamo aus Duisburg hat eine Idee: Er will die Geheimnisse seiner Küche unters Volk bringen. Eine Chance für alle, die an Weihnachten mal was anderes machen wollen. Zum Fest stehen oft Sauerbraten und Rotkohl hoch im Kurs. Das Gericht isst Jamil Maamo auch liebend gerne. Hat er doch nach seiner Flucht vor dem Krieg in Syrien im Duisburger Hotel Wyndham eine Kochlehre absolviert. Auch steht der in Aleppo geborene Jeside voll auf die festliche Stimmung mit den vielen Lichtern an Weihnachten und stellt zu Hause einen Tannenbaum auf. Aber gegessen wird in seiner Familie zum Fest trotzdem anders.
Wir kochen gemeinsam ein syrisches Weihnachtsmenü im Duisburger Restaurant Sham
Aber was kommt denn am Heiligen Abend bei den Maamos auf den Tisch? Wir haben uns mit Jamil Maamo im syrisch-deutschen Restaurant Sham in Neumühl verabredet und wollen mit ihm gemeinsam kochen. Seine Küche ist perfekt ausgestattet. Aber alles, was er heute zeigt, geht auch eine Nummer kleiner.
Auf Anhieb betört der Duft von frisch gebackenem Fladenbrot. Er breitet sich mit jeder Minute intensiver aus. Die Melange aus Ei, Zucker und Olivenöl auf dem Fladen färbt sich goldgelb. Dafür sorgen 250 Grad Celsius im Ofen. Im Topf nebenan köcheln sanft kleine Stücke einer Lammschulter. Der Kardamon im Topf duftet dominant. Das Gewürz hat kein Problem, sich gegen die Lorbeerblätter, die Nelken und die Zimtstangen durchzusetzen. Später, beim Essen, sieht das schon ganz anders aus. Auf der Zunge ordnen sich die seifig anmutenden Kapseln geschmacklich unter.
Koch Jamil Maamo: „Teig kneten ist eben Gefühlssache“
Der 39-Jährige wirkt zufrieden. „Ich liebe, was ich mache“, sagt der Familienvater und zerkleinert einen kleinen Berg Kräuter. Seine Finger formen sich zur Kralle, die Spitzen nach innen gebogen. Mit zwei Zentimeter Abstand zur Fingerkuppe schneidet die Messerklinge sanft und routiniert durch frische Minze, Koriander und Blattpetersilie. Er weiß, was er tut.
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Ganz nebenbei vermittelt der Koch sein Wissen. Den Teig für das Fladenbrot – nur Mehl, Wasser, Salz und Hefe – knetet er fünf Minuten kräftig durch. Heute übernimmt eine Küchenmaschine den Job. „Ich improvisiere mit allem, was ich habe. Wenn es keine Maschine gibt, knete ich halt mit der Hand. Wichtig: Der Teig darf nicht mehr kleben. Sonst braucht er mehr Mehl.“ Nach dem Ruhen formt Maamo kleine Kugeln, immer von innen nach außen. Das wirkt wie ein Ritual. „Alle Luft muss raus. Sonst wird der Fladen im Ofen von außen schon dunkel, bleibt innen aber noch roh. Teig ist eben Gefühlssache.“ Gekrönt wird das Fladenbrot durch braune Sesamkörner und Schwarzkümmel. Der Sesam ist aromatisch, aber fettig – der Kümmel bitter und gesund.
Fürs Tabouleh hacken wir Unmengen Petersilie
Gesund, das ist Maamo besonders wichtig. In der syrischen Küche mit ihren tollen Vorspeisen stecken jede Menge Vitamine und frische Kräuter. Säure liefert vornehmlich die Zitrone, eine Vitamin-C-Bombe. Oder die Granatäpfel-Kerne auf dem Hummus, nicht minder gesund. Beim Puhlen der Kerne aus der Schale aber unbedingt eine Schürze tragen. Sonst ist der Pullover nachher rot gesprenkelt. Das Tabouleh besteht aus Unmengen Petersilie und Minze. Wichtige Mineralstoffe liefern auch die roten Linsen in der Suppe, die geheimnisvoll den Titel „Ali Baba“ trägt. Beim späteren Schlürfen betören vor allem die winzigen Stückchen Lauch und Ingwer. Nur rot wirkt die Suppe irgendwie nicht mehr, was keine Zauberei ist. „Beim Kochen verlieren die Linsen einfach ihre Farbe“, verrät Maamo.
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Noch etwas liegt dem Duisburger Koch am Herzen. Alle Zutaten sind für kleines Geld überall zu haben. Die allermeisten im Discounter bei Aldi oder Lidl, ansonsten im arabischen oder türkischen Laden. Dort gibt es etwa die frische Lammschulter, die für den Hauptgang gebraucht wird. Das Fleisch zieht mittlerweile in einer weißen Soße mit viel Minze und einer betörenden Säure, die vom Joghurt stammt. Dazu wird geräucherter grünen Weizen serviert, natürlich aufgehübscht durch Gewürze, Pinienkerne und Mandeln.
Jamil Maamo flüchtete 2015 aus Syrien nach Duisburg
Zum Schluss: Knafeh aus dem gleichnamigen fädrigen Teig mit Käse in der Mitte. „In Syrien nehmen wir Halloumi. Es geht aber auch mit Mozzarella.“ Den Süßegrad kann jeder selbst bestimmen, durch die Menge des in Wasser und Zitronensaft aufgelösten Zuckers. Am besten frisch servieren, wenn das Gericht knusprig aus dem Ofen kommt.
All das hat Jamil Maamo als Koch in Syrien, auf den Seychellen und in Duisburg gelernt. 2015 flüchtete er vor dem Krieg in seiner Heimat Syrien mit seiner Frau und Tochter nach Duisburg, wo ihr Sohn zur Welt kam. Seit drei Jahren arbeitet er mit einem syrischen Freund im Neumühler Restaurant Sham. Dort bringt er Kindern kochen bei. Seine Idee, auch Kochkurse für Erwachsene anzubieten, stieß bei der gemeinnützigen Firma „Projekt Lebenswert“ als Träger des Restaurants und deren Gründer Pater Tobias von der Abtei Hamborn sofort auf offene Ohren.
Nun vermittelt Maamo zusätzlich in Kochkursen die Grundlagen der syrischen Vollwertküche. Sie ist eine köstliche Alternative zur Weihnachtsgans. Davon hat uns Maamo auf jeden Fall überzeugt.
>> Zweimal in der Woche bietet Jamil Maamo Kochkurse an
- Die Kochkurse für maximal sechs Personen finden jeweils mittwochs und samstags statt. Sie kosten inklusive Zutaten und gemeinsamen Essen 79 Euro pro Person.
- Anmeldung bei Jamil Maamo: JamilMaamo23@gmail.com
Hier sind die Rezepte für die Hauptspeise: Shakriyeh (Lammschulter) mit Freekeh (Weizen)
800 Gramm Lammschulter in Scheiben schneiden. In zwei Litern Wasser unter Beigabe des Knochens aufkochen. Eine gehackte Zwiebel, fünf Kardamomkapseln, eine Zimtstange, fünf Lorbeerblätter, fünf Nelken und einen halben Teelöffel schwarzen Pfeffer dazugeben. Bei schwacher Hitze etwa zwei Stunden garen lassen. Zwischendurch den weißen Schaum, der sich beim Kochen bildet, abschöpfen. Gegartes Fleisch aus dem Sud nehmen. Sud durch ein Sieb abgießen und aufbewahren. Für die Sauce ein Kilo griechischen Joghurt mit einem Esslöffel getrockneter, gemahlener Minze, Salz, Pfeffer und Muskat mischen. Fleisch und 200 Milliliter Sud zur Joghurtsauce geben. Etwas Speisestärke mit einem Glas kaltem Wasser glatt rühren und ins Gericht geben. Kurz aufkochen. Drei Zwiebeln in Streifen schneiden und im Ghee dünsten, zur Sauce dazugeben und abschmecken.
250 Gramm grünen Weizen in einer Schüssel zweimal gründlich waschen, abtrocknen lassen. 50 Gramm Erbsen in drei Esslöffeln Olivenöl etwa drei Minuten braten, dann den Weizen hinzufügen. Unter ständigem Rühren garen. Mit Salz, Pfeffer, ¼ Teelöffel Zimtpulver und ¼ Teelöffel Muskat würzen. Mit einem halben Liter Gemüsebrühe ablöschen und 25 Minuten kochen lassen. Dann zugedeckt ohne Hitzezufuhr zehn Minuten quellen lassen. Das Wasser sollte vollständig aufgesogen sein. In der Zwischenzeit je 25 Gramm Pinienkerne und Mandeln in einem Teelöffel Ghee anbraten. Vorsicht: Sie brennen schnell an! Beides über den Weizen streuen. Mit Lammfleisch und Naturjoghurt servieren.