Duisburg. Nachdem die Duisburger Arbeitsagentur mitgeteilt hatte, die Anzahl der Zwei-Euro-Jobber von 1800 auf 600 zu senken, machen sich nun viele Verbände und Schulen sorgen. Laut Ulrich Käser, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit, ist die Neuverteilung des jährlichen Etats ein Grund für die Senkung.
Nach der Meldung der Duisburger Arbeitsagentur, im kommenden Jahr die Zahl der Zwei-Euro-Jobber (Gemeinwohlarbeit) in Duisburg von 1800 auf 600 drastisch zu verringern, werden im neuen Jahr also zahllose Vereine, Verbände, aber auch Schulen und Kindergärten komplett oder teilweise ohne Hilfskräfte dastehen wir berichteten mit einem Beispiel des Vereines „Immersatt“).
Im neuen Jahr 2014 wird demnach eine für beide betroffene Seiten prekäre Situation entstehen: Die Zwei-Euro-Jobber verlieren ihre stabilisierende „Arbeitsumgebung“ und mit ihr, Würde und Anerkennung. Die Arbeitgeber verlieren dringend benötigte Kräfte für Aufgaben, die dem Staat und der Gesellschaft zwar sehr wichtig sind, die der Staat aber nicht dauerhaft mit Geld ausstatten mag. Wir sprachen mit dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Duisburg, Ulrich Käser, über Geld, Prioritäten dieses auszugeben und über Sinn und Zweck von Gemeinwohlarbeit.
Warum kürzt die AA Duisburg den Haushaltstitel für die GWA im kommenden Etat 2014 so drastisch?
Käser: Seit Jahren erhält das Jobcenter Duisburg aus Mittelzuteilungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales unverändert einen jährlichen Etat von ca. 80 Mio €. Diese 80 Mio. Euro sollen jeweils zur Hälfte für Eingliederungsleistungen und zur Hälfte für Personal- und Verwaltungskosten der ausgegeben werden. Aber dieses Prinzip 50:50 hat schon in der Vergangenheit nicht funktioniert. Es sind aufgrund von gesetzlichen Vorgaben Mittel-Umschichtungen erfolgt, die mit einem verbesserten Dienstleistungsangebot den Kunden direkt zu Gute gekommen sind. All dies musste geschehen, ohne dass das Gesamtbudget von 80 Mio. Euro erhöht wurde.
Was bedeutet das konkret für 2014?
Käser: Die Planungen für das Jahr 2014 unterscheiden sich zu den Vorjahren, weil eine längst fällige Verbesserung des Betreuungsschlüssels für die Leistungsgewährung durch die Trägerversammlung beschlossen worden ist. Und: Das Jobcenter muss personell Vorsorge für die Belastungen treffen, die 2014 im Rahmen der Zuwanderung aus Süd-Ost-Europa eintreten werden. Das Jobcenter gibt also in 2014 ungefähr 4,7 Millionen Euro weniger für alle Eingliederungsleistungen (u. a. Zwei-Euro-Jobs) aus.
Also keine Zwei-Euro-Jobs mehr in 2014?
Käser: Doch, es ist dem Jobcenter gelungen, ein Arbeitsmarktprogramm zu planen, das auch für das Jahr 2014 wieder dazu beitragen wird, vielen Duisburgern eine Wiedereingliederung in Beschäftigung zu ermöglichen. Dabei wurden drei Schwerpunkte gesetzt: Eingliederungsmaßnahmen in den 1. Arbeitsmarkt; berufliche Qualifizierung und Weiterbildung; beschäftigungschaffende Leistungen (z.B. Arbeitsgelegenheiten).
Langzeitarbeitslose gegen Zuwanderer aus Südosteuropa: Werden hier nicht zwei schwache Gruppen in der Duisburger Stadtgesellschaft gegeneinander ausgespielt?
Käser: Zweifellos ist es vor dem Hintergrund zunehmender Belastungssituationen durch zusätzliche Kunden und einer noch nicht darauf angepassten Finanzausstattung äußerst schwierig, allen Bedürfnissen n immer in vollem Umfang gerecht zu werden. Die Verteilentscheidungen sind dabei in einem schwierigen Abstimmungsprozess mit allen Beteiligten getroffen worden, bei denen vor allem folgende Kriterien angelegt worden sind: Möglichst viele Menschen zu fördern und zu unterstützen, um dauerhaft die Arbeitslosigkeit zu beenden und ein eigenständiges selbstbestimmtes Leben zu führen; Für alle Kunden soll eine gute Dienstleistung bereitgestellt werden. Die Reihenfolge der Nennung gibt dabei auch die Gewichtung wider. Zudem dürfen Personengruppen bei den Planungsentscheidungen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Natürlich bin auch ich der Meinung, dass wir mit einem höheren Budget auch insgesamt eine größere Wirkung erzielen könnten.
Knappe Ressourcen sorgen für Probleme
Hat die AA kein Herz für Verbände und Vereine, die nur deshalb meist karitative Arbeit leisten können, weil es GWA gibt?
Käser: Es ist bedauerlich, wenn bestehende Projekte nicht fortgeführt werden können. In Zeiten knapper Ressourcen sind aber alle arbeitsmarktpolitischen Leistungen hinsichtlich ihrer Wirkung und ihrer Förderanteile kritisch zu hinterfragen. Diese Instrumentenkritik hat zu der aktuellen Verteilentscheidung für 2014 in der Ausgestaltung des Arbeitsmarktprogramms mit beigetragen.
Viele Vereine und Verbande arbeiten zum Teil über Jahre mit GWA-Kräften. Die AA kritisiert diese Praxis. Welches sind ihre Argumente?
Käser: Die Arbeit von Vereinen, Verbänden und karitativen Einrichtungen ist sinnvoll und wichtig für die Stadt Duisburg. Es ist richtig und zielführend, dass in diesen Projekten ein Anteil der Beschäftigung aus Arbeitsgelegenheiten (AGH) besteht. Hierbei muss aber immer berücksichtigt werden, dass der eigentliche Zweck der AGH in der Heranführung der jeweils Geförderten an ein reguläres Arbeitsverhältnis liegt. Eine Verstetigung der Beschäftigung, auch wenn sie von vielen betroffenen Institutionen gewünscht wird, ist daher nicht möglich und im Sinne der geförderten Personen auch nicht wünschenswert. Die Verweildauer soll daher in einer solchen Maßnahme nur vorübergehend sein, damit die Chancen am Markt nicht ungenutzt bleiben und möglichst viele Menschen über dieses Instrument den Anschluss an eine reguläre Beschäftigung finden. Der Wunsch nach Schaffung eines dauerhaften 2. oder 3. Arbeitsmarktes wird durch die Ziele der aktuellen gesetzlichen Regelungen nicht getragen. Hier sind Erwartungen und Forderungen nicht mit der aktuellen Förderpolitik kompatibel.
Warum der Zwei-Euro-Job nur eine Vorbereitung ist
Zielgruppe der Zusatzjobs sind Arbeitslose, die Alg II beziehen und keine Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt finden können. Die Förderung von Zusatzjobs ist dem Gesetz nach nachrangig gegenüber der Pflichtleistung der Vermittlung sowie gegenüber den Ermessensleistungen zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Die Zusatzjobs sollen (vor allem Langzeit-) Arbeitslose wieder an den Rhythmus des Arbeitstages und an die Erwartungen des 1. Arbeitsmarkts gewöhnen.
Wie wollen Sie die Aufgaben in 2014 also lösen?
Käser: Die Herausforderung in 2014 wird sein, angesichts der bekannten Rahmenbedingungen (Budget, vorsorgende Organisationsentscheidungen) und den noch nicht eindeutig kalkulierbaren Rahmenbedingungen (Entwicklung des Arbeitsmarktes, Entwicklung Kundenvolumen) das Jobcenter Duisburg so aufzustellen, dass die umfangreichen Dienstleistungen von Beratung, Vermittlung und Leistungsgewährung in bestmöglicher Qualität allen Kunden angeboten werden können. Zudem wollen wir eine aktive arbeitsmarktpolitische Ausrichtung verfolgen, die möglichst vielen betroffenen Menschen hilft, sie fördert, qualifiziert und integriert. Dabei werden stets alle eventuell entstehenden finanziellen Spielräume genutzt.