Duisburg. Als fünfte Klinik weltweit wendet die Herzklinik in Meiderich ein neues Operationsverfahren an, bei dem die Herzklappe der Patienten besonders schonend repariert wird. Bisher steht noch bei jeder OP der Erfinder des Verfahrens aus den USA beobachtend zur Seite.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen immer noch an der Spitze der Todesursachen in Deutschland – vor Krebs. Undichte Herzklappen können das Herz dauerhaft schädigen. Die wichtige Einlassklappe der linken Herzkammer wurde bislang in solchen Fällen entweder durch eine Prothese ersetzt oder in ei­ner aufwendigen OP unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine repariert.

Das Herzzentrum in Meiderich hat als erste Klinik in Westdeutschland und als fünfte weltweit ein in den USA entwickeltes schonendes Verfahren für die Reparatur der Herzklappe eingeführt. Die Chefärztin Prof. Dr. Sabine Däbritz präsentierte jetzt die ersten drei Patienten, deren Herzklappen nach dem Eingriff wieder vollständig abdichten.

Die Meidericher waren immer auf die Reparatur der Herzklappe spezialisiert, nicht auf ihren Ersatz durch eine Prothese. Die damit verbundenen Erfahrungen waren jetzt die Voraussetzung dafür, das minimal-invasive Verfahren einführen zu können. Die Reparatur kann damit am schlagenden Herzen durchgeführt werden.

Reparatur statt Ersatz

Durch einen vier bis fünf Zentimeter langen Schnitt im Brustkorb und ein etwa einen Zentimeter großes Loch an der Herzwand wird das neu entwickelte Instrument eingeführt. Es gibt selbst Rückmeldung, ob es das betroffene Gewebe am Herzklappensegel genügend erfasst hat. Die OP wird mittels dreidimensionalem Ultraschall überwacht. „Anders könnte der Eingriff gar nicht millimetergenau platziert werden“, berichtet Oberarzt Dr. Abdul-Hakim Dayeh.

Dr. Abdul-Hakim Dayeh(2. v. li.), Chefärztin Prof. Sabine Däbritz (li.) und Doktor Andreas Moka (Mitte) mit den Patienten Uwe Albien, Fritz Pohlmann und  Kerstin Wilke-Borchert. (Foto: Kerstin Bögeholz)
Dr. Abdul-Hakim Dayeh(2. v. li.), Chefärztin Prof. Sabine Däbritz (li.) und Doktor Andreas Moka (Mitte) mit den Patienten Uwe Albien, Fritz Pohlmann und Kerstin Wilke-Borchert. (Foto: Kerstin Bögeholz)

Beim klassischen Verfahren musste das Herz stillgelegt und geöffnet werden. Erst so konnten die ausgeleierten oder gerissenen Sehnenfädchen, die für den blitzschnellen Verschluss der segelförmigen Klappen sorgen, durch Kunstfäden ersetzt werden.

An die Stelle dieses etwa dreistündigen Eingriffs kann künftig in vielen Fällen die maximal halb so lange dauernde neue Operationsmethode treten. Allerdings wenden die Meidericher Herzspezialisten sie vorerst noch zurückhaltend an, um allmählich die nötige Sicherheit zu gewinnen.

Dr. Giovanni Speziali, der Erfinder des Verfahrens aus Pittsburgh/USA, fliegt noch für alle Eingriffe ein – aber nicht, um selbst zu operieren, sondern um den Kollegen Hilfestellung zu geben. Das Verfahren wird zunächst auf wenige spezialisierte Kliniken konzentriert, um möglichst hohe Erfolgsquoten zu sichern.

Die ersten Operierten haben sich schnell erholt

Die drei ersten Operierten – zwei Männer (59 und 53 Jahre) und eine Frau (59) – zeigten sich jetzt von ihrer schnellen Erholung angetan. Sie waren erst am 6. Dezember operiert worden. Sollte das im Ausland trainierte Verfahren sich auch bei ihnen bewähren, bliebe ihnen die klassische OP erspart. Sie kann aber jederzeit ohne weitere Nachteile nachgeholt werden.

Meidericher Ärzte haben Routine in Ultraschall-Untersuchungen 

Die linke Herzkammer reguliert den Zufluss sauerstoffreichen Blutes von der Lunge in den Körper. Dabei hält die Einlassklappe im Moment des Pumpvorgangs das Blut wie ein Ventil zurück. Ist sie undicht, hat das Herz einen erheblichen Anteil des Blutes umsonst angepumpt, weil es wieder in die Lunge zurückläuft.

Kleinere Undichtigkeiten der Klappen gleicht das Herz durch eine Vergrößerung der linken Herzkammer oder höheren Pulsschlag aus. Wird der Herzmuskel aber zu groß, leiert er aus, die Pumpleistung wird reduziert. Der Patient ermüdet rasch.

Bisheriges Verfahren belastend

Beim bislang weit verbreiteten Verfahren des Ersatzes der Klappe durch eine Prothese ist nicht nur eine große, belastende OP nötig. Die Prothese aus Schweine- oder Rindergewebe hält auch maximal 15 Jahre. Dann muss erneut operiert werden. Jüngere Patienten erhalten daher eine Kunstprothese. Deren größter Nachteil: Sie müssen lebenslang Blutverdünner zum Schutz vor Gerinnselbildung und Schlaganfall nehmen.

Die Meidericher konnten sich an die Einführung des neuen Verfahrens wagen, weil hier ein dreiköpfiges Ärzteteam rund 7000 Ultraschall-Untersuchungen im Jahr durchführt. Sie sind unter anderem nötig, um bei der klassischen Herzklappen-Reparatur am stillgelegten Herzen die schadhafte Stelle vorher zu lokalisieren und nachher den Erfolg der OP zu kontrollieren. Die dabei erworbene Routine erlaubt jetzt auch die sichere Steuerung des neuen Verfahrens.