Duisburg. Vor neun Jahren haben Stadtplaner die Vision eines neuen Parks entwickelt. Jetzt steht das 72-Millionen-Euro-Projekt Grüngürtel vor der Vollendung.
Nach neun Jahren ist das Werk vollbracht: Der Grüngürtel Bruckhausen ist Wirklichkeit geworden. Nicht ganz geräuschlos, aber doch letztlich mit breiter Zustimmung der Bevölkerung. Inzwischen lässt sich erahnen, wie der acht Fußballfelder große Park aussehen wird, wenn erstmal alles üppig sprießt. Das erste, zarte Grün ist erkennbar.
Spätestens Ende September dieses Jahres werden die Bauzäune entfernt. Bis dahin laufen noch „Möblierungsarbeiten“, wie die Ausstattung des Parks mit Sitzbänken, Spielgeräten und so weiter von Fachleuten genannt wird. Außerdem fallen noch fünf Gebäude. Danach dürfen die Bürger die durch den Abriss von insgesamt 121 Häusern entstandene Freifläche nutzen. In Marxloh ist das längst geschehen. Auch dort ist ein – allerdings wesentlich kleinerer – Park im Entenviertel am Schwelgernpark entstanden (1,6 Hektar). Auf den Wiesen und Spielflächen tummeln sich insbesondere nachmittags und abends Dutzende Kinder und Erwachsene. Die Entwicklungsgesellschaft Duisburg, die den Grüngürtel mit Fachleuten geplant hat, hofft, dass die neue grüne Lunge Bruckhausens genauso gut angenommen wird.
Widerstand formiert sich
Als die Grüngürtelidee 2006 aufkam, formierte sich in Marxloh rasch Widerstand. Eine Bürgerinitiative verhinderte den großflächigen Häuserabriss. In Bruckhausen war von ablehnender Haltung in der Bevölkerung damals wenig zu spüren, ganz im Gegenteil. Kritik wurde erst viel später laut – überwiegend von Auswärtigen. Anfang 2012 forderten unter anderem Alt-NRW-Bauminister Christoph Zöpel und der Kunst- und Kulturhistoriker Roland Günter („Der Retter der Siedlung Eisenheim“) den Abriss zu stoppen und Bruckhausen zu erhalten – vergeblich.
Das Grüngürtelprojekt
Gesamtfläche: knapp zehn Hektar (Bruckhausen/Beeck: 80.000 qm; Marxloh: 19 000 qm).
Bevölkerung: vor dem Abriss in Bruckhausen 6164 (2006), jetzt 5543 Bewohner.
Kosten: 72 Millionen Euro, finanziert durch Fördermittel von Land, Bund, EU (50 Prozent) und Thyssen-Krupp (50 Prozent).
Umzüge: 291 Haushalte in Bruckhausen, 79 in Beeck, 68 in Marxloh.
Abriss: 121 Objekte in Bruckhausen, 19 Beeck, 19 Marxloh.
Duisburgs Baudezernent Carsten Tum ist sich sicher, dass alle Kritik an dem Gebäudeabriss verstummen wird. Die Lebensqualität der Bewohner des Stadtteils neben dem Thyssen-Krupp-Werk werde deutlich steigen. „Wir werden Besucher begrüßen, die sich ansehen möchten, was im Abrissgebiet entstanden ist und uns fragen: Wie habt ihr das hinbekommen?“ In Bruckhausen sei eine ganz neue Form von Stadtumbau ausprobiert worden, die Tum für ein Erfolgsmodell hält. Unterstützung bekommt er von Minister Michael Groschek – und aus der Bevölkerung. Immer wieder hört man im Ortsteil den Satz: Bruckhausen ist schöner geworden.
Der hügelig gestaltete Park hinter der fast 1000 Meter langen Betonmauer entlang der Kaiser-Wilhelm-Straße ist für nahezu jegliche Freizeitaktivität nutzbar.
Die offizielle Eröffnungsfeier findet statt am 14. Mai 2016.
Die Geschichte des Grüngürtels
Im Herbst 2006 entstand die Idee, einen Grüngürtel entlang der Bruckhausener Kaiser-Wilhelm-Straße zu schaffen. Nachfolgend lassen wir die Geschichte des Grüngürtels noch einmal Revue passieren.
September 2006: Die Idee entsteht, heruntergekommene Häuser in unmittelbarer Nachbarschaft zum Thyssen-Krupp-Werk in Bruckhausen und Marxloh abzureißen, statt sie zu sanieren.
Mai 2007: Die Entwicklungsgesellschaft Duisburg (EG DU) stellt die Grüngürtelpläne öffentlich vor. In Marxloh formiert sich Widerstand. Aus Bruckhausen sind auch kritische Stimmen zu hören, aber nicht so massiv.
August 2007: Die EG DU lenkt nach Bürgerprotesten ein: In Marxloh gibt es nur einen Mini-Grünbereich, in Beeck und Bruckhausen wird auch abgespeckt.
Dezember 2007: Der Rat der Stadt beschließt, dass der verkleinerte Grüngürtel gebaut wird.
Mai 2009: Der erste Häuserabriss startet in Bruckhausen.
April 2010: Der damalige Oberbürgermeister Adolf Sauerland prognostiziert: Mit einem solchen Projekt könne Duisburg in Zukunft glänzen. Das sei eine neue Art des Stadtumbaus.
September 2010: Die Historikerin Katrin Gems macht gegen den Abriss in Bruckhausen Front. Sie bekommt Schützenhilfe vom Stellvertretenden Direktor des LWL-Industriemuseums, Thomas Parent: Nur in Bruckhausen sei das Nebeneinander von Schwerindustrie und Wohnen noch erlebbar.
Januar 2011: Das Oberverwaltungsgericht Münster hat eine Normenkontrolle der Sanierungssatzung abgelehnt, damit wird der Bau des Grüngürtel rechtens.
August 2011: Zu dem Zeitpunkt sind 16 Häuser verschwunden. 70 Prozent der Bauwerke, die fallen sollen, befinden sich allerdings schon in der Hand der Stadt.
Februar 2012: Kulturhistoriker Roland Günter, Retter der Oberhausener Siedlung Eisenheim, fordert, Bruckausen in seiner Gesamtheit zu erhalten – erfolglos.
März 2012: Alt-OB Jupp Krings und Ex-Landesbauminister Christoph Zöpel fordern auch den Abriss-Stopp. Ebenfalls vergeblich.
Juli 2012: Inzwischen sind 50 Häuser verschwunden, 170 sollen es insgesamt werden.
August 2014: Minister Michael Groschek besichtigt Bruckhausen. „Ich spüre, dass die Leute in Bruckhausen das Projekt annehmen“, sagt er.
Dezember 2014: Die Grobarbeiten am Grüngürtel Bruckhausen sind abgeschlossen. Die 1000 Meter langen Lärmschutzmauern stehen, das Parkgelände ist modelliert. 1000 Menschen sind umgezogen. Der Marxloher Grüngürtel ist fertig.
Mai 2015: Jetzt wird der Park bepflanzt: 550 Bäume lässt die Stadt setzen.