Noch immer sprechen die langjährigen und treuen Stammbesucher des Traumzeit-Festivals von „Etikettenschwindel“. Stand doch der Name „Traumzeit“ stets für Weltmusik und herausragenden Jazz mit Stars wie Chick Corea und Herbie Hancock. Zwischen all den Songwritern und Pop-Kids gab es am Samstagabend mit dem Auftritt der japanischen Pianistin Hiromi dann doch noch eines der wenigen Konzerte aus dem in diesem Jahr arg vernachlässigten Reich des Jazz, den die meisten der vielen jungen Besucher aber auch kaum zu vermissen schienen.
Mit dem grandiosen Bassisten Anthony Jackson, bekannt aus der Band von Steve Khan, und dem Schlagzeuger Steve Smith präsentierte die zierliche Japanerin knackigen Fusion-Jazz, der im Gegensatz zu dem musikalisch etwas schlichten Angebot der musikalischen Konkurrenz teuflisch groovt.
Mit unglaublichem Tempo, perfektem Timing und atemberaubender Klavier-Percussion sorgte die junge Japanerin mit der abenteuerlichen Frisur auf Anhieb für höchste Betriebstemperatur und musikalische Spannung. Mit den beiden Weltklasse-Jazzern Anthony Jackson und Steve Smith lieferte sich die von einer unerschöpflichen Energiequelle angetriebene Hiromi, die an ihrem Flügel eine sehr sportliche Körpersprache zelebriert, ausgefuchste Rhythmus- und Wechselspiele von großer Intensität.
Wobei die vitale Pianistin, die zwischendurch auch auf die quäkenden Fusion-Jazz-Sounds eines elektronischen Mini-Keyboards setzt, aber auch kompositorisch fein gesponnene Balladen mit viel Spielwitz beherrscht. Und mit Anthony Jackson an der Bassgitarre, der sich mit seiner eigenwilligen Stilistik wohltuend von der Funky-Slap-Gemeinde der anderen Bass-Gurus abhebt, und dem dynamischen Steve Smith an den Drums kann ohnehin nichts schiefgehen. Es gab dann in der Gebläsehalle begeisterten Beifall für ein großartiges Jazz-Konzert, von dem man noch lange sprechen wird. Der alte Geist von „Traumzeit“ lebt immer noch.