Duisburg. Dauerwelle oder Undercut? Der Friseursalon Leonhard hat in Duisburg-Hamborn viele Trends und Krisen miterlebt. Warum die Kunden treu bleiben.
Waschen, schneiden, föhnen: Im Haarstudio Leonhard an der Jägerstraße 49 in Hamborn herrscht an diesem Nachmittag geschäftiges Treiben. Inhaber Andree Leonhard und seine Vorfahren haben den Betrieb in mehr als 100 Jahren durch so manche Krise geführt – so auch jüngst durch die andauernde Corona-Pandemie. Der traditionsreiche Friseursalon kann sich dabei auf seine Stammkundschaft verlassen.
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Um das Jahr 1900 hatte Josef Leonhard seinen Friseurbetrieb in Meiderich eröffnet. Über Umwege durch die Niederlande und Schlesien ging es schließlich nach Hamborn, wo der Betrieb bis heute in vierter Generation existiert. Zwei Weltkriege und die Corona-Pandemie habe der Familienbetrieb nicht grundlos überlebt, ist sich Andree Leonhard sicher: „Auffällig ist im Nachhinein das große Engagement aller Generationen“, erklärt der 49-Jährige stolz. „Wir haben es als Familie immer wieder geschafft, uns auf die neusten Begebenheiten einzustellen.“
Familie Leonhard schneidet seit über 100 Jahren Haare in Duisburg-Hamborn
Eine dieser Begebenheiten ist natürlich die Corona-Krise. „Den ersten Lockdown haben wir noch gut abfedern können, danach kamen viele Kunden wieder“, erinnert sich Leonhard. Doch mit fortschreitender Pandemie sei die Nachfrage spürbar zurückgegangen. Und nicht nur das: „Viele Kundinnen, die seit Jahrzehnten zu uns kommen, wollten auf einmal nicht mehr ihre Haare färben lassen. Andere wiederum hatten keine Lust, die ganze Zeit eine Maske zu tragen.“ Die Folge seien spürbare Umsatzeinbußen.
„Wir Stammkunden sind aber seit 50 Jahren oder noch länger da“, ruft plötzlich eine ältere Dame, die zufrieden in den Spiegel schaut, während sie in einem der gepolsterten Friseurstühle sitzt. Das kann ihre Friseurin Margret Leonhard, die seit dem April 1967 im Salon arbeitet, nur bestätigen. „Ohne unsere Stammkunden könnten wir tatsächlich nicht existieren. Unser großes Einzugsgebiet ist sehr wichtig für uns“, erklärt die Mutter des Inhabers.
Stammkunden halten dem Familienbetrieb Leonhard seit Jahrzehnten die Treue
Nicht nur aus Duisburg, sondern unter anderem aus Hiesfeld oder Borken kämen die Kundinnen und Kunden bereits seit mehreren Jahrzehnten und generationenübergreifend zu den Leonhards, um sich die Haare schneiden zu lassen. „Wir haben mittlerweile einfach ein persönliches Verhältnis zu vielen Stammkunden“, erklärt Mitarbeiterin Eva Reinert. Gerade färbt sie einer Kundin die Haare, die zustimmend nickt.
Die 37-Jährige ist seit dem Ende ihrer Ausbildung im Jahr 2001 im Betrieb und schätzt das Familienunternehmen sehr. „Wir arbeiten hier sehr sauber und die Mitarbeiter lernen das gesamte Handwerk von A bis Z“, wirbst sie. Deshalb seien viele Mitarbeiter auch überdurchschnittlich lange bei den Leonhards angestellt.
Klassisches Handwerk von der Dauerwelle bis zum Undercut
Das sei bei manch anderem, moderneren Friseurbetrieben oft anders, so Eva Reinert: „Die bieten oft nur ,Cut and Go’ an, aber nicht mehr das klassische Handwerk.“ Mit einer Dauerwelle sei man da oft schon überfordert. Nicht so bei Leonhards.
Die Stimmung im Friseursalon ist heute gut. Es wird geplaudert, hier und da ist schallendes Gelächter zu hören. Insider gehören hier zum Haarschnitt wie die Dauerwelle in die 80er Jahre. Diese vermeintlich ausgestorbene Frisur wird neuerdings vor allem bei Männern immer beliebter, weiß Andree Leonhard.
Auf solche wiederkehrenden Trends müsse man sich einstellen – gerade jetzt müsse man flexibel und anpassungsbereit sein. „Für uns als Dienstleistungsgewerbe steht neben Ehrlichkeit, Vertrauen und Höflichkeit natürlich auch der Service-Gedanke an erster Stelle.“
Ihm ist wichtig, der Kundschaft auch Kleinigkeiten anzubieten, die im schnelllebigen Alltag mittlerweile oft zu kurz kämen. Dazu gehört, dass die Mitarbeiter, den Kundinnen und Kunden den Mantel beim Eintreten des Salons abnehmen, sie zum Platz zu begleiten und dafür zu sorgen, dass sie sich entspannen können.
Viele Anekdoten aus der Firmengeschichte reizen zum Lachen
Trotz der aktuell schwierigen Lage huscht Andree Leonhard immer wieder ein Lächeln über das Gesicht, als er sich an einzelne Anekdoten der vergangenen Jahrzehnte erinnert. „Einmal wollte eine dunkelhaarige Kundin eine platinblonde Färbung“, erinnert er sich lachend. „Am nächsten Tag wollte sie das aber unbedingt rückgängig machen. Denn ihr Mann drohte mit der Scheidung!“
Solche Geschichten gehören zu dem Hamborner Traditionsbetrieb dazu. Dass das Familienunternehmen auch in den kommenden 100 Jahren derartige Geschichten erlebt, ist jedoch unwahrscheinlich. Die Kinder des Inhabers Andree Leonhard haben sich beruflich bereits anders orientiert.
>> FÜR FRISEURBESUCHE SIND FRÜHERE CORONA-REGELN AUFGEHOBEN
- Bei Friseurbesuchen galten in Nordrhein-Westfalen während der Corona-Pandemie zuletzt die Regeln für „körpernahe Dienstleistungen“. Seit dem 3. April sind die meisten dieser Regeln für Friseurbetriebe entfallen. Zuvor mussten Kundinnen und Kunden nachweisen, dass sie geimpft, genesen oder getestet waren und eine FFP2-Maske tragen.
- Diese Einschränkungen haben in der Branche Umsatzeinbußen verursacht. Zeitweise waren die Salons auch komplett geschlossen.
- Derzeit gibt es laut Kreishandwerkerschaft Duisburg rund 380 Friseursalons in der Stadt.