Duisburg. In einigen Duisburger Facebook-Gruppen machte seit Donnerstagmittag eine Schauergeschichte die Runde. Zwei Frauen sollen in Neumühl versucht haben, Eltern ihr Kind aus dem Wagen zu rauben. Wie aus einem Diebstahlversuch eine angebliche Kindesentführung wurde.
Sie schüren Angst, Hass, Vorurteile — und geistern jahrelang durchs Internet: Falschmeldungen wie die erfundene Geschichte über in Deutschland entführte Kinder, die der Organmafia zum Opfer fallen. Auch in den unterschiedlichen Duisburger Facebook-Gruppen sind diese oder andere Schauergeschichten schon aufgetaucht. Derzeit macht ein neuer Vorfall in Neumühl die Runde, der anscheinend etliche Eltern verunsichert, die sich auch an die Polizei gewendet haben.
In einem der mehr als 1000-mal geteilten Facebook-Postings, die zu dem Vorfall noch im Netz herumgeistern - andere sind mittlerweile gelöscht -, berichtete eine Duisburgerin von einer vermeintlichen Kindesentführung auf einem Parkplatz an der Lehrerstraße/Holtener Straße.
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Auch der Duisburger Polizei ist dieser Vorfall bekannt, dort wird der Fall aber als weitaus undramatischer bewertet als er im Netz kursiert. Zwei Frauen hätten sich dem Wagen eines Paares genähert. Während der Vater gerade das einjährige Kind im Kindersitz anschnallte, fragte eine der beiden ihn nach der Uhrzeit, was wohl ein Ablenkungsmanöver war. So schildert ein Polizeisprecher das Geschehen an jenem Donnerstagmittag.
Daraufhin hätte die andere Frau versucht, in den Wagen zu greifen, dorthin, wo auch die Einkäufe des Paares lagen. Da die Frauen laut Polizei auch einen leeren Kinderwagen dabei hatten, fürchtete der Vater eine Entführung. "Den hatten sie aber nur dabei, um Schrott zu sammeln", so der Polizeisprecher weiter.
Duisburger Polizei gibt Eltern Entwarnung
"Sie hatten niemals die Absicht, ein Kind zu entführen", verdeutlicht der Polizist. Gegen die beiden Frauen, die die Duisburger Streife schnappte, wird nun wegen versuchten Diebstahls ermittelt. Aufgekommen ist das Gerücht vermutlich, da der Vater selbst von angeblichen Kindesentführungen im Internet gelesen hatte - solche Meldungen sind an vielen Stellen im Netz unterwegs. "Bis jetzt gab es keinen einzigen dieser Vorfälle", gibt die Polizei Entwarnung.
Davon können auch Fachleute wie Frank Ziemann, der die Falschmeldungen, so genannte Hoaxes, sammelt und auf seiner Webseite veröffentlicht, einiges berichten. Oft würden dort auch Ausländer oder Minderheiten wie Roma als Schuldige dargestellt, sagte der Berliner IT-Fachmann der Nachrichtenagentur dpa.
Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen Facebooker-Poster
Früher würden solche Horror-Geschichten am Lagerfeuer erzählt, heute loderte das Lagerfeuer bei Facebook, so Ziemann. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik rät dazu, Mails und auch Facebook-Postings mit gesundem Menschenverstand zu hinterfragen, bevor man sie weiter verbreitet.
Auch Aktivisten aus dem rechten Milieu scheinen diese Ängste nun weiter schüren zu wollen, um etwa in der Diskussion um das Landes-Asyl im ehemaligen Barbara-Hospital negativ Stimmung zu machen. Darauf machen die Initiatoren der Facebook-Seite Duisburg gegen Rechts aufmerksam. So kursieren bei Facebook mittlerweile auch Fotos von zwei Zuwanderinnen, die angeblich in den Vorfall verwickelt sein sollen. Unter anderem wegen Volksverhetzung hat Duisburg gegen Rechts bereits Strafanzeige erstattet. (mawo/we)