Duisburg. . Auf 244 Privat-Grundstücken in Duisburg-Wanheim besteht Gefahr durch zu viel Cadmium und Blei im Boden. Fraglich ist, wer die Millionen teure Sanierung zahlen wird. Die Stadt verschickt jetzt Warnungen an die Anwohner: “Lassen Sie Kinder nicht in Beeten und Gebüschen spielen“.
Vorsicht, Gift im Garten! 244 Grundstückseigentümer im Ortsteil Wanheim erhalten in diesen Tagen Post von der Stadt Duisburg. Es geht um ihre privaten Gärten rund um die Wohnhäuser zwischen Kaiserswerther Straße und Rheinufer: Lassen Sie Kinder nicht in Beeten oder Gebüschen spielen; vermeiden Sie den direkten Kontakt von Kleinkindern mit dem Erdboden, warnt die Stadt und ruft dazu auf, bei der Gartenarbeit Handschuhe zu tragen und sich nach dem Aufenthalt auf den Freiflächen gründlich die Hände zu waschen. Der Grund: Der Boden ist hoch belastet, die Grenzwerte für Cadmium, Blei und Arsen werden deutlich überschritten.
Aus rund 500 privaten Gärten in Wanheim hatte ein extern beauftragtes Umwelt-Institut bis Ende April jeweils bis zu drei Bodenproben entnommen, rund 30 Grundstücke werden noch untersucht. Erstes Ergebnis: Nur für 63 Hausgärten geben die Analytiker Entwarnung, bei 177 Grundstücken wird die Bodenbelastung als „mittel“ eingestuft, bei 181 ist sie so hoch, dass eine Gefährdung vorliegt, und in 63 Privatgärten ist sogar so viel Gift im Erdreich, dass der Boden bis zu einer Tiefe von 60 Zentimetern wohl komplett ausgetauscht werden muss.
Pflicht zu handeln
Damit bahnt sich der bisher größte Sanierungsfall durch die Industriebelastung auf privaten Wohngrundstücken an. Die Kosten werden im Millionen-Bereich liegen, wie Susanne Stölting aus dem Umweltdezernat der NRZ bestätigte. Wer das am Ende zahlen wird, ist noch unklar. Vom Verursacher, der ehemaligen Metallhütte, ist nichts mehr zu holen. „Wir versuchen das Problem möglichst ohne eine finanzielle Belastung für die Privateigentümer zu lösen und haben einen Förderantrag beim Land gestellt“, sagt Stölting. Die Stadt müsste einen Eigenanteil übernehmen. Ob das Land aber überhaupt Geld bereit stellt, klärt sich frühestens am Jahresende.
Erfahrungen mit Bodensanierungen
In Obermeiderich in der Siedlung „Am Welschenhof“ mussten 2011 die Böden von 16 Gärten ausgetauscht werden, die Kosten beliefen sich auf 2 Mio Euro, den Großteil zahlte der Altlastensanierungs- und Aufbereitungsverband, ein Fünftel die Stadt.
Mehr als 1 Mio Euro soll die Sanierung der drei Kleingartenanlagen „Feierabend“, „Ährenfeld“ und „Biegerhof“ im Süden kosten. Dort werden Hochbeete aufgestellt, weil ein kompletter Bodenaustausch bis 60 cm Tiefe zu teuer gewesen wäre.
Jedenfalls besteht wegen der Gefahr eine Pflicht zu handeln: Bei den 63 „sehr hoch“ belasteten Gärten muss der Boden ausgetauscht, überdeckt oder versiegelt werden. Was mit den 181 „hoch“ belasteten Grundstücken passiert, ist erst klar, wenn es einen Sanierungsplan gibt.
Die Briefe an die Betroffenen seien verschickt, für die nächste Woche plant die Stadt eine Pressekonferenz, am 4. Juli soll eine Infoveranstaltung in Wanheim folgen.
„Das kriegt man nicht weg“
Im Ortsteil sprechen sich die neuen Ergebnissen inzwischen herum. Überraschend kommen sie nicht, sagt Theo Küpper, Vorsitzender des Bürgervereins: „Wir haben eine hundertjährige Hüttengeschichte hinter uns. Früher haben die Leute nebenan gearbeitet, jetzt zeigt sich die Kehrseite. Blei und Cadmium, das kriegt man nicht weg.“ Allerdings fordert Küpper mehr Aufklärung, zudem solle die Stadt verstärkt mit dem Landesumweltamt und dem Ministerium zusammenarbeiten und Alternativen aufzeigen.
Denn ob die Wanheimer Eigenheimbesitzer und Mehrfamilienhaus-Mieter einfach nur froh sind, dass ihr belasteter Boden weg kommt, hält Küpper für fraglich: „Für viele wird der Bagger im Garten das unliebsamere Übel sein. Denn das bedeutet, dass alles weg ist: Bäume, Sträucher, Beete, Rosen.“ Und es sei nicht auszuschließen, dass am Ende doch die Eigentümer zur Kasse gebeten werden.
Das grundsätzliche Problem der durch jahrzehntelange Staubniederschläge belasteten Böden konzentriert sich längst nicht nur auf Wanheim: Nach Angaben der Stadt besteht für fast die Hälfte der 67 Quadratkilometer an besiedelter Fläche ein Gefahrenverdacht für Wohngebiete, Kinderspielflächen oder Nutzgärten.