Alt-Hamborn. . Auch in der Friedenskirche in Alt-Hamborn wird das Lieblings-Weihnachtslied der Deutschen heute bei allen drei Gottesdiensten erklingen.
Das Lied mit der Nummer 46 im Gesangbuch wird am heutigen Heiligabend in der Friedenskirche am Rande der Duisburger Straße gleich mehrmals erklingen: zum Familiengottesdienst, zur Christvesper und auch in der Christmette um 23 Uhr. Kein Wunder: „Stille Nacht“ ist laut einer Umfrage nicht nur das bekannteste, sondern auch das beliebteste Weihnachtslied der Deutschen. Und am 24. Dezember feiert es seinen 200. Geburtstag.
„Das ist ein inniges und ruhiges Lied, ein Lied zum Lob der Familie“, sagt Peter Stockschläder. Der 59-Jährige, der mit seiner Familie in Walsum lebt, ist Kirchenmusiker der evangelischen Gemeinde Hamborn und Leiter der Kantorei. Er kennt Details zur Geschichte von „Stille Nacht“. Dass es der Dorfschullehrer und Organist Franz Xaver Gruber und der Hilfspfarrer Joseph Mohr komponiert und den Text verfasst haben. Dass es am 24. Dezember 1818 in der Kirche St. Nikola im österreichischen Oberndorf bei Salzburg erstmals gesungen wurde. Und dass es aus der Not heraus geboren wurde. „Die Orgel war kaputt. Da griff der Pfarrer als Begleitung zur Gitarre. Das war der Anfang eines heute weltbekannten Liedes“, erzählt Stockschläder und schmunzelt.
Der Vater dreier Kinder, die zwischen 19 und 24 Jahre alt sind und allesamt in Berlin studieren, mag „Stille Nacht“ selbst gar nicht so besonders. Warum? „Es gibt Fröhlicheres“, begründet er. Weihnachten sei ein Anlass zur Freude. „Und die muss raus. Dafür gibt es aber geeignetere Lieder.“
Sein zweiter kleiner Kritikpunkt: Es gebe Gesangsgut mit theologisch tiefschürfenderen Texten. Und was macht „Stille Nacht“ dann trotzdem so populär? Stockschläder grübelt kurz, ehe er antwortet: „Es müssen nur drei Strophen gesungen werden, es hat eine eingängige Melodie und es folgt einem typischen Wiegelied-Rhythmus.“ Das Wichtigste sei aber: Alle, auch die sporadischen und nur an Heiligabend auftauchenden Kirchgänger, kennen den Text quasi aus dem Kopf.
Genau wie „O du fröhliche“ stimmt die Gemeinde in der Friedenskirche auch „Stille Nacht“ in jedem Jahr zu Weihnachten an. Über die Zusammenstellung des ausgewählten Liedguts für die Gottesdienste steht Stockschläder im ständigen Dialog mit den Pfarrern. „Wir wählen Lieder aus, die am besten zu den Gebeten und den Lesungstexten passen“, so der Kantor. Vier Lieder pro Gottesdienst müssen es mindestens sein. „Zu Weihnachten können es aber bis zu acht werden.“ Auch die Reihenfolge der Lieder sei entscheidend, so Stockschläder. Eine schlecht gewählte könne den Fluss des gesamten Gottesdienstes hindern.
Während er die ersten beiden Gottesdienste oben an der Orgel begleitet, nimmt der Kantor, der im beruflichen Alltag am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium auch als Musiklehrer wirkt, in der Christmette am Flügel Platz. Dieser steht unten im runden Kirchenraum, der 500 Gläubigen Platz bietet. „Die Akustik ist toll. Diese Kirche eignet sich fantastisch für Musik“, so Stockschläder.
Er ist jetzt seit zweieinhalb Jahren Kantor. Und was viele gar nicht wissen: Er ist katholisch. Beeinflusst ihn das in irgendeiner Form in seiner Arbeit? „Aber nein“, antwortet er. „Für mich liegt die Zukunft im Glauben eh in der Ökumene. Irgendwann werden wir wieder von einer Kirche sprechen“, glaubt der Kantor und schiebt mit einem Lächeln hinterher: „Das hoffe ich zumindest.“
Vielleicht geht sein Wunsch ja in Erfüllung. Irgendwann. Vielleicht in einer stillen, heiligen Nacht...