Duisburg-Walsum. Auf dem Walsumer Kometenplatz schweben orangefarbene Tücher zwischen den Bäumen. Was dahinter steckt und warum noch mehr öffentliche Kunst folgt.
Die Farbe Orange kann Warnsignal sein, grell und laut. Gleichzeitig ziert sie die Kutten tibetanischer Mönche, verkörpert dort Ruhe und Frieden. Eine zweideutige Farbe, ebenso zweideutig wie das Kunstwerk, das am Mittwochmittag auf dem Walsumer Kometenplatz entsteht. Entworfen hat es Mila Langbehn, die nun von unten dabei zusieht, wie Männer auf einem Hubwagen orangefarbene Tücher zwischen die Baumkronen hängen. Acht Wochen lang ziert die Installation nun den Bereich zwischen den Kastanien – und reflektiert das Leben während und mit der Corona-Pandemie.
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Die Zweideutigkeit des Werks tritt dann zu Tage, wenn es aus verschiedenen Perspektiven betrachtet wird. Guckt man etwa aus Richtung Friedrich-Ebert-Straße auf die Baumreihen, bilden die parallel zueinander hängenden Tücher eine trennende Linie durch das Blätterdach. Tritt man jedoch hinein und richtet den Blick nach oben, sind die Tücher auf einmal ganz klein. Das dichte Laub der Bäume gewinnt wieder die Oberhand. „Die trennenden Tücher werden zur Nebensache“, erklärt Mila Langbehn den Effekt, der ihr Kunstwerk mit dem Titel „...geteilt...“ so ambivalent macht.
Kunstwerk auf dem Walsumer Kometenplatz stößt auf Interesse
Als ambivalent empfindet die Duisburgerin auch die Corona-Pandemie: „Es gibt viele trennende Regeln. Andererseits lassen sich Freunde und Familien, Menschen, die sich lieben, nicht so leicht trennen. An einem Kunstwerk kann man das schön veranschaulichen.“ Ein tiefer Sinn, den aber nicht nur kunstaffine Menschen verstehen: Als während des Aufbaus ein kleiner Junge mit seinem Fahrrad anhält und neugierig fragt, hat die Künstlerin keine Mühe, ihm ihr Werk zu erklären.
Mit seiner Neugier ist der Junge nicht allein. Die leuchtenden Tücher wecken bisher reges Interesse. „Ich wurde in den vergangenen Tagen dutzende Male von Anwohnern und Passanten angesprochen“, sagt Langbehn. Ist der Aufbau abgeschlossen und sie selbst nicht mehr vor Ort, soll eine kleine Infotafel die Hintergründe erläutern.
Wichtig ist Langbehn auch die Umweltverträglichkeit ihrer Kunst. Um die Bäume nicht zu verletzen, wurden die tragenden Seile in spezielle Baumschoner gehüllt. Und die Tücher sollen, nach Ablauf der acht Wochen, zwecks Recycling weiterverwendet werden, erklärt sie: „Vielleicht hat ja eine Kita daran Interesse, man könnte daraus zum Beispiel Zelte basteln.“
Vor allen Duisburger Bezirksämter entstehen öffentliche „Galerien“
Mila Langbehn hat sich den Standort Kometenplatz ausgesucht, noch bevor ihr die Idee mit den Tüchern kam. „Ich muss mir einen Ort oft und lange ansehen, bevor ich weiß, was dort entstehen soll.“ Die Kastanienreihen haben es ihr angetan, denn „die Bäume bilden hier einen eigenen, von Laub überdachten Raum. Der Standort war konkurrenzlos“, sagt sie zu ihrer Wahl, die auch jedes andere Rathaus in Duisburg hätte treffen können.
Denn nicht nur in Walsum, sondern vor allen sieben Bezirksämtern der Stadt entsteht in den kommenden Wochen Kunst im öffentlichen Raum. Zum einen möchte sich die Verwaltung damit bei den Bürgern für ihre bisherige Disziplin und Umsicht während der Pandemie bedanken. Zum anderen will sie Kunst wieder erlebbar machen, nachdem auch das kulturelle Leben zwischenzeitlich ganz zum Erliegen kam und auch jetzt noch eingeschränkt ist.
Den Anfang markierte bereits der Bezirk Meiderich/Beeck. Den Bereich vor dem Rathaus an der Von-der-Mark-Straße ziert seit einigen Tagen ein großes dreidimensionales Street-Art-Motiv mit dem Titel „Baut Brücken, keine Mauern!“. Gestaltet haben es die Künstlerin Marion Ruthardt und ihr Malpartner Gregor Wosik.
Stadt Duisburg betont Bedeutung von Kunst im Leben der Menschen
Das Motiv mit zwei sich berührenden Händen soll zeigen, dass Menschen besonders in schwierigen Zeiten am weitesten kommen, wenn sie zusammen halten. „Wir haben beiden Händen eine unterschiedliche Hautfarbe gegeben, auch als ein Zeichen gegen Rassismus“, ergänzt Künstlerin Ruthardt zur Bedeutung ihres Werks. Außerdem besonders: Passanten haben die Möglichkeit, das Bild zu betreten und so selbst ein Teil von diesem zu werden.
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Die stadtweite Aktion hat Projektleiterin Ute Schramke organisiert. Schramke betont die Bedeutung von Kunst und Kultur im Leben der Menschen: „Es reicht nicht, in einer Krisenzeit Kunstwerke einfach nur virtuell zu erleben. Nichts kann die echte Begegnung mit dem Kunstwerk ersetzen. Deshalb haben wir als Stadt bewusst den öffentlichen Raum als ’Galerie’ gewählt. Bei der Besichtigung können alle vorgegebenen Abstandsregeln eingehalten werden.“