Duisburg. „Europa ist nicht transparent und nicht ausreichend demokratisch“, sagte der Präsident des EU-Parlaments, er am Donnerstag bei seinem Besuch in der NRW School of Governance der Universität Duisburg-Essen.
Die anonyme Macht, die hinter verschlossenen Türen entscheidet, sich auf nicht nachvollziehbaren Wegen bis in kleine Details des Lebens einmischt – gemeint waren nicht Kardinal Richelieu aus dem Buch „Die Drei Musketiere“ oder Mario Puzos „Der Pate“, sondern die Europäische Union. Der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, zeichnete den Staatenverbund nicht in den schönsten Farben, sondern so, wie die Bürgerinnen und Bürger ihn tatsächlich wahrnehmen. „Europa ist nicht transparent und nicht ausreichend demokratisch“, sagte er am Donnerstag bei seinem Besuch in der NRW School of Governance der Universität Duisburg-Essen.
„Alles, was du lokal machen kannst, musst du lokal machen“
Dass die Alternative zur EU eben keine EU sei, betonte Schulz auch. Nur sei diese Alternative kein Schritt nach vorne. Vielmehr müsse die Union ein Verständnis davon entwickeln, was sie machen solle und was nicht. „Alles, was du lokal machen kannst, musst du lokal machen“, sagte der Parlamentspräsident. Auch regional, oder national. Doch für Aufgaben, die schließlich die EU übernehmen solle, brauche sie auch eine Verfassungsstruktur, die das ermögliche. Die Europäische Union brauche eine Regierung.
Nationalstaaten auf Dauer
Einst habe er von den Vereinigten Staaten von Europa geträumt, erklärte Schulz in seinem Vortrag. Doch inzwischen habe er erkannt: „Es wird die Nationalstaaten auf Dauer geben, und es muss sie auch geben.“ Die Regierungen der Mitgliedsstaaten müssten aber aufhören, Misserfolge zu europäisieren und Erfolge zu privatisieren. Das würde in der Bevölkerung zu einer ablehnenden Haltung gegenüber der EU führen.
An den Stammtischen, so Schulz, würde man behaupten, dass 80 Prozent der Gesetze aus Brüssel kommen. Gleichzeitig sei man sich aber sicher, dass die EU ohnehin nichts zu sagen habe. Das passe zwar nicht zusammen, sei aber landläufige Meinung. Deshalb benötige man dringend ein Gewaltenteilungsmodell für die EU, in dem man transparent arbeite – ein Parlament, eine Regierung und eine Justiz.
Weiterhin für Werte streiten
Doch auch über die Grenzen der Union hinaus müsse man schauen. Rund 507 Millionen Europäerinnen und Europäer gebe es auf der Welt, was bedeute: 92 Prozent der Menschen auf dem Globus leben nicht in Europa. Man müsse sich im Klaren darüber sein, dass die Grundrechte, die die wertebasierte europäische Staatengemeinschaft sicherstelle, in anderen Ländern der Welt, mit denen die EU Beziehungen unterhält, nicht gelten. „Wir nehmen das alles als gottgegeben hin“, sagte Schulz. Doch in Europa wie auch in der Welt müsse man weiter für diese Werte streiten. Sie seien kein europäisches Monopol.