Duisburg-Hamborn. Der Suchthilfeverbund Duisburg baut eine neue Anlauf- und Kontaktstelle neben dem Hamborner Rathaus auf. Dennoch fehlen Angebote für die Szene.

Das Hamborner Rathaus und der Altmarkt gelten als Brennpunkt der Drogenszene. Daher entsteht dort, direkt neben dem Rathaus, aktuell ein neues Suchthilfezentrum. Dessen Träger, der Suchthilfeverbund Duisburg, wird dort seine bisherigen Angebote im Stadtnorden zusammenziehen und um weitere ergänzen. Er betreibt das neue Zentrum als Kontakt- und Anlaufstelle für Betroffene.

In der ersten Etage dieses Wohnhauses in Duisburg-Hamborn zieht der Suchthilfeverbund ein. Im Oktober soll eröffnet werden.
In der ersten Etage dieses Wohnhauses in Duisburg-Hamborn zieht der Suchthilfeverbund ein. Im Oktober soll eröffnet werden. © Tanja Pickartz

Dorthin umziehen wird die Drogenberatung von der Kaiser-Wilhelm-Straße in Marxloh. „Die Menschen, die zu uns kommen, sind vielfach alkoholabhängig“, sagt Sozialarbeiterin Nicole Nelskamp. Zu ihr kommen Duisburger aus allen Schichten, von Arbeitslosen über Studenten, Angestellten und betuchten Selbstständigen. Das soll auch am künftigen Standort so bleiben. Solange die Renovierungsarbeiten in der ersten Etage des Wohnhauses laufen, braucht Nelskamp jedoch noch Phantasie, um sich ihre neue Arbeitsstelle vorzustellen.

Drogenberater und Streetworker sind in Hamborn unter einem Dach

Die beiden Geschäftsführer des Suchthilfeverbunds, Mustafa Arslan und Dita Gomfers, haben aber eine genaue Vorstellung und wollen im Oktober eröffnen. Durch den Umzug nach Hamborn vergrößert sich der Verein im Bezirk auf nun 270 Quadratmeter zuzüglich großer Terrasse.

Die Rathausstraße 2 wird neben der Beratungsstelle auch die neue Heimat der Streetworker, die – ganz niederschwellig – aufsuchende Sozialarbeit im Norden betreiben und für Süchtige passgenaue Angebote machen. Betroffene haben aber auch die Möglichkeit, sich im neuen Zentrum zu duschen, bekommen frische Unterwäsche, Getränke und können Waschmaschinen benutzen. Auch saubere Spritzen werden ausgeteilt und bei Behördengängen begleitet. Zudem wird das befristete Projekt „Streetwork Osteuropa“ angesiedelt. Es hilft Osteuropäern, vor allem aus Polen, unter anderem eine Unterkunft oder einen Job zu finden.

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Osteuropäer sind mit falschen Erwartungen nach Duisburg gekommen

Doch Hilfe gibt es durch das Projekt für die Osteuropäer auch, wenn sie aus einem EU-Land mit falschen Erwartungen nach Deutschland gekommen sind, in die Sucht abstürzten, aber eigentlich zurück in die Heimat wollen. „Die Menschen sind hier, da können wir uns nicht wegducken“, betont Dita Gomfers und verweist auf sehr kontrovers geführte Diskussionen in vielen Stadtverwaltungen. Demnach befürchtet man in vielen Rathäusern, dass karitative Unterstützung für Polen, Rumänen oder Bulgaren erst Anreize schaffen, nach Deutschland zu kommen. Gomfers widerspricht: „Die Erfahrungen in München, Berlin und Köln zeigen, ein Sogeffekt oder ein dauerhaftes Heimatgefühl wird durch dieses humanitäre Angebot nicht entstehen.“

Ab Oktober beginnt der Suchthilfeverbund in Hamborn auch mit dem Landesprojekt „GeSucht: Wohnraum“, bei dem die aufsuchende Suchtarbeit noch enger mit anderen Akteuren rund um die Wohnungslosenhilfe zusammenarbeiten wird. „Wir sind aber keine Wohnungslosenhilfe“, so Gomfers. Doch Obdachlosigkeit gehe oft mit Alkohol- und Drogensucht einher, und daher will der Verbund sein Netzwerk im Bezirk jetzt noch ausbauen.

„Duisburger Trinker- und Drogenszene ist nicht besonders auffällig“

So sehr Gomfers Rauschgiftsüchtigen auch helfen möchte, bei dem, was in Hamborn erreicht werden kann, bleibt sie realistisch: „Wir haben nicht den Anspruch, dass alles gut wird, nur weil wir jetzt hier sind. Wir können die Szene in Hamborn nicht auflösen.“ Die sei jedoch, ergänzt Mustafa Arslan, weniger schlimm als ihr Ruf. „In allen sieben Bezirken gibt es eine Trinker- und Drogenszene, aber in Duisburg ist sie eigentlich nicht besonders auffällig.“ Das sei in Essen oder Düsseldorf schon anders.

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Allerdings seien die Bedingungen in Duisburg für Betroffene besonders schlecht, so Arslan: „Wir brauchen dringend einen Druckraum“, wo durch sterile Spritzen und Einweghandschuhe, also mit mit geringerem Gesundheitsrisiko, harte Drogen gespritzt werden können. Zudem fordert Arslan für Duisburg auch eine Substitutionsambulanz, wie es sie etwa in Düsseldorf gibt. Dort können Abhängige Ersatzstoffe wie Methadon verabreicht bekommen, was den Entzug unterstützt.

In Duisburg fehlen Druckraum und Notschlafstelle

Helfen müsse man darüber hinaus auch den suchtkranken Obdachlosen in Hamborn. „Wir haben einen Winter vor uns und es gibt noch kein Konzept“, so Arslan. Helfen könne eine professionelle Notschlafstelle, die über die Schlafcontainer am Petershof hinausgehen müsse. Dem durch Spenden und Fördergeld finanziertem Verbund, würden dafür aber die Mittel fehlen.

Doch auch ohne Druckraum oder Notschlafstelle, davon sind Mustafa Arslan, Dita Gomfers und Nicole Nelskamp fest überzeugt, wird das neue Suchthilfezentrum Nord vielen Suchtkranken helfen können.

>> SPENDENAUFRUF ZUGUNSTEN SUCHTKRANKER MENSCHEN

  • Das neue Zentrum an der Rathausstraße wird mit sieben von insgesamt 24 Mitarbeitern der größte Standort des Suchthilfeverbunds Duisburg.
  • Die übrigen drei Standorte inklusive der Geschäftsstelle sind in der Duisburger Innenstadt, wo jugendliche Betroffene, aber auch Drogenabhängige beraten werden. Die Streetworker aus der Stadtmitte sitzen an der Gutenbergstraße.
  • Beim Aufbau des neuen Zentrums bittet der Suchthilfeverbund um Spenden, von Geld über haltbare Lebensmittel, Hygieneartikel, Notfallbekleidung oder Leckerlis für Hunde. Auskunft erteilt Lisa Marie Kröll an der Gutenbergstraße 24 in der Altstadt, 0203 60012128 oder 0172 3156465, Mail: l.kroell@suchthilfeverbund-duisburg.de