Duisburg-Rheinhausen. Elisabeth Liß saß für die SPD schon einmal elf Jahre lang im Stadtrat der Stadt Duisburg. Jetzt will sie Bezirksbürgermeisterin werden.
Den zweideutigen Titel „Der Fall Hanske“ mag Elisabeth Liß nicht. Das klingt nach Strategie, nach Verschwörung gar. Dabei war ihre Wahl zur SPD-Spitzenkandidatin ein ganz normaler, demokratischer Vorgang mit für sie ungewissem Ausgang. „Ich habe mir immer vorgestellt, Bezirksbürgermeisterin ist ein Amt, das mich noch reizt und das ich mir zutraue.“ Niemand habe sie zur Kandidatur animiert, es sei ihr eigener, spontaner Entschluss gewesen. „Da mit Jörg Schormann bei der Wahl noch ein dritter Kandidat angetreten war, hätte das Ergebnis auch anders ausfallen können. Mit nur zwei Stimmen Vorsprung war es auch ein knappes Ergebnis“, erzählt die 64-Jährige. Sie wollte sich auch nicht anmaßen, das Amt besser machen zu können als Astrid Hanske. „Das muss man erst einmal nachmachen“, sagt sie und da schwingt Respekt mit.
Neu in der Politik ist Elisabeth Liß nicht. Seit über 25 Jahren ist sie Mitglied in der SPD, hatte sich zuvor schon gewerkschaftlich engagiert und saß von 2002 bis 2013 im Stadtrat und zuvor Jahre in der Bezirksvertretung. Aufgewachsen ist sie in einem typischen Arbeiterhaushalt, der Vater war Bergmann, später bei Krupp. Das Ringen um den Stahlstandort hat sie wesentlich politisiert und natürlich beeindruckte sie auch eine so charismatische Figur wie Willy Brandt, der Anfang der 70er Jahre unter dem Schlagwort „mehr Demokratie wagen“ zahlreiche Reformen in der Gesellschaft und im Arbeitsleben umsetzte, die uns heute selbstverständlich erscheinen.
2013, nur ein Jahr vor dem Termin der Kommunalwahl, legt sie ihr Ratsmandat nieder, weil ihr die Doppelbelastung von Arbeit und Politik zu viel geworden war. „Man kann nur eins richtig gut machen“, sagt die langjährige Leiterin des Bodelschwingh-Hauses in Bergheim. Durch die Änderung des Pflegegesetzes seien damals die Anforderungen und Verantwortung gestiegen, so dass sie in der Politik einen Schlussstrich ziehen musste. Als sie Anfang des Jahres in den Ruhestand ging, hatte sie angekündigt, sich erneut politisch zu engagieren. Dass sie von null auf hundert durchstarten würde, war ihr damals allerdings noch nicht klar.
Elisabeth Liß: „Ich mag Tante-Emma-Läden“
Bei ihrem Beruf liegt ein Interesse an sozialen Themen nahe. „Auch wenn ich eine Pflegeeinrichtung geleitet habe, bin ich doch der Meinung, dass die Menschen möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung leben sollen“, fordert sie. Um das zu erreichen, müssten aber auch weitreichende Verbesserung im Quartier geschaffen werden, die den Senioren ein möglichst langes selbstständiges Leben ermöglichen, aber auch einer Vereinsamung entgegen wirken. Sie erzählt von einem nachahmenswerten Modellprojekt aus einer anderen Stadt, das über einen reinen Bringdienst hinausgeht. Denn einkaufen bedeutet auch immer das Leben wahrnehmen und mit Menschen sprechen. Mit einem Bus werden dort die Senioren zu einem Supermarkt gefahren, können einkaufen, anschließend im Café zusammensitzen und werden anschließend wieder nach Hause gefahren. „Ich bin auch ein Freund der alten Tante-Emma-Läden.“, stellt sie fest. Es geht ihr aber auch um die Stärkung des Ehrenamtes und die Schaffung von mehr barrierefreien und bezahlbaren Wohnungen für Rentnerinnen.
„Die Notfallpraxis ist wichtig“, sagt die SPD-Spitzenkandidatin
Fragt man sie nach einem Wunsch, der in Erfüllung gehen möge, muss sie nicht lange überlegen, was korrigiert gehört: Die Schließung der KV-Praxis für den ärztlichen Notdienst, die in diesen Tagen wirksam geworden ist. Seit September 2008 hatten die niedergelassenen Ärzte in den Abendstunden, am Mittwoch- und Freitagnachmittag sowie an den Wochenenden und an Feiertagen in Räumen des Johanniter-Krankenhauses ihren Notdienst absolviert.
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Künftig können Patienten entweder zur Notfallpraxis nach Moers ins Bethanien oder über den Rhein zum Bethesda-Krankenhausen in Hochfeld fahren. Beides sind keine guten Alternativen, erst recht nicht für Senioren. Liß geht davon aus, dass die Betroffenen sich für die dritte Alternative entscheiden. „Das führt nur zu einer weiteren Belastung der Notfallambulanz im Krankenhaus, die schon jetzt zu stark belastet ist.“ Notfallambulanz und Notfallpraxis klingt nicht nur ähnlich, vielen fällt auch die Einschätzung schwer, welche Anlaufstelle für ihre Beschwerden zuständig ist.
Wahlkampf lebt von persönlichen Begegnungen. Zwar hätten die Genossen wieder mit Infoständen begonnen, doch wird die Ansprache der Wähler zunehmend virtuell erfolgen müssen. Die Lkw-Belastung ist ein Dauerthema, an dem die Politik beharrlich dranbleiben müsse. Die Osttangente spiele dabei eine zentrale Rolle. Sie sieht Logport auch als Erfolgsgeschichte, die auf dem Krupp-Gelände nach dem Ende des Stahlwerks ihren Ausgangspunkt genommen hat.
Von der Nichte bei Facebook einweisen lassen
Mit Ferdi Seidelt, der vom Popularitätstief der SPD zu profitieren hofft, hat sie einen starken Gegner in der CDU, der über 40 Jahre Erfahrung in der Bezirksvertretung verfügt und hervorragend vernetzt ist. „Er ist nicht zu unterschätzen, aber ich mag ihn gerne. Er hat eine sehr blumige Form der Rede, ist aber immer sehr sachbezogen und konstruktiv“, urteilt sie. Als beratendes Ratsmitglied in der Bezirksvertretung hat sie seine kooperative und konstruktive Art geschätzt.
„Von der Nichte habe ich mich schon mal bei Facebook einweisen lassen.“ Da war sie bislang noch nicht aktiv. „Ich bin eher altmodisch“, sagt sie, was auch für ihre politische Haltung gelte..