Duisburg-Hamborn. Viele Schützenvereine klagen über Mitgliederschwund. Der BSV Hamborn dagegen hat regen Zulauf von jungen Menschen. Was der Verein anders macht.

Im vergangenen Jahr sind 15 neue Mitglieder in den Schützenverein BSV Hamborn 1837 eingetreten, alle im Alter zwischen 16 bis 30. Davon können viele Schützenvereine in Duisburg nur träumen. Während sich die Hamborner regelmäßig über Neuzugänge freuen, klagen etliche Vereine über sinkende Mitgliederzahlen und fehlenden Nachwuchs. Was macht der BSV Hamborn anders? Darüber sprachen wir mit Michael Feller, dem Präsidenten des Hamborner Bürgerschützenvereins.

Auf den ersten Blick erscheint es wie ein Widerspruch: Der Verein freut sich über steigende Mitgliederzahlen, aber er hat aktuell keinen König. 2019 wurde das Königsschießen abgebrochen, weil keiner der Kandidaten den Vogel runterholen und damit König werden wollte. Michael Feller beschreibt dies als eine surreale Situation: „Eine Gruppe von acht Aspiranten sind kurz vor Ende des Schießens geschlossen ausgestiegen.“ In diesem Jahr jedenfalls gebe es aber jedenfalls wieder reichlich Anwärter, die König werden wollen – wenn das Schützenfest im Sommer tatsächlich stattfinden darf.

Rheinischer Schützenbund: Nur Vereine, die investieren, überleben

Michael Feller ist zwar Präsident, „aber in erster Linie bin ich Schütze, so wie jeder andere hier bei uns“, sagt er gleich zum Gesprächseinstieg. Denn die flachen Hierarchien im Verein hält er für eine wesentliche Zutat des Erfolgsrezepts. In Hamborn sei es locker und unkompliziert. „Bei uns spielt die Begegnung eine große Rolle“, sagt Michael Feller. Der Schützenverein organisiert Grillabende und Fahrradtouren, bietet üblicherweise zweimal die Woche ein Treffen im Vereinsheim im Hamborner Stadtwald an.

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Beim Rheinischen Schützenbund (RSB), der Dachorganisation, die auch für Duisburger Sportschützen zuständig ist, beobachtet Uwe Pakendorf eine klare Entwicklung: „Auf der einen Seite gibt’s Vereine, die überaltert sind und wenig investiert haben in letzten Jahren. Und es gibt Vereine, die haben ihre Anlagen modernisiert und bieten neue Aktivitäten, auch außerhalb des Schießsports“. Die Konsequenz: Die einen lösen sich laut Pakendorf früher oder später auf, beschleunigt durch die demografische Entwicklung. Und attraktive Vereine wachsen. Sie werden interessant für Leute, die sich nicht von den Klischees über Schützen leiten lassen. Doch sind diese Klischees tatsächlich überholt? Was ist dran an den Vorurteilen – Frauenbild, angestaubte Traditionen oder Abstand zu ausländischen Mitbürgern?

Frauenbild:

Es gibt eine „Damenriege“ beim BSV Hamborn mit insgesamt 50 Frauen, darunter sind auch gute Schützinnen. Am Königsschießen dürfen sie nicht teilnehmen. Schützenkönigin wird frau also nur an der Seite eines Mannes. Laut Michael Feller können alle im Verein gut damit leben, eine Änderung ist nicht angedacht. Die Frauen vom BSV Hamborn hätten keine Ambitionen, den Vogel herunterzuholen. Sie organisieren stattdessen die Festivitäten, stellten jedes Mal ein tolles Programm auf die Beine. „Die sind sehr aktiv und kreativ“, lobt der Präsident.

Die Damenriege des BSV Hamborn 1837 kümmert sich um die Gestaltung der Festivitäten.
Die Damenriege des BSV Hamborn 1837 kümmert sich um die Gestaltung der Festivitäten. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Dabei weiß Uwe Pakendorf vom Rheinischen Schützenbund: „Frauen sind tendenziell die besseren Schützen.“ Warum das so ist, wisse er nicht genau. Vielleicht liege es an der besseren Feinmotorik oder Konzentrationsfähigkeit. Aktuell gibt es eine Landesjugendkönigin. Grundsätzlich gelte: „Je jünger, umso weiblicher ist ein Verein.“ Vor allem bei den Bogenschützen sind viele Frauen aktiv, etwa in der Schützenabteilung des ETuS Wedau.

Nachwuchs:

Frühestens mit zwölf Jahren darf man, begleitet von einem erwachsenen Schützen, ans Luftgewehr. Meist versucht man den Nachwuchs mit „Lichtpunktschießen“ zu locken. Mit dem Laser eines Lichtgewehrs dürfen auch schon Kinder unter zwölf Jahren umgehen.

Die Hamborner nehmen Mitglieder dagegen erst ab 16 Jahren auf. „Erst kommt einer. Wenn’s ihm gefällt, bringt der einen Freund mit und so weiter“, sagt Feller. Dabei handele es sich bei den Neuen keineswegs nur um die Kinder langjähriger Vereinsmitglieder.

Migrationshintergrund:

Derzeit ist nur ein Mitglied mit türkischem Pass im BSV Hamborn 1837, sicher kein Spiegelbild der Bevölkerungsstruktur im Bezirk. Dafür gehören viele der etablierten Bürger – Geschäftsleute und Handwerksmeister – zum Verein. Die Bälle der Hamborner Schützen sind ein gesellschaftliches Ereignis, bei dem auch mal die Abendgarderobe ausführen kann. Grundsätzlich sei man offen für jedermann, sagen BSV und Schützenbund. Aber offenbar sei das Interesse von Leuten mit Migrationshintergrund am Schützenwesen nicht besonders ausgeprägt.

Traditionen:

„Wir wollen die Tradition hochhalten“, sagt der Hamborner Präsident Michael Feller. Das werde geschätzt. Bei dem großem Umzug durch den Alt-Hamborn etwa stehen auch Zuschauer am Straßenrand, die nichts mit Schützen zu tun haben.

„Je ländlicher, umso traditioneller“, heißt es aus dem Rheinischen Schützenbund. Auf dem Dorf würden alte Strukturen weniger angezweifelt. Ein Schützenverein wie in Köln, der gezielt um Schwule und Lesben wirbt, wäre dort natürlich undenkbar.

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Fazit:

Der Bürgenschützenverein Hamborn hat es offenbar geschafft, durch eine lockere, offene Atmosphäre jüngere Leute für sich zu interessieren. Sein Vorteil: Er ist eine feste Größe im gesellschaftlichen Leben im Stadtteil geblieben.

>> „BALLERMÄNNER“ SIND BEI HAMBORNER SCHÜTZEN UNERWÜNSCHT

• Der BSV Hamborn 1837 sagt: „Wir sind offen für jedermann.“ Das gelte allerdings nicht für „Ballermänner“. „Diese Leute wollen wir nicht“, sagt der Vorsitzende Martin Feller. So sieht es auch der Rheinische Schützenbund: „Das ist ein ungeschriebenes Gesetz.“

• Beim BSV Hamborn sind die Waffen im Besitz des Vereins. „Es ist alles gut gesichert. Da kommt keiner ran“, versichert der Vereinsvorsitzende. Sportschützen, die mit eigener Waffe schießen wollen, müssen ein aufwendiges Prüfungsverfahren durchlaufen, inklusive Nachfrage beim Verfassungsschutz.

• Der BSV Hamborn nutzte die Corona-Zeit zur Kernsanierung von Vereinsheim und Schießanlage, zum Großteil finanziert über das Förderprogramm des Landessportbunds „Moderne Sportstätten“. „Aber dazu muss sich jemand hinsetzen, Anträge ausfüllen und ein Konzept umsetzen“, erläutert RSB-Geschäftsführer Uwe Pakendorf, warum es nicht alle Vereine machen.

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