Duisburg. Boxen hat nach einem Schicksalsschlag das Leben von Yusuf Kangül aus Marxloh gerettet. Heute ist er Champion und will der Jugend was zurückgeben.
Als Sieger ist der Duisburger Yusuf Kangül aus der türkischen Metropole Istanbul zurückgekehrt. Im Boxring setzte er sich als Außenseiter gegen Avni Yildirim durch, der ihn noch im Winter deutlich verdroschen hatte. Beim Rückkampf setzte sich diesmal der 38-Jährige durch und gewann damit gleich zwei Meisterschaften des Boxverbands WBC. Jetzt ist er Asien-Meister und Türkei-Meister. Die Freude darüber ist auch Monate nach dem Titelgewinn noch groß. „Früher war ich Yusuf der Boxer. Jetzt bin ich Yusuf der Champ“, sagt der Profiboxer beim Training in Obermarxloh und lacht fröhlich. Doch will er vor allem eines sein: ein Vorbild für Kinder und Jugendliche.
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Denn dem Boxsport hat er viel zu verdanken. „Als Jugendlicher habe ich mich oft geprügelt und Konflikte nur mit Gewalt ausgetragen“, erinnert sich der Marxloher und drischt auf die Pratzen seines Sparringspartners Ajdin Reiz ein. Als sein Bruder im Jahr 2000 bei einer Schießerei starb, drohte Kangül völlig auf die schiefe Bahn zu geraten. Doch das Boxen hat sein Leben gerettet. Heute ist er stolzer Familienvater zweier Töchter, arbeitet seit mehr als 21 Jahren als Lagerist bei der DHL in Kaßlerfeld. „Das ist unbezahlbar“, freut er sich, welche positive Wendung sein Leben schließlich genommen hat. Und dass seine Chefs ihm „den Freiraum geben, dass ich trainieren darf“.
Duisburger Box-Champion weist Jugendlichen mit Sport den richtigen Weg
Zumal Boxen für Yusuf Kangül mehr ist als ein Sport. Es lehrte ihn Respekt, Disziplin und Zusammenhalt. „Der Erfolg von einem ist der Erfolg von uns allen“, sagt der Champ und ergänzt schnell, dass sein Titelgewinn natürlich auch die anderen Sportkameraden anspornt. Nicht nur die Erwachsenen, die selbst schon Profikämpfe bestreiten und wie er beim Boxteam Duisburg unter Salih Yildirim trainieren. Es motiviert umso mehr die Mädchen und Jungen, die er selbst ehrenamtlich trainiert, hier im Sportraum an der Duisburger Straße, der im Hinterhof eines Autoschraubers liegt. „Es kommt nicht nur auf Kraft und Schnelligkeit an“, vermittelt der Marxloher seinen jungen Schützlingen. Denn: „Nur ein guter Schüler ist auch ein guter Sportler.“
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Seinen Boxverein sieht er als große Familie. Für die darf es keine Rolle spielen, ob jemand etwas auf dem Kerbholz hat. Solange der- oder diejenige das Ruder rumreißen will, wie er selbst vor Jahrzehnten. Wenn jemand aber respektlos ist, im Boxring oder außerhalb, die Schule schleifen lässt oder „den Hermann macht, dann gibt es Ärger“, sagt Kangül. Das habe er so von Cheftrainer Salih Yildirim übernommen.
Doch den Jugendlichen bringt er nicht nur Schlagtechniken und Beinarbeit bei. Vor allem, dass Kinder aus dem Duisburger Norden im Leben nichts geschenkt kriegen. Aber dass sie sich Ziele stecken und diese dann mit ganzem Herzen verfolgen sollen. Bis zum Erfolg. Ob es der Schulabschluss, eine Ausbildung oder ein Titelkampf ist.
Träume erfüllen und Perspektiven schaffen
Das kann Ajdin Reiz nur bestätigen. Der 25-jährige Profiboxer kommt zwar aus Wanheim, aber trainiert unter Saleh Yildirim und Sven Hoffmann in Obermarxloh und unterstützt Kangüls Jugendgruppe als Co-Trainer.
„Alle Kinder in Duisburg haben Träume. Wir wollen helfen, diese Träume zu erfüllen und ihnen Perspektiven schaffen.“ Seiner Vorbildfunktion ist sich Reiz dabei natürlich bewusst. Er hat nicht nur erfolgreiche Kämpfe hinter sich gebracht, sondern hat kürzlich erst im Maschinenbau-Studium seine Bachelorarbeit eingereicht.
Für die Jugendboxerinnen und -boxer wünscht er sich, dass er ihnen mit Yusuf Kangül zu Charakterstärke verhilft, zu großem Selbstbewusstsein und dass sie bestmöglich „aufs Leben vorbereitet werden“. Denn die beiden Profis freuen sich darüber, an jüngere Generationen „etwas zurückgeben zu können“.
Ob aus Yusuf Kangüls eigenen Töchtern Hasret (8 Jahre) und Meva (5 Jahre) jemals Box-Champions werden, kann er noch nicht sagen. Er möchte sie auch nicht zu dem Sport drängen, der ihm selbst so viel bedeutet. Sie sollen herausfinden, was ihnen liegt und ihren eigenen Weg gehen.
Titelverteidigung in Hamburg
Er selbst hat jedoch sein nächstes Ziel ganz klar vor Augen. Beim Training lässt er sich daher auch nicht davon ablenken, dass der befreundete Felix Sturm, ein früherer Weltmeister, kurz im Sportraum vorbeischaut. Denn der nächste Titelkampf steht für Kangül kurz bevor. Am 10. September wird er seine beiden WBC-Meistergürtel in Hamburg verteidigen. Aber nicht gegen Avni Yildirim. „Ich habe seine Karriere beendet. Ich habe ihn eliminiert“, freut sich der Champion aus Marxloh. Daraus zieht er viel Ansporn – wer auch immer gegen ihn in den Ring steigen wird und ihm die Titel abnehmen will.