Duisburg-Overbruch. Die Duisburger Gaststätte „Am Rubbert“ existiert seit etwa 500 Jahren. Das Walsumer Hotel und seine vielen Wirte haben wilde Zeiten erlebt.
Die „Französische Mary“ ist Walsums bekannteste Empfangsdame. In der Stube des Wirtshauses „Am Rubbert“ begrüßt sie auf einem Gemälde jeden einzelnen Gast. Mehr als 250 Jahre ist das Kunstwerk alt, doch noch viel älter ist das Hotel selbst: Schon im Jahr 1522 wird der „Rubbert“ erstmals urkundlich erwähnt und könnte durchaus Duisburgs älteste erhaltene Gaststätte sein. Die Wirte haben fünf teilweise wilde Jahrhunderte erlebt, mussten oft auch auf der Hut sein: Lange trieben Räuberbanden in der Gegend ihr Unwesen und machten auch vor dem Hotel nicht Halt.
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Bereits 1522 wird das Haus als Herberge bezeichnet – möglicherweise wurde es zu diesem Zweck auch gebaut. Dafür spricht vor allem die Lage: „Dort kreuzten sich zwei wichtige Straßen“, erklärt Helmut Schorsch vom Heimatverein Walsum, in dessen Archiv dem Hotel ein ganzer Aktenordner gewidmet ist. Die heutige Heerstraße war damals die Verbindung von Wesel über Duisburg nach Düsseldorf, während die Konrad-Adenauer-Straße (damals Mühlenweg) zu zwei Windmühlen und zum Rhein führte.
Walsum: Wirte des „Rubbert“ waren noch echte Selbstversorger
Die verkehrsgünstige Lage bescherte dem „Rubbert“ nicht nur viele Gäste. Sie machte die Herberge auch zum Umschlagplatz für allerlei Güter. Auf regelmäßig stattfindenden Märkten wurden Vieh, Getreide und Mehl gehandelt, bei Auktionen Weiden und sogar Häuser versteigert.
Die Wirte waren noch echte Selbstversorger. Was die Gäste tranken und aßen, kam auch von dort. Nach einem Dokument aus dem Jahr 1752 gehörte zum Haus eine Bier- und Schnapsbrennerei. Im Stall hielt man eigenes Vieh. Und sogar die Seife, mit der sich die Gäste waschen konnten, kam aus hauseigener Produktion.
Im 18. Jahrhundert wurde beim „Rubbert“ auch Wegegeld kassiert. 1772 hatte der Schöffe van Doorn aus Hamborn diese Aufgabe inne. Vorbeiziehende Händler mussten an einem Schlagbaum anhalten und zahlen, leisteten mitunter aber Widerstand. So ist etwa bekannt, dass einmal Schweinetreiber handgreiflich wurden. Um nicht verprügelt zu werden, musste van Doorn sich zurückziehen.
Räuber aus Krefeld misshandelten den Wirt und töteten sein Kind
Beim Rubbert gab es etwas zu holen. Das wussten auch die Räuber aus der Umgebung, weshalb sie das Hotel immer wieder ins Visier nahmen. Und sie hatten leichtes Spiel, weiß Helmut Schorsch: „Damals hat sich keiner um den anderen gekümmert.“ 1795 überfiel die Bande des Johannes Bruck aus Krefeld das Haus. Die Männer gingen äußerst brutal vor und beließen es nicht beim Plündern: Den Wirt Weyer misshandelten sie auf das Schlimmste, schließlich töteten sie sein siebenjähriges Kind.
Die „Französische Mary“ erbeuteten sie nicht – vermutlich hatte das Schild mit dem Gemälde damals keinen Wert. Es stammt aus dem Jahr 1753, der Name des Künstlers ist nicht bekannt. Auch die Identität der darauf abgebildeten Dame ist nicht gänzlich geklärt. Es könnte sein, dass es sich um eine der Wirtinnen handelt. Dafür spricht, dass im 18. Jahrhundert auch vom „Marien-Haus“ die Rede war, wenn es um den „Rubbert“ ging. Eine andere Theorie geht davon aus, dass es sich um Maria, Ehefrau Ludwigs XV. und Königin von Frankreich, handelt. Französisch galt damals als vornehm und stand einer Gaststätte somit gut zu Gesicht.
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Das Haus in seiner heutigen Form wurde 1820 errichtet. Teile des alten Fachwerkhauses verwendete man nach dessen Abriss aber wieder. Weil Baumaterial teuer war, fanden die alten Eichenbalken auch im Neubau Verwendung. „Noch heute lässt sich kein normaler Nagel dort hineinschlagen“, sagt Schorsch.
Familie Gervers führt das Hotel „Am Rubbert“ seit dem Jahr 1888
Koopmann, Weyer, Weber – viele Wirte des „Rubbert“ sind namentlich bekannt. Seit 1888 hat sich der Familienname jedoch nicht mehr geändert. In jenem Jahr übernahm August Gervers die Gaststätte. Seine Nachfahren führen sie noch immer.
Familie Gervers etablierte das Gasthaus auch als Ort für große Feiern. Sie führte die Septemberkirmes fort, die es seit 1856 gab. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg fanden außerdem Fastnachtsbälle statt. Heute lockt Duisburgs wohl ältestes Gasthaus mit Kegelbahn und vier Festsälen – Angst vor Räubern und wütenden Schweinetreibern haben weder Wirt noch Gäste.