Duisburg-Vierlinden. Junge Menschen bekommen oft nur im Seniorenbereich einen Pflegeplatz. Eine Wohngruppe in Duisburg richtet sich an 18- bis 60-Jährige.

Die Wohngruppe „Junge Pflege“ sticht unter den Senioren im Elisabeth-Groß-Haus an der Josefstraße heraus, denn den Lebensabend haben die Bewohner noch lange nicht erreicht. Aber sie alle teilen ein Schicksal mit ihren betagten Nachbarn: Sie sind pflegebedürftig. Alle Mitglieder der Wohngruppe sind gelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen. Die Ursachen dafür jedoch sind unterschiedlich, Unfälle, Schlaganfälle oder Krankheiten.

Gina Hackel lebt seit zehn Jahren in der Wohngruppe „Junge Pflege“ der Heimstatt St. Barbara in Duisburg und hat den Umzug aus der eigenen Wohnung nie bereut: „Da weiß ich, dass immer jemand da ist, wenn ich Hilfe benötige.“ Services
Gina Hackel lebt seit zehn Jahren in der Wohngruppe „Junge Pflege“ der Heimstatt St. Barbara in Duisburg und hat den Umzug aus der eigenen Wohnung nie bereut: „Da weiß ich, dass immer jemand da ist, wenn ich Hilfe benötige.“ Services © FUNKE Foto Services | Foto: DANIEL ELKE

„Mit 42 Jahren bin ich freiwillig in die Wohngruppe eingezogen, da ich aufgrund meiner Erkrankung nicht mehr alleine leben konnte“, sagt die 52-jährige Gina Hackel, die Multiple Sklerose hat. Bevor sie bei der Heimstatt St. Barbara vor gut zehn Jahren eingezogen ist, lebte sie in ihrer eigenen Wohnung. Doch schon als junge Frau mit 27 Jahren erkrankte sie und war auf einen Pflegedienst angewiesen. Deshalb entschied sie sich für das betreute Wohnen im Elisabeth-Groß-Haus. Bereut hat sie diese Entscheidung nicht: „Da weiß ich, dass immer jemand da ist, wenn ich Hilfe benötige“, so Hackel.

Trotz des hohen Bedarfs sind Angebote der Jungen Pflege oft unbekannt

Die Anzahl an Einrichtungsplätzen für junge pflegebedürftige Menschen sind begrenzt – nicht nur im Elisabeth-Groß-Haus, das von der Heimstatt St. Barbara betrieben wird. Daher richte sich dort das Angebot an Betroffene zwischen 18 und 60 Jahren. Derzeit leben 14 von ihnen in der Einrichtung in Vierlinden.

Der hohe regionale Bedarf sei überhaupt erst entscheidend dafür gewesen, dass diese Wohngruppe eingerichtet wurde, sagt Ursula Sieg, die den Sozialen Dienst leitet. Doch viele Betroffene kommen zunächst nicht in einer passenden Einrichtung unter, wie Sieg berichtet: „Wenn junge Menschen akut nach Pflegeplätzen suchen, bleiben sie oft im Seniorenbereich hängen.“ Nicht zuletzt, weil Angebote der Jungen Pflege oft einfach noch zu unbekannt seien.

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Auch der 39-jährige Sascha Eichhorn lebte nach seinem Schlaganfall, durch den er halbseitig gelähmt ist und ihm das sprechen schwerfällt, gut drei Jahre in einem Seniorenheim. Seit rund zwei Monaten wohnt er jedoch jetzt in der Heimstatt, wo es ihm deutlich besser gefällt: „Mir geht es gut hier“, betont er und möchte lieber nicht an die Zeit in der Seniorenpflege zurückdenken.

Das Konzept unterscheidet sich stark von der Seniorenpflege

Das Konzept für die Junge Pflege unterscheidet sich stark, weil die Bewohner deutlich länger in einer Einrichtung leben als Senioren. Daher setze das Elisabeth-Groß-Haus bei den jüngeren Menschen ganz andere Schwerpunkte, so Ursula Sieg: „In der jungen Pflege geht es stärker als im Seniorenbereich um die Förderung von Ressourcen.“ Bewohner erstellen gemeinsam mit den Mitarbeitern einen Wochenplan und entscheiden, ob und wann es Kaffee, Rätselrunden oder Kosmetikbehandlungen gibt.

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Vor Corona ging es etwa zusammen ins Restaurant oder auf ein Konzert. Jetzt wird verstärkt im neu angelegten Garten gespielt und gesungen, inzwischen gibt es auch einen Bewohnerchor.

Das Ziel ist eine größtmögliche Eigenständigkeit

Für die jungen, pflegebedürftigen Bewohner des Elisabeth-Groß-Hauses in Duisburg-Vierlinden gehören Konzerte dazu, wie im August, als Freiwilligendienstlerin Defne Bagbasi verabschiedet wurde.
Für die jungen, pflegebedürftigen Bewohner des Elisabeth-Groß-Hauses in Duisburg-Vierlinden gehören Konzerte dazu, wie im August, als Freiwilligendienstlerin Defne Bagbasi verabschiedet wurde. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Gefördert werde, trotz körperlicher Einschränkungen, eine größtmögliche Eigenständigkeit. Das fängt damit am, dass sich die Pflegebedürftigen morgens noch selbst die Brötchen schmieren und selbst in den Garten fahren wollen – „was mit den Rollstühlen und der oftmals halbseitigen Körperlähmung gar nicht so einfach ist.“

Doch gerade dieses Mitspracherecht und diese Eigenständigkeit ist den Betroffenen aber sehr wichtig – daher plädiert Ursula Sieg dafür, dass etwa Rehabilitationseinrichtungen mehr auf das Konzept der Jungen Pflege aufmerksam machen.

>> Zusätzlich 44 Pflegeplätze im Seniorenbereich

  • Das Elisabeth-Groß-Haus in Duisburg-Vierlinden (Josefstraße 5) wurde 2007 eröffnet.
  • Neben den 14 Bewohnern der Wohngruppe „Junge Pflege“ gibt es in der Pflegeeinrichtung auch einen ein Seniorenwohnbereich mit 44 Plätzen.
  • Weitere Informationen über die Heimstatt St. Barbara, ihre Einrichtungen und Angebote gibt es auf www.heimstatt-stbarbara.de