Meiderich. Bei einer Sommertour anlässlich der Duisburger Umwelttage haben 50 Interessierte eine Runde durch den wilden Landschaftspark Nord gedreht.

Bei einem Insektenführung entlang der Alten Emscher hat Tobias Rautenberg 50 Naturfreunden den Landschaftspark Nord als eine der artenreichsten Stellen im westlichen Ruhrgebiet präsentiert. Wer die richtigen Orte kennt, kann dort zwischen alten Industrieanlagen und flachen Gewässern 35 der etwa 60 in NRW vorkommenden Libellenarten aufspüren.

An manchen Tagen mag der studierte Biogeograph Rautenberg die Kollegen beneiden, deren Sommer-Führungen Biotope mit verlässlich ortsgebundeneren Lebensformen wie Bäume und Sträucher erläutern. Bei Faltern, Libellen und Schrecken muss einem das Glück schon hold sein. Aber Rautenberg, der bei der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet arbeitet, ist geübt in Feld und Flur und hat für alle Fälle einen Kescher dabei.

Mit dem Kescher unterwegs

Seltene Tiere

2017 entdeckte Tobias Rautenberg unter einem Stein im Landschaftspark eine sehr seltene Ameisengrille.

Die winzige, pummelige Langfühlerchreckenart lebt unauffällig in der Nähe von Ameisennestern von den Vorräten der Ameisen. Deshalb sind die gehörlosen Tiere noch nicht besonders gut erforscht. Dabei sind sie spannende Wesen, sie pflanzen sich per Jungfernzeugung fort und verzichten komplett auf ein männliches Geschlecht.

An der Biologischen Station vorbei geht es durch einen Tunnel unter einem riesigen Rohr entlang, über die Eisenbahnschienen hinweg und hinab zur Alten Emscher. Dort riecht es aus den Entlüftungen der unterirdisch verlegten Abwasserleitung leicht faulig. Aber das Bild des ruhigen Gewässers mit dem Rohrkolbenbewuchs ist ausgesprochen lieblich.

An einer offenen Stelle des Hangs wird Rautenberg fündig. „Da haben wir ja die späte Adonislibelle, auch zarte Rubinjungfer genannt“, freut er sich. Flugs ist ein Pärchen der grazilen scharlachroten Libellenart gefangen und im Beobachtungsglas eingeschlossen. Die zwei schickten sich gerade zur Paarung an und waren daher bei der Flucht etwas behindert. Das Männchen umklammert das Weibchen schon hinter dem Kopf und versucht es in die richtige Position für ein Paarungsrad zu bringen. „Der hat noch nicht kapiert, dass es dafür in dem Glas etwas zu eng ist“, weiß der insektenkundige Führer.

Ruhige Hand fürs Fotografieren nötig

Eine Adonislibelle.
Eine Adonislibelle. © WAZ FotoPool | Ute Gabriel

Teilnehmerin Ulla Böing versucht, durch ihr langes Teleobjektiv eine freie Libelle abzulichten, die sich auf einem Halm niedergelassen hat. Sie seufzt. „Das Fokussieren ist richtig schwierig, ich hätte ein Stativ mitnehmen sollen und ich habe keine Makrolinse“, sagt die geübte Hobbyfotografin, die sonst eher Vögel fotografiert.

Rautenberg hat die Libellen aus dem Beobachtungsglas entlassen und stattdessen einen Hauhechelblauling erhascht. Der kleine Schmetterling ist aber eher bräunlich mit orangem Flügelbändern. „Das kommt daher, dass es ein Weibchen ist, die sind weniger blau als die Männchen“, sagt er durchaus ernsthaft. So sei es doch auch meistens bei den Menschen finden die Teilnehmer und kichern leise.

Großes Ochsenauge flattert vorbei

Da flattert gerade das große Ochsenauge auf. Die Königslibelle verjagt alle anderen Arten von ihrem Teich. Manche Libellen bohren ihre Eier in einen Weidenast, andere werfen sie einfach im Flug über dem Wasser ab, andere tauchen immer wieder den Hinterleib ein oder legen sie in den feuchten Schlamm. „Das sind ja wirklich sehr viele Informationen und neue Eindrücke auf einmal“, sagt Ursula Bremmer, „mir schwirrt ein bisschen der Kopf, als hätte ich da auch Libellen drin.“

Bei der Tour handelte es sich um ein Angebot der Volkshochschule Duisburg. Sie bietet im Sommer regelmäßig naturkundliche Wanderungen durch die heimischen Biotope an.