Duisburg. In einer weiteren Folge der Serie „WAZ öffnet Pforten“ durften Leser bei einer Führung exklusiv hinter die Kulissen des DVG-Betriebshofs Grunewald an der Düsseldorfer Straße in Duisburg blicken, die Werkstatthallen inspizieren und in einer Straßenbahn ganz vorne sitzen.
Dieter Kaminke (73) kommt aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Vor 58 Jahren, erzählt der Mündelheimer, hat er sich im DVG-Betriebshof zum Betriebsschlosser ausbilden lassen. Nun kehrt er im Rahmen der Leseraktion „WAZ öffnet Pforten“ an seine alte Arbeitsstätte zurück, darf ebenso wie zahlreiche weitere Leser hinter die aktuellen Kulissen schauen. „Hier ist kein Stein mehr auf dem anderen, es hat sich alles verändert“, sagt Kaminke. „Die ganzen modernen Maschinen – Wahnsinn!“
Kein Wunder also, dass der 73-Jährige vor allem einen Blick in die Werkstatt für Straßenbahnen werfen möchte. Dazu hat er gleich zu Beginn des Rundgangs Gelegenheit. Werkstattleiter Dieter Glittenberg geht voran – zunächst in die Halle, in der Instandsetzungsarbeiten für alle möglichen Teile einer Bahn auf dem täglichen Programm stehen. Er deutet erst auf einen großen Motor, 184 Kilowatt, und dann auf eine Trittstufe, die ständig starken Belastungen standhalten und nun erst mal wieder auf Vordermann gebracht werden muss.
Ein Einblick in die Bremsanlagen
Kurz darauf zeigt Glittenberg auf einen sogenannten Federspeicherbremszylinder. „Da ist Druckluft drin und erst wenn die Luft herrausgepresst wird, kann gebremst werden“, erklärt der Werkstattleiter. Drei unabhängige Bremssysteme gebe es bei einer Straßenbahn: Die elektrodynamische über den Motor sei die wirksamste, dazu kommen die Scheiben- und Magnetschienenbremse – bei Bedarf unterstützt mit Quarzsand.
Weiter geht’s in die rund 35 Meter lange Lackierhalle. Eine komplette Straßenbahn hat hier also Platz. Es ist ein bisschen laut, die Lüftung läuft, rote Farbspuren auf den Bodengittern zeugen von den letzten Arbeiten.
55 Mitarbeiter im Betriebshof
801 Menschen arbeiten bei der DVG, inklusive „BusVerkehrDuisburg“ sind es 850, der DVG-Betriebshof Grunewald an der Düsseldorfer Straße 377 hat 55 Mitarbeiter.
165 Busse und 64 Bahnen sind auf 36 Linien unterwegs. Das Streckennetz hat eine Länge von insgesamt 453 Kilometer. 710 Haltestellen, davon 131 Bahn-und 579 Bushaltestellen, gibt es, an denen pro Tag 174.000 Fahrgäste ein- und aussteigen.
Vorbei an mehreren Achsen mit Bremsscheiben führt Glittenberg die Besucher zu einer Straßenbahn, die in Mülheim kürzlich eine Begegnung der unangenehmen Art mit einem Auto gehabt hat. Für die Bahn eine leichter zu verkraftende Kollision. Die Blechschäden vorne links sind bereits ausgebessert worden. „Die Unfallzahlen gehen leider nach oben“, sagt der Werkstattleiter. „Offenkundig passen die Leute weniger auf, obwohl so eine Bahn ja eigentlich kaum zu übersehen ist.“
Radreifen schaffen bis zu 500.000 Kilometer
In einer anderen Halle steht eine komplette Straßenbahn aufgebockt. „Die bekommt neue Räder“, erklärt Glittenberg. „Radreifen haben eine durchschnittliche Lebensdauer von 400.000 bis 500.000 Kilometern, Straßenbahnen eine von 30 bis 40 Jahren.“
Gegen Ende der Führung dürfen sich die WAZ-Gäste in einer Bahn nach ganz vorne setzen – in die Fahrerkabine. Sie erfahren, dass es dort bis zu 50 Grad heiß werden kann, die Fahrerausbildung drei, vier Monate dauert und auch, dass über die zuletzt häufigere Auswertung von Aufnahmen der Überwachungskameras einige Verursacher von Vandalismusschäden zur Rechenschaft gezogen wurden.
Auch Dieter Kaminke hört aufmerksam zu, obwohl er in Gedanken eigentlich noch in den Werkstatthallen ist...