Duisburg. . Yusuf Kangül will am Samstag Box-Europameister werden. Der 32-jährige Duisburger kümmert sich nebenher auch um Jugendliche aus seiner Heimat Marxloh.

  • Der Duisburger Boxer Yusuf Kangül will am Samstag WBO-Europameister werden
  • Der 32-jährige DHL-Mitarbeiter engagiert sich neben seinem Sport für Jugendliche aus Marxloh
  • Sport und Training können neue Ordnung und Orientierung ins Leben bringen

Mit einem Sieg über seinen ungarischen Rivalen will der Duisburger Yusuf Kangül (32) an diesem Samstag in der Nähe von Budapest den Titel des Europameisters im Boxverband WBO erobern. Sein größten Erfolg jenseits aller Titel ist es aber, dass er sportlich, beruflich und privat die Kurve gekriegt hat. „Als Jugendlicher war ich stets im Schlag-zu-Modus, habe Konflikte nur über Gewalt ausgetragen“, gibt der Marxloher zu. Auch durch den gewaltsamen Tod seines ältesten Bruders im Jahr 2000 drohte Kangül den Halt zu verlieren und auf die schiefe Bahn zu geraten. Das Boxen rettete ihn aber damals vor dem Totalabsturz. „Das war meine Medizin.“

Heute lebt der Familienvater mit seiner Frau Umahan und der zweieinhalbjährigen Tochter Hasret-Mina im Norden der Stadt, ist seit 16 Jahren als Lagerist bei der DHL am Standort Kaßlerferld beschäftigt und hat nach eigenem Bekunden „nach etlichen Aufs und Abs die Kurve gekriegt“. Und weil er am eigenen Leib erfahren hat, dass Sport und Training neue Ordnung und Orientierung ins Leben bringen können, begann Kangül bereits vor vielen Jahren, seine Erfahrungen und sein sportliches Know-How weiterzugeben – an Jugendliche aus „seinem“ Heimatstadtteil Marxloh, die in jungen Jahren selbst auf der Kippe standen.

Freunde seit Schulzeiten

Wir treffen uns am Budokan-Gym, eine Sportzentrum, das am Marktplatz in Beeck liegt. Einer der Geschäftsführer ist seit 2012 Stephan Mems. Der 36-Jährige kennt Kangül seit der Zeit auf der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesamtschule in Alt-Hamborn. Jetzt stellt er seinem alten Freund in dem Kampfsportzentrum eine Möglichkeit zum Trainieren zur Verfügung. „Ich bereite mich hier seit Wochen intensiv auf meinen EM-Kampf vor. Die DHL als Arbeitgeber war so nett, mich dafür mit Sonderurlaub freizustellen“, erzählt Kangül.

Seinen ersten von mittlerweile 13 Profikämpfen bestritt der Boxer in 2013. „Ich habe damals innerhalb von vier Monaten über 23 Kilo abtrainiert und bin dann schon im Jahr darauf deutscher Meister im Supermittelgewicht im GBA-Verband geworden“, sagt Kangül. Seit Mai 2016 darf er sich nach seinem Erfolg über Berkta Yesilat in Krefeld sogar „International Europameister“ nennen. Ein Sieg im EM-Kampf am Samstag wäre das Sahnehäubchen obendrauf.

Das Boxen gelernt hat er beim Klub Westende Hamborn und den dortigen Trainer-Routiniers Hans Westerfeld und Horst Enning. „Sie waren es, die mich zurück in die richtigen Bahnen gelenkt haben“, blickt Kangül mit einer großen Portion Dankbarkeit in der Stimme zurück. Auch der ständigen Unterstützung seiner Freunde Hasan Serhan, Marko Ostojic und Mustafa Palabiyik habe er es zu verdanken, dass er sportlich, aber auch privat wieder gefestigt dasteht.

Das Training war schon immer hart

Dann kommen Ferat Kilic und Bünyamin Gündogtu hinzu. Die beiden 17-jährigen Jugendlichen kennen Yusuf Kangül, seitdem er sie im Kindesalter trainiert hat. „Ich war damals mit meinem älteren Bruder beim Training und mit zehn Jahren der jüngste in der Gruppe“, erzählt Kilic. „Aber der Yusuf hat mich genauso hart trainieren lassen wie alle anderen auch.“

Das faszinierte Kilic so sehr, dass er am Ball blieb. „Wer beim Training ist, lungert nicht auf der Straße herum. Und wer nicht auf der Straße herumlungert, der kann auch nicht auf dumme Gedanken kommen“, stellt Kangül sein einleuchtendes Motto vor. Auch Bünyamin Gündogtu verrät, dass „der Sport und das Training mit Yusuf meinen Lebensweg verändert haben“. Er sucht gerade eine Lehrstelle im handwerklichen Bereich. Und Ferat Kilic will nächstes Jahr sogar sein Abitur machen.