Duisburg. In mehreren Vierteln in Duisburg wollen Anwohner große Alleebäume fällen lassen. Ein stadtweites Konzept soll dafür künftig die Regeln festlegen.

Spazierengehen schwer gemacht: Seit Jahren klagen Anwohner der Bergmannssiedlung in Neumühl über Behinderungen auf den Gehwegen. Grund sind die mächtigen Platanen, deren Wurzeln die Bordsteine ausheben, die steinernen Platten auf den Bürgersteigen ebenso. Ein Anwohner der Freiburger Straße hat bereits 2017 die Fällung eines Baumes beantragt, weil er mit seinem Rollstuhl nicht vorbeikommt. Der Genehmigungsprozess läuft noch immer – doch ein stadtweites Konzept soll bald klare Regeln schaffen.

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„Uns liegt ein Alleebaumkonzept vor“, bestätigt Johannes Meßer, Vorsitzender des Beirats der Unteren Naturschutzbehörde, auf Anfrage der Redaktion. Der Beirat habe nun die Gelegenheit, zu diesem Konzept Stellung zu beziehen. „Es ist ein ziemlich komplexes Werk“, sagt Meßer und kündigt an, für die Bearbeitung etwa drei Monate zu brauchen.

Landschaftsbeirat will durch Baumfällungen keine Präzedenzfälle schaffen

Neben der Bergmannssiedlung ist die Schachtstraße in Wehofen ein weiterer Ort, an dem schon lange über die dortigen Alleebäume diskutiert wird. Anwohner stören sich nicht nur an den beengten Bürgersteigen, sondern auch an dem Dreck, den sie häufig auf den Dächern und in den Regenrinnen haben. Einige fühlen sich auch von den Wirtschaftsbetrieben im Stich gelassen, die für die Pflege der Platanen zuständig sind.

Diese mächtige Platane in Duisburg-Neumühl macht es Fußgängern, vor allem aber Rollstuhlfahrern schwer, den Gehweg zu benutzen.
Diese mächtige Platane in Duisburg-Neumühl macht es Fußgängern, vor allem aber Rollstuhlfahrern schwer, den Gehweg zu benutzen. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Sowohl in Neumühl als auch in Wehofen hat die Politik versucht, den Anwohnern zu helfen. Die Walsumer Bezirksvertretung hatte etwa die Fällung von drei Bäumen an der Schachtstraße beschlossen, doch ihre Entscheidung wurde zunächst vom Landschaftsbeirat, dann von der Oberen Naturschutzbehörde in Düsseldorf gekippt. Deren Befürchtung: Gibt man der Fällung einzelner Bäume statt, sind Präzedenzfälle geschaffen – weitere Anwohner könnten folgen und ihrerseits neue Bäume entfernt haben wollen.

Platanen auf dem Gehweg in Neumühl zwingen Rollstuhlfahrer auf die Straße

„Es gibt viele miteinander vergleichbare Fälle“, sagt Johannes Meßer, der auch für den BUND arbeitet. Es besteht deshalb die Gefahr, all denjenigen „Tür und Tor zu öffnen“, die sich an den Bäumen in ihrer Umgebung stören. „Jeder Stadtbaum ist wichtig“, betont er, „gerade bei heißem Wetter, das es in den vergangenen Jahren immer häufiger gab.“ Man dürfe Fällungen deshalb nur aus ganz triftigen Gründen erlauben.

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Ein solch triftiger Grund liegt nach Einschätzung der Beteiligten offenbar an der Freiburger Straße vor. Der Rollstuhlfahrer hatte berichtet, dort, wo der Baum steht, auf die Straße ausweichen zu müssen. Dabei sei er mehrfach nur knapp einem Unfall entgangen. Deshalb hat die Verwaltung zuletzt erklärt, die Befreiung des Baumes vom schützenden Paragrafen des Naturschutzgesetzes zu erteilen – und damit die Fällung zu ermöglichen.

Duisburger Alleebaumkonzept soll Anfang 2021 präsentiert werden

Zur Voraussetzung für diese Entscheidung hatte die Obere Naturschutzbehörde ein Alleebaumkonzept gemacht – das mittlerweile also vorliegt. Es wurde bereits vor Jahresfrist in einer Entwurfsfassung dem Umweltausschuss präsentiert, doch laut Stadtsprecher Sebastian Hiedels habe die Corona-Pandemie den weiteren Prozess verzögert. Die Stadt rechnet damit, das finale Konzept im ersten Quartal 2021 präsentieren zu können.

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Zuvor gilt es noch, die Anmerkungen des Landschaftsbeirates zu berücksichtigen. Dieser will sich noch nicht im Detail äußern, sagt aber in Person von Johannes Meßer: „Man merkt, dass sich Mühe gegeben wurde.“

Im Fall des Baumes an der Freiburger Straße wird die Befreiung vielleicht gar nicht mehr nötig sein. Wie Stadtsprecher Hiedels mitteilt, zieht man nun doch eine alternative Lösung in Betracht. Den Landschaftsbeirat wird es freuen, denn Meßer betont grundsätzlich: „Eine Fällung kann nur das letzte Mittel sein, vorher müssen alle Alternativen geprüft werden.“ Dazu gehöre zum Beispiel die Überlegung, auf Kosten der Vorgärten Gehwege zu verlegen.

>> ALLEEBAUMKONZEPT SOLL SICH AN ÖRTLICHEN GEGEBENHEITEN ORIENTIEREN

• Laut Landschaftsbeirat Johannes Meßer handelt es sich beim Alleebaumkonzept der Stadt um ein umfassendes Werk, das mit Problembeschreibungen und Lösungsansätzen im Detail auf alle Duisburger Alleen eingeht.

• Sollte die Platane an der Freiburger Straße doch gefällt werden, soll das noch im Herbst erfolgen, unter Beachtung der gesetzlichen Vogelschutzzeit.