Homberg/Ruhrort. . Bezirksvertretung: Dezernent Tum entschuldigt sich dafür, die Politik so kurzfristig einbestellt zu haben. Weg für Großprojekt geebnet.

Im Homberger Bezirksrathaus fand am Mittwoch, 8 Uhr früh, eine für Ruhrort richtungsweisende Sondersitzung der Bezirksvertretung Homberg/Ruhrort/Baerl statt.

Nach turbulentem Verlauf wurde mehrheitlich der Weg für eine neue Gewerbeansiedlung auf der Mercatorinsel geebnet. Zuvor hatten zahlreiche Bezirksvertreter mutmaßliche Intransparenz der Verwaltung und die kurzfristige Sitzungs-Ansetzung kritisiert.

Auf der Mercatorinsel will die Hafengesellschaft Duisport bis 2019 zwei Werkshallen errichten, die erste soll bereits im November in Betrieb gehen. Details dazu lagen den meisten Bezirksvertretern am Mittwochmorgen freilich nicht vor, was nur ein Grund für reichlich schlechte Stimmung quer durch die Fraktionen war.

Düsseldorf ausgestochen

Hintergrund der Sitzung (wir berichteten): Die Grünen hatten dagegen protestiert, dass am Mittwochnachmittag in einer Sondersitzung des Rates am Burgplatz die Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan Ruhrort/Mercatorinsel geplant war. Ohne vorher die Bezirksvertretung dazu zu hören.

Was nach Einschätzung der Grünen einen Verstoß gegen die Gemeindeordnung NRW darstellen würde.

Daraufhin setzte die Stadt binnen 24 Stunden die Sondersitzung an. Dies sei unglücklich gelaufen, sagte in Homberg der Beigeordnete Carsten Tum in Richtung der Bezirksvertreter, sei aber unumgänglich, um etwaige Formfehler bei der Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses auszuschließen.

SPD-Bezirksvertreter spricht von „Farce“

Heinrich Janßen, Leiter des städtischen Rechtsamtes, der Tum begleitete, nickte. „Dass es so gelaufen ist, bedaure ich“, sagte Tum, „auch hier lernen wir dazu.“

Bernd Thewissen, Bezirksvertreter für die SPD, ließ sich dadurch nicht besänftigen: „Es ist eine Farce, uns innerhalb von 12 Stunden her zu beordern, sie hatten viel Glück, dass es überhaupt geklappt hat“, sagte der Speditionskaufmann, „so etwas müssen wir ja auch erstmal mit unseren Arbeitgebern klären.“

Sein Fraktionsvorsitzender Hans-Gerd Bosch betonte, dass die Fraktion die Pläne der Stadt für die Mercatorinsel begrüße: „Diese Pläne bringen Ruhrort nach vorne.“

Grüne bemängeln Aussagekraft der Beschlussvorlage

Dietmar Beckmann von den Grünen bemängelte die aus seiner Sicht unzureichende Aussagekraft der vorliegenden Beschlussvorlage: „In welcher Größe verbleibt ein Rest an Grün? Welcher Plan? Warum liegt der uns nicht vor?“ kritisierte Beckmann.

Die Antwort der Verwaltung war, dass mit dem Investor über Details Stillschweigen vereinbart worden sei. Für die Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses zur Mercatorinsel stimmte Beckmann anschließend dennoch.

CDU sieht Projekt positiv

Daran hatte die CDU-Fraktion zu keinem Zeitpunkt einen Zweifel gelassen: „Die CDU sieht das Projekt als ein ganz positives Zeichen und begrüßt die Planungen, die 400 bis 500 Arbeitsplätze schaffen sollen“, sagte Stefanie Kreitz. Auch wenn die Stadt sich Gedanken zum Lkw-Verkehr machen müsse: „Der wird dann in Ruhrort noch stärker sein als vorher.“

Im Verlauf der Sitzung wurde mehrfach betont, dass Duisburg den Nachbarn Düsseldorf als Wettbewerber aus dem Rennen werfen könne. Für die Lösung der Verkehrsprobleme sei auch das Forcieren des Projekts „Umgehungsstraße Meiderich“ wichtig.

Bürgerverein beklagt „Aus“ für den Ruhrorter Masterplan 

Die Ruhrorterinnen Nicole Reichel und Susanne Franzen hatten sich – wie andere Bürger auch – vor einigen Tagen bei der Redaktion gemeldet und über die geplante gewerbliche Nutzung der Mercatorinsel geklagt.

Sie kamen am Mittwoch trotz der frühen Stunde in die Sitzung der Bezirksvertretung. Anschließend diskutierten sie den Verlauf mit anderen Gästen und politischen Entscheidern des Bezirks.

„Es geht mir hier gar nicht gegen die Arbeitsplätze“, sagte Nicole Reichel, „sondern darum, dass von der Stadt versucht wurde, das Ganze irgendwie am Bürger vorbei zu mogeln. Sehr bedauerlich.“

FDP: Duisburg auf jeden Arbeitsplatz angewiesen

Der parteilose Bezirksvertreter Wolfgang Bissling, der in der Sitzung zuvor ein „hektisches“ Vorgehen der Stadt kritisiert hatte, stimmte der Ruhrorter Bürgerin zu: „Es wird einfach durchgepeitscht. Der Bürgerverein hat erhebliche Bedenken und wird gar nicht dazu gehört.“

Differenziert zum Thema äußerte sich FDP-Bezirksvertreter Thomas Rangs. Duisburg sei auf jeden Arbeitsplatz angewiesen. Das städtische Procedere vor der Sondersitzung nannte er „dilettantisch“.

Der Vorsitzende des Ruhrorter Bürgervereins, Dirk Grotstollen, war ebenfalls zur Sondersitzung erschienen und diskutierte im Anschluss: „Der Ruhrorter Masterplan war eine Errungenschaft. Er wird jetzt de facto gekippt.“ Bislang sei seitens der Stadt stets eine gemischte Nutzung der Mercatorinsel angestrebt worden: „Grünfläche, Bürogebäude und Gewerbe.“

Grotstollen hätte sich Transparenz gewünscht

Dies sei zielführend für eine positive Entwicklung des Stadtteils gewesen: „Zumal man für die Durchführung des ersten Bauabschnitts – so wie er jetzt geplant ist – den Aufstellungsbeschluss von 2008 gar nicht hätte kippen müssen.“ Er habe sich mehr Transparenz seitens der Stadt gewünscht: „Jetzt hoffe ich, dass wir möglichst schnell umfassend informiert werden.“

Klaus Radny, stellvertretender Bezirksbürgermeister und CDU-Fraktionsvorsitzender, diskutierte vor dem Bezirksrathaus engagiert mit. „Eine solche Chance auf so viele Arbeitsplätze darf man sich als Stadt nicht entgehen lassen“, sagte Radny, „in Bayern würde man das Gewerbe, was auf der Mercatorinsel geplant ist, mit Kusshand nehmen.“

Vor dem Vorwurf der Intransparenz nahm Radny die Kommune in Schutz: „Wenn es eine Verschwiegenheitsklausel gibt, dann hält man sich daran.“