Duisburg. 43 Prozent aller Fälle in der Duisburger Selbsthilfe-Kontaktstelle drehen sich um psychische Erkrankungen. Ein Grund: fehlende Ärzte und Therapeuten.

Immer mehr Duisburger leiden offenbar an psychischen Erkrankungen. Die Selbsthilfe-Kontaktstelle vermeldet in ihrem Jahresbericht 2015, dass 43 Prozent aller Anfragen mit psychischen Problemen und Erkrankungen zu tun haben. Der „Depressionsatlas“ der Techniker-Krankenkasse bestätigt den Trend: In Duisburg liegen die Fehltage wegen psychischer Erkrankungen weit über dem Bundesdurchschnitt.

„Wir sind ein Seismograph für gesellschaftliche Entwicklungen“, ordnet Heike Kehl-Herlyn, eine der beiden hauptamtlichen Beraterinnen der Kontaktstelle, die Ergebnisse des Jahresberichtes ein. Die Zunahme der Hilferufe bei psychischen Notlagen begründet sie auch damit, dass mit psychischen Erkrankungen wie Depression oder Burnout „mittlerweile offener umgegangen wird“.

Körperliche Erkrankungen stehen auf Platz 2 der Anfragen

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Zugleich fänden Betroffene offenbar oft keine direkte Hilfe und Termine bei Ärzten oder Therapeuten. „Vielen Menschen ist nicht klar, dass es bei uns in erster Linie um Selbsthilfegruppen geht. Sie rufen an, weil sie ein Problem haben und von unserer Einrichtung gehört haben“, dämpft die zweite Beraterin Anja Hoppermann Erwartungen: „Menschen, die zum Beispiel in akuten psychischen Krisen sind, müssen professionell betreut werden. Damit sind Selbsthilfegruppen, die ja nur aus Betroffenen bestehen, meist überfordert“, ergänzt sie.

Auf Platz zwei der Kontakte stehen die körperlichen Erkrankungen, denn die Kontaktstelle vermittelt auch in Gruppen der Diabetes-Hilfe, der Multiple Sklerose-Gesellschaft oder der Rheuma-Liga. Aber auch soziale Themen (wie z.B. Stalking) oder Suchtgruppen stehen auf der Vermittlungsliste. Insgesamt zählt die Selbsthilfe-Beratungsstelle für das vergangene Jahr 1559 Kontakte mit Ratsuchenden, Selbsthilfegruppen und Facheinrichtungen.

186 Selbsthilfe-Gruppen sind über Kontaktstelle vernetzt

186 Selbsthilfe-Gruppen sind über die Kontaktstelle vernetzt, von A wie Adoptiveltern bis Z wie Zystennieren. Tausende Duisburger sind mithin in Selbsthilfegruppen organisiert. Oft sind sie auch Stimmen von Betroffenen, stehen im öffentlichen Fokus wie beim Krankenhauskeim MRSA.

Neben der Hilfe bei Gruppenneugründungen und der Vermittlung von Interessierten in die Gruppen gehört auch die Unterstützung bestehender Gruppen zur Arbeit der Selbsthilfe-Kontaktstelle. Es gibt Austauschtreffen und eine Fortbildungsreihe für Selbsthilfe-Aktive. Dazu kommt die Öffentlichkeitsarbeit, mit Info-Ständen auf Wochenmärkten oder einer neuen Ausstellung in Apotheken-Schaufenstern.

Auch wenn die Zahl im Vergleich zum Vorjahr konstant geblieben ist, ist doch Bewegung in der Szene: Einige Gruppen haben sich aufgelöst, andere wurden neu gegründet, darunter welche zu Speiseröhrenkrebs, Sucht oder Traumafolgestörung. „Wir unterstützen Betroffene beim Aufbau einer Gruppe“, so Heike Kehl-Herlyn. Sie ist sich sicher: „Selbsthilfegruppen sind aus dem gesellschaftlichen Leben nicht mehr wegzudenken.“

Die Selbsthilfe-Kontaktstelle

Die Selbsthilfe-Kontaktstelle besteht seit 2003, die Geschäftsstelle ist an der Musfeldstraße 161-163. In ihr arbeiten zwei Fachberaterinnen und eine Verwaltungskraft, alle drei mit einer halben Stelle. Weitere Infos: Telefon 0203 - 6099041, www.duisburg.selbsthilfenetz.de.

In diesem Jahr will die Kontaktstelle den 9. Duisburger Selbsthilfetag am 18. Juni organisieren. Im zweiten Halbjahr wird ein Selbsthilfewegweiser mit Kurzbeschreibungen und Kontakten neu aufgelegt.