Duisburg-Meiderich. Vor der Industrialisierung prägten viele Bauernhöfe die Meidericher Landschaft. Hobbyhistoriker Dieter Lesemann untersucht ihre Geschichte.
Lange bevor Meiderich Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem Teil dessen wurde, was das Ruhrgebiet ausmacht, nämlich die Kohle- und Stahlindustrie, prägte etwas anderes das Landschaftsbild: Bauernhof an Bauernhof. Der Duisburger Stadtteilhistoriker Dieter Lesemann hat sich mit ihrer Geschichte befasst und 25 Gebäude in Meiderich als ehemalige Höfe ausgemacht – um die ranken sich so manche Legenden.
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Die Historie Meiderichs reicht jedoch noch weiter zurück. „Menschen lebten schon vor über 5000 Jahren hier, also seit der Jungsteinzeit“, erläutert Lesemann. Die erste urkundliche Erwähnung eines Hofs gehe auf das neunte Jahrhundert zurück. „Man muss sich Meiderich vor der Industrialisierung als riesige Fläche vorstellen. Zeitweise standen hier bis zu 140 Höfe, von denen die meisten allerdings nur der Ernährung der eigenen Familie dienten. Wochenmärkte gab es erst im 19. Jahrhundert.“ Einige Höfe verschrieben sich nicht nur der Landwirtschaft: „Manche waren auch Webereien oder dort wurden Ziegel gebrannt“, weiß Lesemann.
Lage am Rhein ideal für Schwerindustrie
Als Eisenbahn, Kanalsysteme und letztlich rauchende Schlote Einzug erhielten in Meiderich, war es vorbei mit der ländlichen Idylle. Die ersten Zechen und Stahlwerke entstanden vor 170 Jahren. „Das große Kohlevorkommen und die Nähe zum Rhein waren ideal für die Ansiedlung von Schwerindustrie“, sagt Lesemann. Und die brauchte Platz: „Die Bauern wurden häufig enteignet, aber immer entschädigt. Die meisten haben aber freiwillig ihr Land verkauft, weil die Preise gut waren. Manch einer hat sein Haus dann zur Villa umgebaut.“
Heute sind noch 25 Gebäude in Meiderich auf ehemalige Höfe zurückzuführen. Die meisten sind inzwischen Wohnhäuser, der letzte Hof war der Giesenhof, der 1966 schloss. Der einzige, auf dem noch Landwirtschaft betrieben wird, ist der Ingenhammshof. Über den einen oder anderen Hof gibt es so manche Gruselgeschichte, etwa „Buschmanns Mirakel“ aus dem 15. Jahrhundert. „Die Leute trafen sich abends auf ihren Höfen und wollten eben was zu reden haben“, sagt der Hobby-Historiker.
Interesse Lesemanns entstand schon zu Schulzeiten
Lesemanns Interesse an der Meidericher Geschichte begann bereits zu Schulzeiten: Sein damaliger Geschichtslehrer Hermann Peter Romberg verstand es, Geschichte und Gegenwart miteinander zu vereinen. Er zeigte den Schülern ein Bild des Ingenhammshof im heutigen Landschaftspark – der damals noch bewirtschaftet wurde – im Vordergrund und die Hochöfen der Gießerei im Hintergrund. Das Motiv bildete den Einstieg in das Thema Industrialisierung im Unterricht und in Lesemanns Beschäftigung mit der Historie seines Stadtteils.
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„Nur ein kleinerer Teil der Meidericher stammt von hier, der Großteil ist zugezogen. Ich möchte auch diese Leute für die Geschichte des Stadtteils begeistern“, so Lesemann. Seit rund vier Jahren erforscht der pensionierte Geschichtslehrer die ehemaligen Höfe Meiderichs. „Ich habe viel Literatur zusammengetragen, alte Karten untersucht und auch mit den Bewohnern gesprochen, um etwas über die Höfe zu erfahren.“ Seine Ergebnisse will er in einem Buch veröffentlichen.
Unterstützt wird das Projekt durch die Bürgerstiftung Duisburg und die GLS Treuhand, die insgesamt 18 Stadtteilhistoriker im Ruhrgebiet bei ihren Forschungen begleiten. Sechs von ihnen stammen aus Duisburg. Lesemann will sein Projekt noch ausweiten: Er hat eine dreistündige Radtour erstellt, die von Hof zu Hof führt.