Duisburg. Der Duisburger Neurologe Dr. Fionn Kurtz informiert über ein Leiden, das alte wie junge Menschen gleichermaßen treffen kann: Depression.

Die gute Nachricht zuerst: Wer an einer Depression erkrankt, hat auch im Alter gute Chancen, davon wieder geheilt zu werden, wenn er behandelt wird. Wenn. Denn die Schlechte lautet: In Duisburg wartet man im Durchschnitt ein Jahr auf einen Therapieplatz beim Psychotherapeuten. Mit diesen und anderen Informationen mehr wartete Dr. Fionn Kurtz, in Stadtmitte niedergelassener Neu­rologe, bei seinem Vortrag über „Depression im Alter“ im Treffpunkt der Arbeiterwohlfahrt an der Braunlager Straße auf.

Rund 50 interessierte Zuhörer verfolgten sein Referat. Danach sind 30 Prozent aller Menschen im Laufe ihres Lebens mindestens einmal von einer Depression betroffen. Nur die altersbedingt anderen Lebensumstände würden die Erkrankung bei alten Menschen von der bei jungen unterscheiden. Hinsichtlich der Anzeichen und der Behandlung gebe es keine Unterschiede.

Vielfältige Anzeichen

Oft liege es an den Lebensumständen, dass die Krankheit auftrete: das Ende des Berufslebens, der Verlust eines Partners oder der Fortzug der Kinder zum Beispiel. „Trauer ist aber keine Krankheit“, warnte der Arzt – im Gegensatz zur Depression. Nur könnten Trauernde in eine Depression rutschen.

So vielfältig wie die Ursachen sind auch die Anzeichen. Sie reichen von Konzentrationsschwierigkeiten über Freudlosigkeit an bis dahin beliebten Beschäftigungen und niedergedrückte Stimmung bis hin zu Hoffnungslosigkeit, Zukunftsängsten, innerer Unruhe, Antriebsverlust, Schlafstörungen, und dem Verlust von Appetit oder sexuellem Verlangen. Im schweren Zustand, so der Neurologe, könnten die Betroffenen ihren Alltag nicht mehr selbst regeln, drohten zu verwahrlosen.

Allerdings gelte es zunächst, bei all diesen Anzeichen andere Erkrankungen wie Parkinson, Demenz, Funktionsstörungen der Schilddrüse, Blutarmut oder eine innere Entzündung auszuschließen. Auch könnten Krankheiten wie Diabetes, Schlaganfall oder Herzinfarkt in eine Depression münden. Sie würden dann die Genesung beeinträchtigen.

Bewegung als Patentrezept

„Nervenzellen können nicht mehr richtig miteinander arbeiten“, antwortete der Arzt auf die Zwischenfrage einer Frau, was denn im Gehirn eines Depressiven nicht mehr funktioniere.

Gewöhnlich, so Kurtz, werde eine Depression in den ersten sechs Monaten mit Medikamenten behandelt. „Sie machen heute nicht mehr abhängig und verändern auch die Persönlichkeit nicht.“ Professionelle Hilfe sei auf jeden Fall nötig. Das ist in der Regel die Psychotherapie, bei der die Lebensumstände des Patienten aufgearbeitet werden. Denn seine Situation sei für Außenstehende oft schwer nachvollziehbar. In schweren Fällen sei eine stationäre Behandlung nötig.

Antriebslosigkeit überwinden

Bei der Wartezeit auf einen Platz beim Therapeuten liege Duisburg mit etwa einem Jahr zwar am bundesweit am unteren Ende. Dafür würden die Krankenkassen im Unterschied zu vielen Nachbarländern die Kosten einer Psychotherapie aber auch unbegrenzt lange übernehmen.

„Bewegung ist aber genauso wirksam wie Medikamente“, lautete am Ende aber ein Vorschlag des Referenten. Wenn es im Laufe der Behandlung gelinge, die Antriebslosigkeit zu überwinden, dann könnten Singen, Tanzen, Sport überhaupt, einen wichtigen Beitrag dazu leisten, vom ständigen Grübeln abzulenken. Leider gebe es die für schwer Betroffene nötige Alltagsbegleitung noch nicht auf Rezept.