Duisburg. Die Bodenschutz-Verordnung soll die Duisburger vor Schwermetallen schützen. Doch an den Einschränkungen für Gartenbesitzer gibt es auch Kritik.
Weil Schwermetalle in der Duisburger Erde schlummern, werden große Teile der Stadtbezirke Mitte und Süd zum Bodenschutzgebiet erklärt. Der Rheinhauser Westen könnte bald folgen. Die Verordnung mit einer Geltungsdauer von 15 Jahren, die der Stadtrat jetzt mit großer Mehrheit (Gegenstimmen der AfD) beschlossen hat, schränkt den Anbau von Gemüse und Obst ein. Dazu gibt es auch kritische Stimmen.
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Auf 13,2 Quadratkilometer summieren sich die Flächen im Stadtgebiet, auf denen erhöhte Schadstoffwerte von Arsen, Blei, Cadmium und Benzo(a)pyren festgestellt wurden. Bis zu 20.000 Grundstücke sind nach Angaben der Stadtverwaltung betroffen. Sie befinden sich in den Ortsteilen Kaßlerfeld, Neuenkamp, Hochfeld, Dellviertel, Wanheimerort, Wanheim und Angerhausen sowie Buchholz, Hüttenheim und Huckingen.
Stadtnorden kein Bodenschutzgebiet: Schadstoffbelastung unterhalb der Grenzwerte
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Keine neue Erkenntnis: Schon 2016 sollte das Bodenschutzgebiet beschlossen werden, doch da waren die Untersuchungen im Norden noch nicht abgeschlossen. Mittlerweile ist klar: Die Werte im Norden liegen unterhalb der Grenzwerte.
„Die Gefahrenlage ist nunmehr für das gesamte Stadtgebiet bekannt, ein einheitlicher Umgang zur Gefahrenabwehr im gesamten Stadtgebiet sichergestellt“, begründet das Umwelt-Dezernat die Entscheidung, den Rat nun entscheiden zu lassen. Auch der Rheinhauser Westen (siehe Karte) wird Bodenschutzgebiet – er wird einbezogen, sobald das Beteiligungs- und Offenlegungsverfahren für diesen Bereich abgeschlossen ist.
Was muss ich beachten, wenn ich in den betroffenen Gebieten lebe?
Da die Teilgebiete des Bodenschutzgebiets unterschiedlich stark belastet sind (siehe Karte), gelten unterschiedliche Vorschriften:
- In Teilgebiet 1 ist es verboten, Obst oder Gemüse anzubauen. Dieses Verbot betrifft Grundstücke nicht, bei denen ein bestimmter Cadmiumwert nachweislich nicht überschritten wird – dann darf auf bis zu zehn Quadratmetern pro Garten Obst und Gemüse angebaut werden.
- In Teilgebiet 2 ist der Anbau von Obst und Gemüse auf höchstens zehn Quadratmeter pro Grundstück beschränkt. Wird ein bestimmter Cadmiumwert nachweislich überschritten, ist der Anbau verboten.
- Grundsätzlich gilt: Obstbäume und Beerensträucher sind von den Verboten ausgenommen, da sich die Giftstoffe in ihnen nicht in gefährlichem Maß anreichern können.
Umweltausschuss-Vorsitzende: Es geht nicht nur um Gemüse
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Der Blick richte sich dabei nicht nur auf Obst- und Gemüsepflanzen, die über die Wurzeln die Giftstoffe aufnehmen, die sich über Jahrzehnte im Boden angereichert haben, betont die Vorsitzende im Umweltausschuss, Anna von Spiczak (Grüne), zur Verordnung: „Sie dient auch dem Schutz von Kindern, die beim Spielen Erde verschlucken und so die Giftstoffe aufnehmen.“
Kritisch sieht Lothar Tacke die Einschränkungen durch die Bodenschutz-Verordnung. „Wenn ein Haus mit Grundstück verkauft wird, könnte es sein, dass Interessenten wegen der Belastungen deutlich weniger bieten.“ Was den SPD-Ratsherrn ärgert: „Man nimmt den Bürger in die Verantwortung, die Verursacher bleiben außen vor.“
Wanheimer Landmarke ist Sinnbild für die Belastung durch die Industrie
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Fast sinnbildlich für diese Feststellung steht die Heinrich-Hildebrandt-Höhe in Wanheim. Der Hügel, auf dessen Spitze die Skulptur „Tiger & Turtle“ nun Touristen lockt, wurde 2007 aufgeschüttet aus den Trümmern der Zinkhütte Berzelius.
Die verseuchte Industriebrache, hinterlassen vom Nachfolge-Unternehmen MHD Sudamin nach seinem Bankrott 2005, musste mit Millionenaufwand des Landes NRW saniert werden. Der Hügel türmt sich auf der einstigen Deponie der Hütte, die fast 100 Jahre lang nahezu ungereinigte Abluft und hochbelastete Stäube in die Umgebung blies. Heute verhindern Plastikfolien unter der Oberfläche der Landmarke, dass Schwermetalle vom Regen ausgewaschen und in den Rhein gespült werden.
Wanheimer Kleingärtner pflanzen nun in Hochbeeten
Über fast zehn Jahre zog sich die Beseitigung der Folgen des von der Zinkhütte verursachten Umweltskandals: In insgesamt 263 Sanierungsmaßnahmen wurde in Haus- und Kleingärten die obere Bodenschicht ausgetauscht. Den Laubenpiepern spendierte die Stadt Hochbeete, in denen sie seither ihr Gemüse ziehen. Mit den zunächst argwöhnisch beäugten Kisten haben sich die Gärtner bald angefreundet: Dass der Anbau lästiges Bücken erspart, ist ein Vorteil, den viele schnell zu schätzen lernten.