Duisburg. In Duisburg leben Straßenkatzen in elenden Verhältnissen. Tierschützer kommen mit der Kastration nicht hinterher und vermissen Hilfe der Stadt.
Hunderte wilde Katzen leben in Duisburg auf der Straße. Die Streuner bevölkern vor allem Dächer und Hinterhöfe. Und sie leben oft in elenden Verhältnissen. Laut Tierschutzvereinen leiden die Katzen unter Infektionen und Mangelernährung, aber auch unter Misshandlungen durch Menschen.
Damit die Zahl wildlebender Katzen unter Kontrolle bleibt, gibt es eine Verordnung der Stadt Duisburg. Demnach müssen Halterinnen und Halter ihre Tiere kastrieren lassen, wenn sich diese außerhalb des Hauses oder der Wohnung bewegen. Als Halter gilt auch, wer freilaufende Katzen regelmäßig füttert. Nach Angaben der Stadt können Verstöße mit einer Geldbuße von bis zu 1000 Euro geahndet werden. Und doch kommen viele Menschen dieser Pflicht nicht nach – ihre Einhaltung werde ohnehin kaum kontrolliert, klagen Tierschützer.
„Katzen werden geschlagen, getreten, mit Flaschen und Stöcken beworfen“
Vor allem im Duisburger Norden gibt es Hotspots, an denen sich zu bestimmten Tageszeiten Dutzende Katzen an einer Stelle tummeln. Anwohnerinnen und Anwohner stellen ihnen Futter zur Verfügung, kümmern sich aber sonst kaum um die Tiere – erst recht nicht um die vorgeschriebene Kastration. Die Tiere paaren sich untereinander, aber auch mit ausgesetzten Katzen, sofern auch diese nicht kastriert sind. Die Population wächst.
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Mehrere solcher Hotspots befinden sich in Marxloh. Dort wohnt die ehrenamtliche Tierschützerin Patricia Dahmen. Sie beobachte immer wieder Menschen, die die Streuner regelrecht quälten: „Katzen werden geschlagen, getreten, mit Flaschen und Stöcken beworfen.“ Einmal hätten Kinder ein Katzenjunges in die Luft geworfen, als sei es ein Stofftier. Ein Einschreiten der Eltern habe es nicht gegeben.
Um all dem Tierleid vorzubeugen, gibt es Vereine wie den Tierschutzverein Kamp-Lintfort, der auch in Duisburg aktiv ist. Wer sich die Kastration der eigenen Katze nicht leisten kann, bekommt hier Hilfe. Und die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer sichten auch Straßenkatzen und sorgen für ihre Kastration.
Kastration: Preise in der Tierklinik Asterlagen stark gestiegen
Doch diese Hilfe zu leisten, ist laut Rainer Sobottka in Duisburg zunehmend schwierig. Im Namen des Vereins fordert er mehr Unterstützung durch die Stadt. Die wiederum reagiert verhalten: „Wir wurden wiederholt dazu aufgefordert, die Katzenschützer mit einem amtlichen Schreiben zu beauftragen“, sagt Stadtsprecher Sebastian Hiedels. Das Schreiben sollte demnach ein Zutrittsrecht zu Privatgrundstücken ermöglichen, um dort Katzenfallen aufzustellen und Jungkatzen zu entnehmen. „Ein solches Zutrittsrecht können wir schon allein aus rechtlichen Gründen nicht unterstützen“, so Hiedels.
Sobottka dagegen spricht vor allem von finanzieller Unterstützung, die von den Vereinen benötigt werde. So habe die Tierklinik Asterlagen die Preise für Kastrationen gerade erst deutlich erhöht. Ein Schreiben der Klinikleitung dokumentiert: Im Kleintierzentrum in Bergheim stieg der Preis für die Kastration freilebender Kätzinnen von 65 auf 145 Euro, für Kater von 55 auf 75 Euro. „Diese Kostenexplosion ist für Vereine und private Tierschützerinnen und Tierschützer nicht mehr bezahlbar“, klagt Sobottka, zumal die Einrichtung als einzige Stelle überhaupt in Duisburg für den Tierschutz zuständig sei.
Die Klinik begründet ihre neuen Abrechnungsmodalitäten mit Fachkräftemangel, gestiegenen Gehaltsvorstellung von Ärztinnen, Ärzten und Fachangestellten sowie gestiegenen Medikamentenpreisen. Schon im Sommer hatte Asterlagen darauf aufmerksam gemacht, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an die Belastungsgrenze stoßen.
Die Grünen leisten in Duisburg Hilfe auf politischem Weg
Den Tierschutzvereinen die Arbeit zu erleichtern, haben sich die Duisburger Grünen zum Ziel gesetzt. Zur Ratssitzung am 27. September brachten sie einen Antrag ein: Die Stadt solle den Ehrenamtlern ein sicheres Budget sowie feste Stellen im ganzen Stadtgebiet zur Verfügung stellen, um dort Kastrationen von Streunerkatzen durchführen zu lassen.
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Im Rat lehnte jedoch eine Mehrheit aus SPD und CDU den Antrag ab, ohne Begründung. Weil das Dokument zudem recht kurzfristig erarbeitet worden war, hatte es zuvor auch keinen Ausschuss mehr durchlaufen – eine Diskussion kam so gar nicht erst zustande. Ratsfrau Anna von Spiczak kündigt gegenüber der Redaktion an, es dabei nicht zu belassen: Per Änderungsantrag wollen die Grünen im bald zu beschließenden Haushalt einen Posten für die Katzenkastration erwirken. Die Finanzplanung der Stadt steht im November zur Abstimmung.
Rainer Sobottka verweist auf die umliegenden Städte und Kreise mit einer Kastrationsverordnung. Sie alle stellten ein Budget zur Verfügung, das nach Anmeldung eines Hotspots von Tierschutzvereinen abgerufen werden könne. An diesem Beispiel müsse man sich auch in Duisburg orientieren, denn: „Katzenpopulation und Katzenleid werden explodieren, wenn seitens der Stadt keine Hilfe kommt.“ Doch die Stadt hat er noch nicht überzeugt – deren Sprecher Sebastian Hiedels sagt: „Aus unserer Sicht reichen die bisher getroffenen Maßnahmen aus.“