Duisburg. Bisher war das Megaprojekt in Hamborn von Pleiten, Pech und Pannen überschattet: Jetzt könnte sich für die Stadtverwaltung und die Politik die letzte Möglichkeit bieten, sich von den Investoren zu trennen. Die abgeschlossenen Verträge sollen eine entsprechende Klausel beinhalten.

Fabrikverkäufe bleiben in Mode: Ochtrup erfreut sich über zwei Millionen Besucher im Jahr, gestern eröffnete in Bad Münstereifel wieder ein neues Factory Outlet Center (FOC). Und der niederländische Projektentwickler „Stable“, der bereits in Leipzig und in Montabaur eine Schnäppchen-Ladenstadt baut, will jetzt auch noch bei Zevenaar, direkt hinter der Grenze bei Emmerich, mit einem 300 Geschäfte umfassenden Outlet die Kundschaft vom Niederrhein und aus dem Ruhrgebiet anlocken. Und Duisburg mit seinen FOC-Plänen? Still ruht der See. Noch.

Der Stadtrat hat die Wahl

Denn nach NRZ-Informationen wird sich der Rat bei seiner nächsten Sitzung entscheiden müssen, wie es mit dem Megaprojekt in Hamborn weitergeht: Die Verträge mit den Investoren sollen eine Klausel beinhalten, nach der die Stadt jetzt die Möglichkeit hat, aus dem Projekt auszusteigen. Die umfangreichen Prüfungen, ob die Stadt womöglich in Regress genommen werden oder den Vertrag ohne finanziellen Schaden rückabwickeln könnte, sollen bereits beendet sein.

Die Ratsleute stehen damit vor der unbequemen Wahl: Wollen sie mit den Projektentwicklern, die bisher vor allem durch Pannen und Verzögerungen auffielen, weitermachen oder wollen sie sich von dem einzigen Investor verabschieden, der für den Bau eines FOC an dieser Stelle überhaupt in Sicht ist? Es könnte jedenfalls die letzte Chance zum Ausstieg sein, bevor das Projekt zur Planungspleite verkommt oder aus anderen Gründen vor die Wand fährt.

Planungsprobleme weiterhin nicht gelöst

Auch im Rathaus weiß man um die Brisanz dieser Frage, zieht sich hinter die Mauer von schützenswerten Informationen zurück: Eine Sprecherin bittet „um Verständnis“, dass die Stadt „generell zu vertraglichen Modalitäten keine Stellungnahme abgeben“ könne. Zu einer bevorstehenden Entscheidung des Rates heißt es lapidar: „Die Tagesordnung für die nächste Ratssitzung steht noch nicht fest.“ Bestätigen will man lediglich, dass es beim Planverfahren „derzeit keinen neuen Sachstand“ gibt.

Bedeutet gleichzeitig: Die durch Gutachten aufgeworfene Frage, ob das FOC in dieser Form und an diesem Ort planungsrechtlich überhaupt zulässig ist, bleibt immer noch unbeantwortet. Eine Lösung der nicht einzuhaltenden Störfall-Abstände zum benachbarten Grillo-Werk ist weiter nicht in Sicht.

Den unveränderten Stand der Planungen ist auch das einzige, was die Sprecherin der Investorenfirma Douvil bestätigen will. Ansonsten verweist sie auf die Stadt.Und ob sich das 125-Mio-Euro-Objekt in Hamborn angesichts der Schwemme neuer FOC-Projekte im Umkreis überhaupt noch rechnet, will aus dem Unternehmen niemand kommentieren.

Einst einhellig gewünscht, inzwischen deutlich umstritten

Einst war das FOC ein Megaprojekt, das einhellig von allen großen Fraktionen im Rat getragen wurde. Zwar findet es in dem Hamborner Notar und CDU-Fraktionschef Rainer Enzweiler nach wie vor seinen größten Befürworter. Und auch aus der SPD-Zentrale heißt es: „Wir stehen weiterhin hinter dem Projekt an diesem Standort.“ Dennoch bröckelt die zuvor breite Unterstützung im Rat. „Wir haben bereits im Wahlkampf klargemacht, dass wir das FOC in dieser Form nicht mehr wollen“, sagt Grünen-Fraktionschefin Claudia Leiße der NRZ. „Wenn sich die Chance bietet ohne Schadensersatzforderungen auszusteigen, dann muss man sie ergreifen.“

Selbst die Linken, bei denen das FOC stets ein immenser Streitpunkt zwischen Partei und Fraktion war, haben sich inzwischen auf eine gemeinsame Linie verständigt: „Wir sind für den Ausstieg, wenn der Stadt kein finanzieller Schaden entsteht“, sagte Ratsfrau Carmen Hornung-Jahn gestern.

Was die Gespräche zwischen Stadt und Investoren, vor allem auch die Vertragslage im Detail angeht, verbleibt die Politik derzeit ahnungslos. Denn die Begleit-Kommission, die das Projekt politisch flankieren soll, hat das letzte Mal im Frühjahr getagt. Derzeit gibt es das Gremium gar nicht mehr, es muss nach der Kommunalwahl erst neu besetzt werden.