Duisburg. Sabine Funk hat als Expertin an dem Still-Gutachten mitgearbeitet, das eine wichtige Grundlage im Loveparade-Verfahren ist. Da sie auch das NRW-Innenministerium beriet, zweifeln mehrere Verteidiger das Gutachten nun an. Innenminister Ralf Jäger sieht indessen keinen Interessenkonflikt.

Die rot-grüne Landesregierung hat den Vorwurf der Befangenheit einer Gutachterin bei der Aufarbeitung der Duisburger Loveparade-Katastrophe zurückgewiesen. Expertin Sabine Funk hatte am Gutachten von Professor Keith Still mitgewirkt, das eine wichtige Grundlage für die Anklage im bevorstehenden Prozess darstellt.

Zu den Angeklagten gehört kein Vertreter der Polizei, die dem Innenministerium untersteht. Pikant: Funk hatte außerdem das Innenministerium bei der Erstellung eines Sicherheitsleitfadens für Kommunen ehrenamtlich beraten. Innenminister Ralf Jäger (SPD) erkannte dennoch keinen Interessenkonflikt. Funk sei ja nie Mitarbeiterin seines Ministeriums gewesen.

Chronik einer Katastrophe

Auch am vierten Jahrestags der Loveparade-Katastrophe am Donnerstag, 24. Juli, wird es  Gedenkfeiern geben. Vor der öffentlichen Gedenkfeier am Mahnmal trauern zwischen 15 und 17.30 Uhr die Hinterbliebenen sowie die Verletzten und Traumatisierten nacheinander an der Gedenkstätte im Tunnel und zwar allein! Für die Öffentlichkeit ist der Tunnel in dieser Phase gesperrt.
Auch am vierten Jahrestags der Loveparade-Katastrophe am Donnerstag, 24. Juli, wird es Gedenkfeiern geben. Vor der öffentlichen Gedenkfeier am Mahnmal trauern zwischen 15 und 17.30 Uhr die Hinterbliebenen sowie die Verletzten und Traumatisierten nacheinander an der Gedenkstätte im Tunnel und zwar allein! Für die Öffentlichkeit ist der Tunnel in dieser Phase gesperrt. © dpa
In seiner letzten Sitzung vor der Kommunalwahl hat der Duisburger Rat den Beigeordneten Wolfgang Rabe abgewählt. Er ist seit der Loveparade Katastrophe in seinem Amt umstritten gewesen.
In seiner letzten Sitzung vor der Kommunalwahl hat der Duisburger Rat den Beigeordneten Wolfgang Rabe abgewählt. Er ist seit der Loveparade Katastrophe in seinem Amt umstritten gewesen. © Stephan Eickershoff / WAZ FotoPool
Dreieinhalb Jahre nach der Katastrophe bei der Loveparade in Duisburg hat die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen beendet. Am 11. Februar 2014 gab sie bekannt, gegen welche mutmaßlich Verantwortlichen Anklage erhoben wurde.
Dreieinhalb Jahre nach der Katastrophe bei der Loveparade in Duisburg hat die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen beendet. Am 11. Februar 2014 gab sie bekannt, gegen welche mutmaßlich Verantwortlichen Anklage erhoben wurde. © Stephan Eickershoff / WAZ FotoPool
Großer Rummel bei der Pressekonferenz: Oberstaatsanwalt Michael Schwarz, Horst Bien (Leiter der Staatsanwaltschaft Duisburg) und Staatsanwältin Anna Christiana Weiler erläutern, wer auf der Anklagebank Platz nehmen wird und wer nicht: Sechs Mitarbeiter aus dem Baudezernat der Stadt, darunter Planungsdezernent Jürgen Dressler und vier Mitarbeiter des Veranstalters Lopavent sollen sich dafür vor Gericht verantworten.
Großer Rummel bei der Pressekonferenz: Oberstaatsanwalt Michael Schwarz, Horst Bien (Leiter der Staatsanwaltschaft Duisburg) und Staatsanwältin Anna Christiana Weiler erläutern, wer auf der Anklagebank Platz nehmen wird und wer nicht: Sechs Mitarbeiter aus dem Baudezernat der Stadt, darunter Planungsdezernent Jürgen Dressler und vier Mitarbeiter des Veranstalters Lopavent sollen sich dafür vor Gericht verantworten. © Stephan Eickershoff / WAZ FotoPool
Rückblick: Was am 24. Juli 2010 als fröhliches Techno-Spektakel...
Rückblick: Was am 24. Juli 2010 als fröhliches Techno-Spektakel... © dpa
... rund um den ehemaligen Güterbahnhof in Duisburg begann,...
... rund um den ehemaligen Güterbahnhof in Duisburg begann,... © dpa
... endete in einer Tragödie: Der einzige Weg zum und vom Veranstaltungsgelände führte durch einen Tunnel an der Karl-Lehr-Straße. Dort...
... endete in einer Tragödie: Der einzige Weg zum und vom Veranstaltungsgelände führte durch einen Tunnel an der Karl-Lehr-Straße. Dort... © dpa
... entstand am Nachmittag ein so starkes Gedränge,...
... entstand am Nachmittag ein so starkes Gedränge,... © Peter Malzbender/WAZ FotoPool
... dass es zu einer Massenpanik kam.
... dass es zu einer Massenpanik kam. © dpa
21 Menschen starben im Gedränge, mehrere Hundert  wurden verletzt, viele Besucher sind bis heute traumatisiert. Die Staatsanwaltschaft ermittelte zunächst wegen fahrlässiger Tötung gegen unbekannt.
21 Menschen starben im Gedränge, mehrere Hundert wurden verletzt, viele Besucher sind bis heute traumatisiert. Die Staatsanwaltschaft ermittelte zunächst wegen fahrlässiger Tötung gegen unbekannt. © dpa
25. Juli 2010, die erste Pressekonferenz im Rathaus der Stadt Duisburg nach der Katastrophe: Die Anwesenden - Sicherheitsdezernent Wolfgang Rabe, der stellvertretende Polizeichef Detlef von Schmeling, Lopavent-Chef Rainer Schaller und Oberbürgermeister Adolf Sauerland (v.l.) -...
25. Juli 2010, die erste Pressekonferenz im Rathaus der Stadt Duisburg nach der Katastrophe: Die Anwesenden - Sicherheitsdezernent Wolfgang Rabe, der stellvertretende Polizeichef Detlef von Schmeling, Lopavent-Chef Rainer Schaller und Oberbürgermeister Adolf Sauerland (v.l.) -... © Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
... weisen eine Verantwortung für die Tragödie von sich.
... weisen eine Verantwortung für die Tragödie von sich. © dpa
Rainer Schaller kündigt an, nie wieder eine Loveparade zu veranstalten.
Rainer Schaller kündigt an, nie wieder eine Loveparade zu veranstalten. © Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Am 31. Juli 2010 findet in der Duisburger Salvatorkirche die zentrale Trauerfeier für die Loveparade-Opfer statt, zu der unter anderem Kanzlerin Angela Merkel sowie der damalige Bundespräsident Christian Wulff kommt.
Am 31. Juli 2010 findet in der Duisburger Salvatorkirche die zentrale Trauerfeier für die Loveparade-Opfer statt, zu der unter anderem Kanzlerin Angela Merkel sowie der damalige Bundespräsident Christian Wulff kommt. © REUTERS
Hannelore Kraft, zu diesem Zeitpunkt erst seit Kurzem NRW-Ministerpräsidentin, hält - selbst sichtlich bewegt - eine Rede und spricht den Angehörigen ihr Mitgefühl aus.
Hannelore Kraft, zu diesem Zeitpunkt erst seit Kurzem NRW-Ministerpräsidentin, hält - selbst sichtlich bewegt - eine Rede und spricht den Angehörigen ihr Mitgefühl aus. © REUTERS
Der Unglücksort an der Karl-Lehr-Straße...
Der Unglücksort an der Karl-Lehr-Straße... © dpa
... wird derweil zur Pilgerstätte für Trauernde. Nach der Trauerfeier in der  Salvatorkirche zieht ein Schweigemarsch zum Tunnel.
... wird derweil zur Pilgerstätte für Trauernde. Nach der Trauerfeier in der Salvatorkirche zieht ein Schweigemarsch zum Tunnel. © Dirk Bauer/WAZ FotoPool
September 2010: Ein Gutachten für das NRW-Innenministerium sieht die Verantwortung für die Sicherheit bei der Stadtverwaltung und dem Veranstalter Lopavent. Die Stadt Duisburg weist in ihrem Bericht jede Verantwortung zurück.
September 2010: Ein Gutachten für das NRW-Innenministerium sieht die Verantwortung für die Sicherheit bei der Stadtverwaltung und dem Veranstalter Lopavent. Die Stadt Duisburg weist in ihrem Bericht jede Verantwortung zurück. © REUTERS
18. Januar 2011: Die Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen gegen 16 mutmaßlich Verantwortliche auf: gegen den damaligen Einsatzleiter der Polizei sowie gegen Mitarbeiter der Stadt und des Veranstalters Lopavent. Sauerland und Lopavent-Chef Rainer Schaller gehören nicht zu den Beschuldigten.
18. Januar 2011: Die Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen gegen 16 mutmaßlich Verantwortliche auf: gegen den damaligen Einsatzleiter der Polizei sowie gegen Mitarbeiter der Stadt und des Veranstalters Lopavent. Sauerland und Lopavent-Chef Rainer Schaller gehören nicht zu den Beschuldigten. © dpa
11. Juli 2011: Die Loveparade hätte so nicht genehmigt werden dürfen, heißt es in einem Zwischenbericht der Staatsanwaltschaft.
11. Juli 2011: Die Loveparade hätte so nicht genehmigt werden dürfen, heißt es in einem Zwischenbericht der Staatsanwaltschaft. © dpa
Erst ein knappes Jahr nach der Katastrophe hat Oberbürgermeister Adolf Sauerland sich zum ersten Mal bei den Opfern entschuldigt:
Erst ein knappes Jahr nach der Katastrophe hat Oberbürgermeister Adolf Sauerland sich zum ersten Mal bei den Opfern entschuldigt: "Als Oberbürgermeister dieser Stadt trage ich moralische Verantwortung für dieses Ereignis", sagt er im Juli 2011. Nur wenige Tage später... © REUTERS
... bekräftigt er aber noch einmal seine Sicht der Dinge:
... bekräftigt er aber noch einmal seine Sicht der Dinge: "Die Verwaltung der Stadt Duisburg hat keinen Fehler gemacht, der ursächlich zu dieser schrecklichen Katastrophe geführt hat." Die Stimmen,... © REUTERS
... die eine Abwahl des Oberbürgermeisters fordern, sind da längst unüberhörbar. Eine Bürgerinitiative...
... die eine Abwahl des Oberbürgermeisters fordern, sind da längst unüberhörbar. Eine Bürgerinitiative... © REUTERS
... setzt ein Abwahlverfahren durch. Am 12. Februar 2012 stimmen die Duisburger Bürger mit großer Mehrheit für die Abwahl Sauerlands. Sein Nachfolger...
... setzt ein Abwahlverfahren durch. Am 12. Februar 2012 stimmen die Duisburger Bürger mit großer Mehrheit für die Abwahl Sauerlands. Sein Nachfolger... © Stephan Eickershoff/WAZ FotoPool
... Sören Link (SPD), der an 1. Juli 2012 zum neuen Oberbürgermeister in Duisburg gewählt wurde, verspricht den Opfern und Angehörigen am zweiten Jahrestag der Katastrophe rückhaltlose Aufklärung.
... Sören Link (SPD), der an 1. Juli 2012 zum neuen Oberbürgermeister in Duisburg gewählt wurde, verspricht den Opfern und Angehörigen am zweiten Jahrestag der Katastrophe rückhaltlose Aufklärung. © dpa
Link sagt:
Link sagt: "Es war eine einzigartige Tragödie". Der ersten Tragödie sei aber eine zweite gefolgt, "die quälend lange Zeit der Sprachlosigkeit in der Stadt". © dpa
Sommer 2013: Drei Jahre nach dem Unglück wird endlich...
Sommer 2013: Drei Jahre nach dem Unglück wird endlich... © dpa
... die Gedenkstätte am Ort der Katastrophe eingeweiht. Um...
... die Gedenkstätte am Ort der Katastrophe eingeweiht. Um... © Stephan Eickershoff/WAZ FotoPool
... die Gedenkstätte hatte es ein langes Tauziehen zwischen Opfergruppen und dem neuen Besitzer des Geländes, einem Möbelunternehmer gegeben.
... die Gedenkstätte hatte es ein langes Tauziehen zwischen Opfergruppen und dem neuen Besitzer des Geländes, einem Möbelunternehmer gegeben. © dpa
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Dass sie auch für die Staatsanwaltschaft arbeitete, habe sein Haus nicht einmal gewusst. FDP-Rechtspolitiker Robert Orth kritisierte dagegen die fehlende Sensibilität der Landesregierung bei der Zusammenarbeit mit der Gutachterin: "Der Interessenkonflikt ist doch völlig offensichtlich", so Orth.