Duisburg. „Totlast“ heißt das Kunstwerk aus begehbaren Röhren, das Raumkünstler Gregor Schneider im Duisburger Lehmbruck-Museum schaffen wollte. Das hat Oberbürgermeister Sören Link nun verboten. Das Kunstwerk passe jetzt nicht in die Stadt, argumentiert er - und bezieht sich auf die Loveparade-Katastrophe.
Kunstskandal in Duisburg: Oberbürgermeister Sören Link (SPD) verbietet eine Installation des renommierten Raum-Künstlers Gregor Schneider im Lehmbruck-Museum. Schneiders Installation „totlast“ sollte lange tunnelartige Röhren durch das Museum legen, durch die Besucher nur einzeln und in stark gebückter Haltung hindurchgehen können. Es ging um die körperliche Erfahrung von labyrinthischer Enge.
Sören Link ließ am Montag zu dem Verbot schriftlich erklären: „Die Wunden der Loveparade sind noch nicht geschlossen. Die juristische Aufarbeitung der Geschehnisse steht noch ganz am Anfang. Duisburg ist noch nicht reif für ein Kunstwerk, dem Verwirrungs- und Paniksituationen immanent sind, welches mit dem Moment der Orientierungslosigkeit spielt.“
Gregor Schneiders Kunstwerk „totlast“ ist bereits seit 2013 in Arbeit, Oberbürgermeister Link hatte als Vorsitzender des Kuratoriums frühzeitig Kenntnis von den Plänen. Zwischenzeitlich hatte es aus dem Duisburger Bauordnungsamt Einwände gegen den Einbau der Tunnel-Röhre ins Lehmbruck-Museum gegeben; doch diesen Einwänden und Bedenken hatte der Künstler nachgegeben, inklusive Notausgänge und Brandschutzmaßnahmen.
Schneiders Kunst ist nicht leicht zu konsumieren
Die Ruhrtriennale mit ihrem Intendanten Heiner Goebbels, das Lehmbruck-Museum mit seiner Direktorin Söke Dinkla und Gregor Schneider protestierten am Montag gemeinsam gegen die Zensur-Entscheidung des Oberbürgermeisters. Der 1969 in Rheydt geborene Gregor Schneider verändert mit seinen gebauten Räumen oft die Raum- und Ortswahrnehmungen der Besucher und hat es in seinen Arbeiten auf unmittelbare starke persönliche Erfahrungen abgesehen. Berühmt wurde er mit seinem Hauptwerk „Das Haus u r / Totes Haus u r 1985 – heute“, für das er 2001 mit dem Goldenen Löwen der Kunstbiennale von Venedig ausgezeichnet worden ist. Heute zählt es zu den wichtigsten Raumkunstwerken der Gegenwart. Schneiders Kunst ist nicht leicht zu konsumieren, sie sträubt sich gegen das schnelle Verständnis und arbeitet viel mit Intuitionen.
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Oberbürgermeister Link gab seiner Presseerklärung eine sehr persönliche Note: „Ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht und sehr schlecht geschlafen, bevor ich abgesagt habe.“ Und er räumt ein: „Mir ist völlig klar, dass bei dieser Thematik andere Bewertungen möglich sind. Letztendlich habe ich meine Entscheidung jedoch auf Basis meiner persönlichen Erfahrungen mit dem Thema Loveparade getroffen und werde diese auch so vertreten.“ Er habe sich beim Ruhrtriennale-Intendanten Heiner Goebbels dafür entschuldigt, dass die Absage so kurzfristig erfolgte.
Die Ruhrtriennale prüft dem Vernehmen nach derzeit kurzfristige Alternativen der Realisierung einer neuen Arbeit von Gregor Schneider. Die dürfte dann aber jenseits von Duisburg zustande kommen. Die Stadt Bochum bestätigte am Montag, dass mit ihr in dieser Hinsicht bereits Gespräche aufgenommen worden seien.