Duisburg-Bruckhausen. Vor 33 Jahren entschied sich Schwester Ulrike bewusst dazu, unter den Armen zu leben, und ging nach Bruckhausen. Jetzt wartet der Ruhestand.
Das Geschirr hat sie verschenkt, die persönliche Habe ist gepackt, die Wohnung schon halb ausgeräumt. Am kommenden Montag verlässt Schwester Ulrike Trabold von den Hiltruper Missionsschwestern Bruckhausen nach 33 Jahren. Der Entschluss ist ihr nicht leicht gefallen, und auch ihre Nachbarn im Stadtteil lassen sie ungern gehen – davon zeugen die kleinen Geschenke und Abschiedskarten auf ihrem Tisch. Die rührenden Dankesworte sind teilweise in dem Deutsch verfasst, das Schwester Ulrike den Schreiberinnen einst in der Hausaufgabenhilfe selber beigebracht hat.
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Schwester Ulrike hat sich 1962 für ein Leben als Ordensfrau entschieden. Sie hat dann in einem Kinderheim, als Lehrerin und in einem Tagungshaus gearbeitet. „Wir machten da so eine Arbeitsgruppe zum Thema Armut in Deutschland. Dann gab es von der Leitung her die Anfrage, wer sich vorstellen könnte, konkret unter den Armen zu leben“, erzählt sie. Sie hob ihre Hand, genau wie zwei Mitschwestern, und bald darauf kamen die drei nach Bruckhausen. „Die Leute hier haben sich so über uns gefreut, das werde ich nie vergessen“, erinnert sie sich.
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Bruckhausen: Schwester Ulrike half in 1000 kleinen und größeren Nöten
Der inzwischen verstorbene Prämonstratenser Pater Rainer van Dorn nahm sie in Empfang. „Guck dich in Ruhe um und dann sagst du mir, wo du dich engagieren willst“, ließ er ihr die Freiheit. Sie wählte das Jugendheim und die Arbeit mit den Kindern. Und fuhr all die Jahre mit dem Fahrrad von der Wohnung in der Schulstraße in Bruckhausen zu ihrem Einsatzort in der Ostackergemeinde St. Franziskus. Sie lehrte die Kinder und spielte mit ihnen, wie sie es schon immer gerne getan hatte. Und sie lernte die Eltern und Familien kennen, half in 1000 kleinen und größeren Nöten, genoss die Gastfreundschaft und lebte mitten unter ihnen.
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Beim Runden Tisch Bruckhausen freute sie sich, wenn sie etwas für den Stadtteil bewegen konnte. „Die Kirche darf sich jetzt nicht von den Menschen zurückziehen, auch wenn die nicht mehr so in den Gottesdienst kommen wie früher“, sagt sie. Und das kommt von Herzen. Deshalb steht ihre Schelle auch nie still. Manche kommen mit Abschiedsgrüßen, andere mit Fragen. Ob sie bitte zehn Euro für ein nötiges Medikament geben könne? „Ich gehe bald weg, deshalb kann ich jetzt etwas großzügiger sein“, sagt sie fast entschuldigend und gibt der Besucherin das Geld. „Ich bewundere diese Frau, sie hat manchmal nichts zu essen und macht doch immer weiter“, sagt sie hinterher.
Die Corona-Pandemie hat Schwester Ulrike zum Nachdenken gebracht
Ans Aufhören dachte sie eigentlich nie, auch nicht, als ihre Mitschwestern abberufen wurden. Sie hatte einfach zu viel zu tun. Dann kam Corona, und es gab mehr Zeit zum Nachdenken. Dabei bemerkte sie plötzlich ihr Alter und erschrak. Sie ist Jahrgang 1937 und machte sich klar, dass es doch Zeit für den Ruhestand wird. Dazu wird sie im Hiltruper Mutterhaus in Münster in eine von mehreren kleinen Lebensgemeinschaften ziehen. Dort freut man sich schon auf sie. „Bei unserem Mittagstisch für die Bedürftigen brauche ich dringend eine Ablösung, du hilfst mir doch, oder?“, hat eine Mitschwester sie gebeten. Schwester Ulrike wird wohl weiter mitten unter den Armen bleiben, wo sie hingehört.