Duisburg. .
„Willy wählen!“ – so hieß der Slogan, mit dem die SPD im Jahr 1972 bei den Menschen um Stimmen warb, als die umstrittene Ostpolitik von Kanzler Willy Brandt die gespaltene Bundesrepublik endgültig zu entzweien drohte. Dieses brisante Thema trieb die Menschen an die Urnen.
Bei dieser Bundestagswahl vor 41 Jahren lag die Beteiligung im Land bei über 90 Prozent – in Duisburg waren es genau 90,9 Prozent. Ein Wert, der danach unerreicht blieb und von dem Politiker heute nur noch träumen können.
Interesse ist abgeebbt
Das Interesse ist inzwischen arg abgeebbt: Bei der Bundestagswahl vor vier Jahren sank die Beteiligung auf Rekordtiefwerte – im Bund auf 70,8 und in Duisburg auf 64,8 Prozent. Das heißt: Ein Drittel aller wahlberechtigten Duisburger blieb 2009 daheim. Auch im Vergleich mit anderen Ruhrgebiets-Großstädten schnitt Duisburg zuletzt immer mit am schlechtesten ab. Tiefpunkt auf lokaler Ebene war die OB-Stichwahl 2012, als nur 25,75 Prozent der Wahlberechtigten mitmachten.
Einen rekordverdächtigen Ansturm erlebt Duisburg hingegen bei den Briefwählern (wir berichteten). Die erwarteten 55.000 Stimmzettel – einsortiert in 45 Briefwahlbezirke – werden am Sonntagabend separat ausgezählt. Dafür steht ein 360-köpfiges Team zur Verfügung. „In einem normalen Urnenstimmbezirk gibt es im Schnitt 400 bis 800 Wahlberechtigte. In einem Briefwahlbezirk kommen 1000 bis 1500 Stimmzettel zusammen“, erklärt Burkhard Beyersdorff, der Leiter des städtischen Wahlamtes.
Die letzten Stimmauszählungen hätten laut Beyersdorff gezeigt, dass unter den Briefwählern in Duisburg überdurchschnittlich viele CDU-Anhänger sind: „Ihr Anteil ist deutlich höher, als es später beim amtlichen Endergebnis der Fall ist.“ Das vorläufige amtliche Endergebnis soll am Sonntag für Duisburg zwischen 21.30 und 22Uhr vorliegen.
Ärztliches Attest und unterschriebene Vollmacht
Zwar hat jeder Wähler zwei Stimmen (die erste für den Kandidaten, die zweite für die Partei), es ist jedem Wähler jedoch freigestellt, nur eine von beiden abzugeben. „Dadurch wird der Stimmzettel nicht ungültig“, so Beyersdorff.
Apropos: Protestwähler, die ihren Stimmzettel ungültig machen, nehmen nicht den gewünschten Einfluss aufs Ergebnis. Denn der prozentuale Anteil aller Parteien wird am Ende nur anhand aller gültigen (!) Stimmen errechnet.
Wer am Sonntag plötzlich erkrankt, der kann trotzdem wählen. Er muss aber bis spätestens 15 Uhr einen Vertrauten mit ärztlichem Attest und unterschriebener Vollmacht zur Briefwahlstelle in Neudorf (Tectrum, Bismarckstraße/Ecke Pappenstraße) geschickt haben, um die Unterlagen ausgehändigt zu bekommen.
Für das Wahlamts-Team ist am Sonntagabend die Arbeit keineswegs beendet. Denn dann beginnen schon erste Vorbereitungen für die Europa- und Kommunalwahl, die beide am 25. Mai 2014 steigen.
Telefonjoker in der Wahlkabine
Sie wissen in der Wahlkabine nicht, wo sie denn nun das Kreuz machen sollen? Dann kann man den „Telefon-Joker ziehen“ und jemanden anrufen – sagt Friedhelm Bierkant, der Bezirksvorsitzende der IG Bauen, Agrar, Umwelt in seinem Wahl-Knigge: „Ja, man darf in der Wahlkabine auch mit dem Handy telefonieren. Allerdings nur leise.“ Es dürfe allerdings nichts aus der Wahlkabine nach außen dringen.
Einen Dress-Code gebe es übrigens nicht: Maler und Dachdecker dürfen in der Berufskleidung ebenso ihr Kreuz machen wie die Gebäudereinigerin im Putzkittel. Nur Parteiabzeichen dürfen beim Wahlgang nicht getragen werden.
Man soll sich auch nicht unter Druck setzen lassen: „Es gibt kein Zeitlimit fürs Kreuzchenmachen. Man kann sich den Wahlzettel in Ruhe angucken.“ Und das Kreuz muss auch nicht mit dem Stift, der – meist angebunden – dort ausliegt, gemacht werden. Der Dachdecker darf also seinen Zimmermannsbleistift nehmen, der Büroangestellte seinen Lieblingskuli. „Die Farbe vom Stift ist dabei egal, Maler-Azubis können sich farbenfroh austoben.“
Nur Sprüche oder Liebeserklärungen sollte man tunlichst nicht auf dem Wahlzettel notieren, denn dadurch wird die Stimme sofort ungültig.
Wer versehentlich sein Kreuz an der falschen Stelle gemacht hat, kann ihn beim Wahlvorstand gegen einen neuen eintauschen. „Der alte Stimmzettel wird dann vernichtet.“